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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: C. R. Ashbee und die "Guild of Handicraft"
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0131

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<£. R. Ashbee und die „Guild of lsandioraft".

Und nun zu Ashbee selbst.

An ungezählten Haustüren
englischer Däuser, selbst bei
ganz neuzeitlichen, fungiert
noch heute der Türklopfer.

Wird er angeschlagen, dann
kann kein Zweifel darüber
sein, zu wem man will; es
wohnt ja —- die nicht sehr
zahlreichen Mietskasernen eini-
ger Großstädte ausgenom-
men, — bloß eine Familie
im Haus.

Zch hatte mir gar keine
Vorstellung darüber gemacht,
wie einer der bekanntesten
englischen Architekten und
Aunstgewerbemänner etwa
wohne. Aein Vestibül, kein
Entree, kein weihevolles Vor-
bereiten auf farbig noch raf-
finierter gehaltene Gemächer
— nichts von alledem! Zwei
Stufen von der Straße hinunter und ich stand auch
schon in der Wohnung, die den Ausdruck breitester
Behaglichkeit trägt, — nirgends aber mysteriöse
Mätzchen oder inhaltschwere Andeutungen der geistigen
Schwebesphären der Einwohner. Auch
war es keine nervös-interessante, von des
Gedankens Bläffe angekränkelte Dame
in maschinengesticktem, modernem Re-
formkostümsack, die mir jetzt mit freund-
lichem Lächeln die Hand bot, nach-
dem sie den schriftlichen Gruß Walter
Tranes, den ich übergab, durchflogen
hatte. Die Hand — sie war nicht weiß,
nicht von stark reliefierten blauen Ader-
chen durchzogen, nein, braun, sonnen-
verbrannt, es war eine Arbeits- —
keine Salonhand — gehörte zu einer
weiblichen Erscheinung, deren von Ge-
sundheit strahlende Schönheit einfach
etwas sieghaftes an sich trug. Einen
Moment später saß ich zwischen ihr
und einer ungarischen Gräfin, für die
Ashbee in Budapest ein gräfliches
Haus baut. — Auch da keine lange
Fragerei mit woher, wohin, sondern
nach wenigen höflichen Begrüßungsworten die Auf-
forderung: „Gehen wir nach den Werkstätten!" Die
liegen ganz am andern Ende von Tampden und
sind in einer früheren Bierbrauerei untergebracht.
Eine der Leitung Ashbees seit einigen Zähren vom

Grafschaftsrate unterstellte
Schule, ebenso die Räume zur
Abhaltung von kürzeren Aur
sen, die während der Winter-
monate Hunderte von jungen
Leuten nach Tampden führen,
weiter die Alubräume der
„Guild", befinden sich in an-
dern Gebäuden. Die ehe-
malige Brauerei enthält aus-
schließlich Werkstätten für Bild-
hauer, Netalltreiber, Schrei-
ner, Aunstschmiede, Gold- und
Silberarbeiter, Emailleure,
Ledertechniker usw. sowie die
ebenfalls hierher verbrachte
Effex-House-Preß, in der —
irre ich nicht — eben der
Satz zu einem Evangelien-
buch oder etwas Ähnlichem
großen Formats eingehoben
wurde. Eine mit der „Guild"
in nahen Beziehungen stehende
Anstalt für Glasmalerei liegt oben auf einem dicht
umbuschten Hügel. Zur Erzeugung der nötigen
Elektrizität ist die alte Mühle eingerichtet worden.
— Nun ging die Wanderung von Werkstatt zu Werk-
statt. Die Dame, die mich geleitete,
Ashbees Gattin, hatte für jeden, der da
hämmerte oder ziselierte, modellierte
oder hobelte, eine sachliche Frage und
erwies sich als durchaus eingeweiht in
alle technischen Verfahren. Nirgends
zwischen den Arbeitenden Geschwätz,
nirgends eine Parallelerscheinung zum
Maßkrug, der in den Münchener Werk-
stätten ja stellenweise verbannt worden
ist, um durch die Bierflasche ersetzt zu
werden. Beim gebildeten englischen Ar-
beiter spielt der Alkohol überhaupt nur
eine geringe oder gar keine Rolle mehr.
— Nnd überall, wo man da zum
Fenster hinausschaut, gibt's entzückende
Blicke in Gärten, von deren üppigen:
Blumenflor man sich gar keine Vor-
stellung macht?) Silhouetten mächtiger
Baumwipfel und hohe steile Dächer
mit mächtigen Schornsteinen begrenzen
das Bild. Da und dort schauen durch einen Einschnitt
ferne Hügel, duftig-blaue Terrainwellen herüber.

l~) Der Gartenbau, die Freude an blumigem Schmucke
im Freien wie im Zimmer spielt in England überhaupt eine
ganz hervorragende Rolle. Das Klima ist mild, der lVinter

;88. Elektrischer Mandarin aus Schmiedeisen
mit Email.

('/8 d. wirk!. Größe.)

;8Y. Elektrische Tischlampe
aus Schmiedeisen.

('/8 d. wirkl. Größe.)
 
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