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„eren geistigen Retz bewahrt, der auch denjenigen davor
sesthält, dem es keine bekannte Form zurückruft.

Von den eiugesandten Arbeiten der in Rom mit
königlich sächsischer Unterstützung studirenden Künstler
nenne ich, um nicht allzuweitläuftig zu werden, nur das
höchst gefällige Genregemälde von Lindau, den Saltarella-
tanz im Innern eines römischen Wirthshanses vorstellend,
welches mir als eine lebendig gewordene Schilderung aus
des zu früh dahin geschiedenen W. Müllers Werk über
Rom das leibhafte Bild einer Osteria darbot, indem es
zugleich den Gegensatz südlicher und nordischer Gestalt und
Sitte in den Doppelgruppen, hinstellt, zwischen denen sich
das tanzende Paar befindet.

Das schöne, südlich bleiche Angesicht der Hauptfigur,
der Ernst ihrer dunkeln Augen, leiht den lebhaften Be-
wegungen eine eigenthümliche Bedeutung, wie die heitern
Farben der kleidsamen Nationaltracht die natürliche Grazie
der geschmeidigen Gestalt erheben. Lauter Jubel seyert
ihren Triumph zur Linken, wo die aufspielenden Italiener
jede Wendung der Tanzenden mit feurigem Blick verfolgen
und aus runder Flasche den rothen Wein einschenkend,
ihr c viva zutrinken, indeß zur rechten Seite des Be-
schauers mehrere Künstler um den Tisch sitzen, über wel-
chen ein Aufwärter eben die hoch gefüllte Schüssel mit
Makaroni cmpvrhält, die das Meisterstück des im Hinter-
gründe beschäftigten Koches scheinen.

Im offenen Gange, weiter zurück, sizt ein Abatc vor
dem kleinen gedeckten Tisch, der Mahlzeit wartend, die
er in behaglicher Abgeschlossenheit einzunehmen sich berei-
tet. Vor dem Hause erblickt man durch dieselbe Thür-
öffnung ein Mädchen, eben mit Hülfe eines geschäftigen
Freundes vom Esel herabgleitend. Vorne aber, über der
musicirenden Gruppe, zeigt sich das einzige hoch ange-
brachte Fenster, durch dessen Gitter, statt des Glases, ein
grüner Strauch, die Fliegen abzuwehrcn, geflochten ist.
Dieser und das Mutter-Gottesbild an der Wand, wie
auch die Bruchstücke altrömischer Inschriften, zu den Stein-
platten des'Fußbodens verbraucht, leihen dem kleinen Ge-
mälde einen Lokalcharakter, dessen Reiz auf die verschieden-
artigsten Beschauer so anziehend wirkte, daß die Thüre,
neben welcher dasselbe, nicht ganz geschickt, angebracht wor-
den, vor dem Andrang der Menge nur schwierig zu errei-
chen war.

, Wollte man neben so viel Lvbenswerthem einem Ta-
del Raum lassen, so träfe dieser die Behandlung der nor-
dischen Künstler, die sich, wenn auch ruhiger gehalten,
doch in wechselnd ungezwungeneren Stellungen, mit den
feurigen Südländern kontrastirend, anordnen ließen.

Thorwaldsen mit seinem großen weißen Pudel spie-
lende wie er hier abgebildct, könnte allein schon das In-
teresse der gegenüberstehenden Gruppe aufwiegen, wäre
seine Stellung, ganz im Profil genommen, nicht Silhonet-

tenartig steif. DaS Ganze zeigt, hinsichtlich des Gedan-
kens sowohl als der Ausführung, ein Talent an, das zu
den erfreulichsten Erwartungen berechtigt.

Am besten glaube ich diese Anzeige mit der Schilde-
rung zwever Gemälde bedeutender Meister zu beschließen,
die so lebhaft das Publikum beschäftigten, daß es gar nicht
leicht war, seinen Platz vor denselben langer zu behaup-
ten. Die Composition des gleich Anfangs im lezten Zim-
mer ansgestellten Gemäldes: die im Hose der Wart-
burg Almosen anstheilende heilige Elisabeth darstellend,
vom Prof. Näcke, wurde schon von Italien aus gerühmt,
wo des Künstlers Zeichnung (oder Karton) verdiente Auf-
merksamkeit erregte. Mit ernstem Fleiß seit seiner Rück-
kehr in die Heimath diesem Gemälde die besten Stunden
widmend, konnte Hr. Prof. Näcke dasselbe doch nicht so
weit fördern, daß es im strengsten Sinne vollendet zu
nennen wäre, daher auch nur dasjenige, was der Zeich-
nung darin angehört, hier benrthcilt werden kann. Ar-
mut!) und Gebrechlichkeit erscheinen darin so edel als rüh-
rend, jeder Kops trägt ein individuelles Gepräge, und
selbst die gemeine Natur erregt durch wahres Gefühl un-
sere Theilnahme, wie dieß bey der weder schönen noch jun-
gen Frau der Fall, welche der mildthätigen Fürstin Auf-
merksamkeit für die vor den Thorstufen niedergesunkene
Greisin dringend in Anspruch nimmt, wie hinwiederum
der Blinde, noch im besten männlichen Alter, doch mit
von Sorge gebleichten Haaren und verwelkt in der Entbeh-
rung des Augenlichtes, doppelt rührend mit den stillen
Zügen zwischen den bewegten, vielfach begehrenden Gesich-
tern, auf den frommen Knaben gestnzt dasteht, der eben-
falls nur für ihn die klaren Augen brauchend, keine an-
dere Bedeutung seines Lebens kennt. Daß der, von der
Jagd zurückkehrende Landgraf, wohlwollend auf die selt-
samen, doch gewohnten Gäste in seiner Hofburg niederschaut,
stellt ihn, der Geschichte gemäß, als den liebevollen, seiner
frommen Gattin übergroße Milde gütig znlassenden Ehe-
herrn dar, den die so oft erzählte Legende mit den zu
Rosen verwandelten Brodcn eben so sehr vcrlänmdet, als
sie die reine Frau eine, selbst durch die Noth nie zu ent-
schuldigende Lüge sagen laßt. Am wenigsten ansprechend
muß man die Hauptgruppe nennen, worin die Heilige
selbst allzusehr an eine Kalenderfignr erinnert, die hinter
derselben stehenden Frauen aber gegen die sentimentale
Süßigkeit der Herrin allzu materiell gebildet abstechen.
Bey so "viel Verdienstlichem erinnert dieß Gemälde sowohl
in Hinsicht der Composition. als technischen Ausführung
allzusehr an die Zeichnung, und so bleibt es vielleicht der
lezten Hand des Künstlers überlassen, jenen fremdartigen
Eindruck großeutheils zu verwischen. —

Ganz Gemälde im vollen Sinne des Wortes, füllte
fast vierzehn Tage nach Eröffnung der Ausstellung die Ar-
beit des Professors Matthäi endlich den Raum, welcher.
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