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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Schaefer, K.: Das Moderne Kunstgewerbe im Dienste des Norddeutschen Lloyd
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0054

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Das moderne Auustgewerbe im Dienste des Norddeutschen Lloyd.

Klasse, nicht die Speisesäle, die
Aauch- und Damensalons, das
Lesezimmer usw.; dieser lsaupt-
teil der Schiffsausstattung unter-
scheidet sich nicht wesentlich von
oem, was wir von dem Schwester-
schiff „Kaiser Wilhelm II." ken-
nen, nur daß die Farbengebung
öer Räume hell und freundlich,
öie Stilvorbilder gelegentlich aus
einem anderen Gebiet genommen
sind; Reichtum ohne eigentliche
Eleganz, gediegenes Material
und kostbare Arbeit ohne den
Effekt vornehmer Ruhe sind hier
nach wie vor charakteristisch.

Neu sind die Luxuskabinen.

Nach Art der internationalen
Hotels hat auch der Lloyd in
seinen schwimmenden Riesen-
hotels neuerdings eine Anzahl
von Wohnungen von zwei bis
drei Zimmerchen mit dem zu-
gehörenden Baderaum eingerich-
tet, die in ihrer luxuriösen Be-
haglichkeit selbst dem verwöhn-
testen Reisenden die bequemen
Gewohnheiten des eigenen bfeims
ersetzen sollen. Diese zehn Woh-
uungsgruppen mit ihren etwa
30 Kabinen liegen an beiden
Zeiten des obersten und des Pro-
menadendecks, also in den ober-
sten beiden Etagen des sechs-
stöckigen bewohnten Schiffskör-
pers. Sie sind nicht einem ein-
zelnen Künstler zur Ausstattung übergeben worden,
sondern es war der originelle und im Erfolg sehr
tehrreiche Plan des perrn Direktor Wiegand, die Ar-
beit zu einem Wettbewerb zu bestimmen, bei dem drei
berühmte Meister der Jnnenkunst, mit vier bremischen
Architekten ungefähr die gleiche Aufgabe zu behan-
deln halten. Abbe Husen und Blendermann,
N>ellermann und Fröhlich, Runge 6c Scot-
tand und Eeg & Runge sind unsere bremischen
Aräfte, Bruno Paul, der Direktor der Berliner
Aunstgewerbeschule, Olbrich, der bekannte Führer
^er Darmstädter, und Richard Ri ein erschm i d
vus München sind die übrigen, die zur Mitarbeit
^Mgeladen waren.

Es ist schwer, nach einer zweistündigen Besich-
tigung ein abschließendes Urteil über das Ergebnis
Neser höchst lehrreichen dauernden Kunstgewerbeaus

62. Aus dem Dampfer „Kronprinzessin Lecilie": Salon der Raiserzimmer;
Entwurf von Richard Riemerschmid, München; Ausführung: Deutsche
werkstätten für Handwerkskunst, Dresden.

stellung zu geben, die in diesen Luxuskabinen ent-
standen ist. Man wird sich mit einem allgemeinen
Eindruck begnügen müssen. Glänzend ist der Eindruck,
den Olbrich (Abb. 65) als der Sieger des Mett-
kampfs davonträgt, weni: er mit all dem anerzogenen
weltmännischen Sinn für behaglichen Luxus reich und
vornehm zugleich m:d ohne alle Gesuchtheit seine
Wohnkabine in einen grauen Silber-Bronzeton kleidet,
indem er pulbesches Leder in einfacher gepunzter
Musterung für die Wände und den Bezug des Sophas
verwendet, und das nischenartige Ende des Raumes
mit warmem tiefbraunem polz verkleidet, auf dein
zarte Goldleisten an Spiegelrahmen und Möbelkanten
einen belebenden Gegensatz bilden. Seine Möbel-
erfindung hat gar nichts Gewaltsames; man merkt
den an raffinierte Bequemlichkeit gewöhnten eleganten
Wiener aus den: sicheren Takt, mit dein das Ganze

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