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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 5.1870

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Ein neu entdecktes Bildwerk aus dem Mittelalter
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4918#0094

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hebliche Gebote gemacht worden. Hoffentlich wird das
Werk für ein deutsches Museum crworben, und durch
sorgfältige Entfernung des Farben-Ueberzuges dann auch
die ursprüngliche Schönheit der Schnitzereien wieder-
hergestellt. L. H.

Korrespondenz.

Boston, Anfang Dezember l86g. (Schluß.)

Die Gemäldeausstellungen während der vergangenen
Sommermonate waren ziemlich mager. Die hervor-
ragendsten Bilder waren verschiedene große Küstendar-
stellungen des pseudo-amerikanischen Künstlers M. I. H.
DeHaas, meistentheils Sonnenuntergänge über stürmisch
bewegtem Gewässer, eines davon ein Doppeleffekt von
Mondlicht und den letzten Sonnenstrahlen. Wenn man
auch nicht umhin kann, den Bildern dieses Künstlers ein
etwas übertriebenes Haschen nach Effekt vorzuwerfen, so
wird man doch von ihrer Großartigkeit gefesselt und von
ihrer Technik geblendet. Eines der Sonnenuntergangs-
bilder dcs Herrn De Haas ist kürzlich in der hiesigen
Kunstanstalt von L. Prang L 60. auf chromolitho-
graphischem Wege reproducirt worden.

Eine gewisse Sensation machte die Ausstellung einer
Reihe von 9 Bildern des italienisch-amerikanischen Ma-
lers Fagnani, „^.msrisun Lsuuh- psrsoniüeä us tks
nins Mmes" (Amerikanische Schönheit personificirt als
die neun Musen) und der Künstler giebt vor (so wenig-
stens besagt der splendid ausgestattete, in drei Farben ge-
druckte Ausstelluugskatalog), die Jdee dazu sei zuerst in
ihm aufgestiegen, als er einst die Bemerkung hörte, man
finde in Amerika kein Beispiel des rein klassischen Ge-
sichtsschnitts. (Vergl. die Korrespondenzaus New-Aorkin
Nr. 8 der Knnst-Chronik, S. 69.) Um die Ehre der ameri-
kanischen Schönheit zu retten, habe er nun unternommen,
ueun amerikanische Damen von anerkannter Schönheit
zu porträtiren, und dadurch den Beweis zu liefern, daß
Amerika hinter Griechenland in Betreff weiblicher Schön-
heit nicht zurück zu stehen brauche. Den Töchtern der
Mnemosyne ist ein schlechter Gefallen damit gethan, sie
uuter solcher Gestalt wicder belebeu zu wollen! Denn
uicht nur sind diese Bilder sehr mittelmäßig gemalt und
viele davon häßlich in der Kompofition, sondern sie re-
Präsentiren nicht einmal den wirklichen Typus amerikani-
scher Frauenschönheit. Schöne Frauen, und zwar vollendet
schöne Frauen, gehörcn hier fast zur Regcl, häßliche Ge-
lichter zur Ausnahme — darin sind wohl selbst alle hier
ansässigen Europäer mit sich einig — und doch ist unter
diesen ncun Bildern (ich bitte die bctresfenden Damen um
Verzeihung) kaum ein einziges, welches man wahrhaft schön
nennen könnte, während das andere Ende der Stufcnleiter
ziemlich nahe berührtwird. Unddennochwar dieAusstellung
ein Succeß, war das Lokal fast immer mit Besuchern gefüllt.
Der Grund dieses Erfolges lag nun aber wohl nicht

im Charakter der Werke als Kunstprodukte, sondern als
Objekte der Skaudalgeschichte. Die Bilder waren Por-
träts, mau munkelte von den Namen der verschiedenen
Damen, für die Eingeweihteren cirkulirte gar eine ge-
schriebene Liste dieser Namen — es waren lauter Töchter
und Frauen aus den reichsten und vornehmsten Familien
des Landes — nnd darin eben lag das Geheimniß, auf
dessen Zauber wohl auch der Maler seine Spekulationen
gebaut haben wird.

Sämmtliche bisher erwähnten Bilder waren in den
Räumen der Kunsthandlung von A- A. Childs L Oo.
ausgestellt. Ein Gleiches gilt von dem Bilde Bierstadt's:
„Jn der Sierra Nevada", welches in diesen Blättern
schou öfter erwähnt worden ist, da es sich auf der großen
Berliner Ausstellung befand und dort mit der kleinen
goldenen Medaille gekrönt wnrde. Es ist in den Besitz
des Herrn Alvin Adams hier übergegangen. — Augen-
blicklich bietet diese Kunsthandlung einen seltenen Genuß
und seltene Gelegenheit zum Studium in einer reich-
haltigen Ausstellung der Braun'schen Photographien
nach Handzeichnungen alter Meister, und nächste Woche
soll dort dem Publikum ein neues Bild des Malers
Moses Wight: „Eva an der Quelle", vorgeführt
werden. Jch hatte Gelegenheit, das Gemälde flüchtig im
Atelier des Künstlers zu betrachten. Es stellt Eva in
Lebensgröße dar, wie sie sich im Walde an einer Quelle
hingestreckt hat und nun ihr eigenes Antlitz betrachtet.
Das Bild ist vortrefflich gemalt und schon deswegen ein
Labsal, weil es unter vie ewigen Landschaften, Frucht-
stücke und sonstigen nichtssagenden Sujets doch einmal
eine Abwechselung bringt. Daß die Gestalt „Eva" heißt,
ist natürlich Nebensache. Die kindliche Nnschuld, welche
der Aeltermutter des Meuschengeschlechts vor dem Sün-
denfall, nach der biblischen Sage, zukommen würde, ver-
mißt man darin. Das Weib ist eine sich recht wohlbe-
wußte, aber dabei nichts weniger als lascive Schönheit.
Der Künstlcr möchte vielleicht auch drllben noch Manchem
im Andenken sein, da er im Jahre 1852 in Berlin war
und dort ein Porträt Humboldt's malte.

Die Williams L Everett'sche Handluug hat kürzlich
eine kleine Sendung französischer Gemälde erhalten, da-
runteristein G6rome, „derPicador"; ein Bouguerau
„das Fischermädchen"; ein Tissot, das ausgezeichnetste
Bild der Sammlung, zwei Damen in einem japanesischen
oder sonstigen Raritäten-Kabinet darstellend, in welchem
die feine Ausführung und die sckarfe Betonung aller
Details, ohne doch dem Gesammteindruck Abbruch zu
thun, an das Wunderbare streift, sowie Bilder von
Fichel, Perrault und anderen bekannten Modekünst-
lern. — Die De Vries'sche Knnsthandluug ist leider
seit einiger Zeit sehr in's Stocken gerathen, da Herr De
Bries durch Krankheit abgehalten ist, seinem Geschäft
selbst die nöthige Aufmerksamkeit zu schenken.
 
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