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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Gmelin, Ludwig: Die Ausstellung "München 1908", [3]: (Schluß des Abschnittes Raumkunst, Metallarbeiten usw.)
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0394

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Die Ausstellung „München (908".

653. knsier; von S. winhart & (£o.; entworfen von
ffch. PH. G r o t h.

(,/12 d. wirkl. Größe.)

Liebhaberhänden hervorgehen, Dinge, die meist nicht
des Erwerbs wegen, sondern aus Liebe zur Sache
gemacht und auch in der Regel nicht verkauft, son-
dern an liebe freunde verschenkt werden — Stickereien
und Klöppeleien, Keramiken, Bucheinbände, Schmuck-
sachen, Netalltreibereien, kleine Drechslereien — die
bei einzelnen Fachgruppen bereits Besprechung ge-
funden, bzw. zu erwarten haben; dann: gemalte

Kästchen und Schachteln von j)aul Tauner, Thea
Wittmann, Alane La Roche, Zos. Kopf, •—-
denen auch die sehr rassig behandelten, von Georg
Vogt in der Gruppe Steinicken & Lohr und kleine
Schachteln von Fuchs & Kiesgen angereiht werden
müssen, — intarsierte Kassetten von Jos. Tzambal,
polierte lsolzdosen von Zenny Eales, charaktervolle
Elfenbeinschnitzereien von Alwin Schreiber u. s. w.;
nebenan, in besonderem Genrach sind die in Zeich-
nung und Färbung gleich prächtigen Wachswaren
von Alatth. Ebenböck und Zos. Gautsch unter-
gebrachtB) — Den Gipfel von alledem bilden die
entzückenden Figürchen von Ernst Geiger: eine
kaum handgroße Flötenspielerin aus Elfenbein, kfals-
kragen und Gewandsaum in Gold und rot aufs
zarteste ausgeschmückt, mit kleinen Amethysten als
k)aar und Brustschmuck — — und einige knieende
Figürchen aus rot und grün gewölktem Speckstein,
Kopf und kfände aus Elfenbein eingesetzt — eines
in Betrachtung einer j)erle versunken, ein anderes,
wie es ein weißes Taubenpärchen (Alabaster) füttert.
Das sind Kleinodien von unbeschreiblichem Liebreiz
in Gedanken und Durchführung.

So bunt die Gesellschaft ist, die sich in diesem
Saal (27) zusammengefunden hat, von den untersten
Liebhaberkünsten an bis hinauf zu bedeutenden Kunst-
leistungen, — so oft man auch Veranlassung haben
mag, über das eine die Nase zu rümpfen, das andere
zu belächeln, es zeugt doch alles von einem unwider-
stehlichen Drang, sich praktisch-künstlerisch zu be-
tätigen, und von dem Willen, nur „Anständiges",
keine plunderhafte Gbenhin-Arbeit zu schaffen, kein
Andenken-Kitsch, an den die Verkäuferin denkt, wenn
sie an die Kundin die Frage richtet: „Wünschen Sie
etwas Besseres, oder ist es nur für ein Geschenk?"
Es liegt eben doch mehr Reiz in einer selbständigen,
wenn auch unbeholfenen Redeweise als in einem
abgedroschenen j)hrasenschwall.

Diese Dilettantenarbeit hat innerhalb ihrer recht
weiten Grenzen einen viel größeren Wert, als sich
dem flüchtigen Blick erschließt, allerdings nicht wegen
des Kunstranges der Ergebnisse, als vielmehr wegen
ihrer erziehenden Wirkung — genau in gleicher
Weise, wie bisher das Zntereffe und das Verständnis
für die Alusik durch das i)eer der Alusikdilettanten ge-
fördert und wie dadurch dem ganzen Alusikbetrieb
am meisten Vorspann geleistet worden ist. Wird so
das häusliche Leben von der Kunst durchtränkt, dann
zeigt sich dasselbe Bild, das die Ausstellung überall *)

*) Abbildungen der Arbeiten von Weinzierl, Fuchs und
Aiesgcn, Lbenböck, Gautsch u. a. folgen.
 
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