HEINRICH HEUSER
BALI-STUDIEN
MODELLSORGEN AUF BALI
VON
HEINRICH HEUSER
1er Maler hat es oft nicht leicht mit den Mo-
dellen in fernen Gegenden. In Bali zumal
gehört sicher viel Geduld und Takt dazu, die
Menschen davon zu überzeugen, daß Modell-
stehen nicht weh tut, und daß die Seele keinen
Schaden nimmt, wenn ein lebloses Abbild der
lebendigen Persönlichkeit existiert.
Zunächst also versuchten wir es mit den Kin-
dern. Die junge Generation ist überall auf der
Welt weniger von Tradition und Vorurteilen be-
lastet, ist neugierig und waghalsig. So kam’s, daß
schon am zweiten Tage unseres Aufenthaltes im
paradiesischen Dorfe Klounkoung, wo wir die ein-
zigen Europäer waren, einige entzückende Knaben
von 8—12 Jahren zaghaft den Garten unseres
Passagrahaus betraten, um sich davon zu über-
zeugen, ob es wahr sei, daß, wenn man eine halbe
Stunde stillsteht, einem nicht nur nichts geschieht,
sondern daß dabei sogar ein halber Gulden zu ver-
dienen ist. Die Mutigen wurden belohnt. Etwas
ängstlich noch, aber doch beglückt, verließen un-
sere ersten Modelle den Garten, um den Kame-
raden ihr Erlebnis zu erzählen. Kein Wunder, daß
am Nachmittag desselben Tages schon 15 weitere
Kinder das kleine Rasthaus umlungerten.
Mit den Kindern also hatten wir es geschafft.
Aber unser Ehrgeiz ging weiter. Wir wollten vor
allem die Frauen als Modelle gewinnen. Daß dies
besonders schwierig sei, hatte man uns schon vor-
her erzählt, und der Augenschein gab den Schwarz-
sehern recht, denn wo wir nur versuchten, ein
kleines Skizzenbuch aus der Tasche zu holen, be-
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