Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 2: Antike Schlachtfelder in Griechenland 2): Die hellenistisch-römische Periode : von Kynoskephalae bis Pharsalos — Berlin, 1907

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7618#0018

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4

Der zweite Makedonische Krieg.

keit für Philipp gänzlich geschwunden war, eine Strategie zu be-
folgen, welche sich die Niederwerfung seiner Gegner zum Ziele
nahm. Das Zentrum der feindlichen Macht Italien und Rom lag ihm
unerreichbar fern, ferner als Friedrich dem Grofsen Wien oder Peters-
burg. Auch nur der erste Schritt zu einer ernstlichen Offensive
gegen Italien hätte ihm sein Königreich gekostet, das dann den
kleineren Gegnern wehrlos überlassen gewesen wäre1).

Es liegt hier also für Makedonien einer jener „konkreten Fälle"
vor, von denen Clausewitz (Vom Kriege I 2 Scherff, S. 21) so treffend
sagt, dafs bei ihnen der Gedanke, durch das Niederwerfen des Gegners
den Krieg beenden zu wollen, „ein unnützes Spiel der Vorstellungen
sein würde".

Welche Mittel standen also bei dieser Lage dem Könige zu
Gebote, um den Gegnern seinen Willen doch aufzuzwingen, d. h. um
die Herrschaft in Griechenland und die Integrität seines Reiches
aufrecht zu erhalten, und wenn das nicht durchführbar war, wenig-
stens, ohne gänzlich niedergeworfen zu sein, mit möglichst geringen
Verlusten zu einem ehrenvollen Frieden zu gelangen?

Am nächsten lag es, zu der strategischen Defensive, zu der
ihn die allgemeine Lage zwang, die taktische hinzuzufügen und so,
indem er den Gegner durch die Dauer des Kampfes ermüdete, den
Weg einzuschlagen, der die »grofse Zahl von Fällen unter sich be-
greift, wo der Schwache dem Mächtigen widerstehen will"2). Denn

1) Die von dem römischen Legaten Aurelius geäufserte Besorgnis einer
Landung Philipps in Italien (Liv. 31, 3, 6) und die denselben Gedanken weiter
ausführende Kode des Konsuls Sulpicius (ib. 7, 12) sind daher, wie Mommsen mit
Recht betont hat, nur Gründe fürs Volk gewesen, die Rede ist sogar mit Nissen
(Krit. Unters. S. 92) nur als rhetorisches Elaborat des Livius zu betrachten.

2) Clausewitz, Vom Kriege I 2 (Scherff S. 24). — Ich brauche hier und im
folgenden den Ausdruck „Ermüden" in dem Clausewitzschen Sinne, nicht in dem
Sinne Delbrücks, der bekanntlich mit seiner Ennüdungs oder Ermattungsstrategie
einen viel weitergehenden Begriff verbindet. Ich halte die Delbrücksche
Terminologie mit Koser (Hist. Ztschr. Bd. 93, S. 74) für irreführend, da sie uns
nötigt, einen so aggressiven Feldherrn wie Friedrich den Grofsen zu den Er-
müdungsstrategen zu werfen und selbst einen Theoretiker wie Clausewitz eben-
dahin zu stellen, insofern auch er, gerade so wie Friedrich der Grofse, in seinem
Kriegsplan gegen Frankreich vom Jahre 1830/31 den Angriff „mit beschränktem
Ziel" vertreten und sich mit der Eroberung Belgiens zu begnügen empfohlen
hat. (Cämmerer, Entwickelung der strateg. Wissenschaft im 19. Jahrh. S. 93 f.).
Anderseits würde wiederum, wenn man nur auf das Ziel sieht, Daun zu den
 
Annotationen