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Künstlerselbsthilfe
Die Künstlerselbsthilfe: Zeitschrift für Kunst und Literatur: periodical — 1.1927

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Nr. 2
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Aus meiner Pariser Studienzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.67650#0044

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JULIE WOLFTHORN


PORTRÄT
DR. HUGO MARKUS
(OEL)

AUS MEINER PARISER STUDIENZEIT

VON
JULIE WOLFTHORN

Immer ist Frühling in Paris“, schrieb ich nach
Haus im Januar und „oben auf dem Omnibus
durch die Stadt fahren ist wie Champagner“.
Nach der Arbeit schnell noch „sur ITmperiale”
des Omnibus, um vom Pont neuf den Sonnenunter-
gang zu sehen: der Trocadero ist ein violettrosa
Schemen, die Silhouette des Arc de triomphe aus
Schleiern gewebt, führt direkt in den Himmel. Der
Eiffelturm schleudert seine lichtgraue, schwan-
kende Filigrannadel hoch in die Wolken hinein.
Von dort oben siehst Du das metallene Band der
Seine, auf der die Schiffchen hin- und herflitzen,
mit ihren grauen Steinbrücken die Stadt durch-
schneiden.
Und wenn wir im Winter morgens 7 Uhr den
Omnibus nach Neuilly nahmen — „au soleil? nies

dames?“ fragt der Kondukteur lächelnd —, welche
Bilder!
Kennst Du die „Hyänen“ von Paris? Spuk-
gestalten von Goya glaubst Du zu sehen, wenn
diese Grotesken, Zerlumpten bei flatterndem
Feuerschein sich mit elenden herrenlosen Hunden
um die Knochen balgen aus dem Müll, das in
Eimern vor den Häusern über Nacht der Abfuhr
wartet. Zuvor aber zünden die „Hyänen“ ein
Papierfeuer an, um besser nach den Schätzen des
Kehricht suchen zu können, Ueberall flammen die
Feuer auf und verlöschen im Nu wie ein Spuk,
Und diese Fülle von herrlichen Früchten und Ge-
müse! Auf kleinenWagen mit je zwei immens hohen
Rädern ziehen sie gemächlich die engen Straßen
entlang. Man hat keine Eile, denn vorn gehl ein

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