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Eindruck. Die alte Eingangsthür, die aus dem Dom in die
Sakristei führt, hätte als Fingerzeig dafür dienen können,
auf welche Weise das Hinderniß des über den Thürenher-
laufenden Gesimses zu überwinden und die Höhe der
Thüren ein in richtiges Verhältniß zu ihrer Breite zu brin-
gen war. Die gothischen Eisenbeschläge auf den schönen
Renaissance-Schränken sind in ihren Einzelformen viel zu
reich. Die Stellung der Schränke mitten in der Sakristei
erscheint sehr störend. Doch das wird nicht auf Nechnung
des Baumeisters zu schreiben sein; dieser hat nach dem
Vorstehenden und den früher gemachten Aussetzungen an
der Domsakristei sich schon so viele unverantwortliche
Fehler zu Schulden kommen lassen, daß er daran schon
hinreichend schwer zu tragen hat.
Korrespondenzen.
Miinchcil, im April.
/X Heute möchte ich Zhnen vor Allem von einer Ar-
beit Max Adamo's berichten, dernachvielen fast immer
geistreichen, oft bizzaren und bisweilen unsicher tastenden
Versuchen nun mit einer „Verhaftung Nobespierre's im
Convent" hervorgetreten ist, einem Werke das in jeder
Beziehung trefflich genanut werden muß. Sein Bild mag
etwa vier Fuß hoch und drei Fuß breit sein und umfaßt
einige hundert Persouen, von denen alle Hauptfiguren
vollen Anspruch auf Porträtähnlichkeit machen können.
Daß dabei das Kostüm und alles Dazugehörige, sowie
die ganze Physiognomie des Convents auf genauester hi-
stcrischer Wahrheit fußen, bedarf kaum der Erwähnung.
Adanio führt uns die Scene vor, in welcher, nachdcm der
Convent die Verhaftung Rcbespicrre's beschlossen, auf
Befehl deS Präsidenteu die Wachen eintreten, um Robes-
pierre und seine Freunde in's Gefängniß abzuführen. Den
Mittelpuukt der Kompositiou bildet natürlich der doctri-
näre Schwarmer selbst, dieser ideale Republikaner, der
seine Tugend im Blute seiner Feinde und Freunde wusch,
der an Fanatismus, Heuchelei und Herrschsucht seinem Vor-
bilde Cromwcll glich, aber an Klugheit und Kraft weit
unter ihm stand. Nur die Gunst des Pöbels hatte ihn
emporgetragen, es war keine festgeschlosscne Majse für
ihn und seine ganze Kraft lag in der Guillotinc. Er
ist vernichtet und zusammengebrochen auf einen Stuhl ge-
sunkeu. „Danton's Blut erstickt ihu." Der Tyrann im
lichtblauen Fracke mit der cwigen Roseuknospe im Knopf-
loch ist gerichtet, der Nimbus, der um ihn war, ist ver-
schwundcu, er ist uichts weiter mehr als der kleiue schwäch-
liche Advokat von Arras und cin Futter für die Guillotine.
Da ist dcnn doch seiu jugendlicher Schüler und Frcund
St. Just ein anderer Mensch! Stolz steht er aufgcrichtet
ueben dem Meister und schaut niit stoischer Ruhe dem un-
vermeidlichen Schicksale eutgegen. Man sieht es ihm an:
der Manu weiß für seine Jdee zu sterben, zu sterben auch
anf dem Schafsote. Außerdcm bcnierkeu wir in dcm lei-
! denschaftlichen, von allen Seiten eindringenden Gewühlc
! von Freunden und Feinden, in diesem wirbelnden Strudel
^ von Haß, Furcht, Freude und Triumph die allbekannten
Persöulichkeiten eines Cauthon Lebas, Billaud-Barennes,
Barnave, Legendre, Callot d'Herbois, Freron, Carnon,
Fouche, Barras, den jüngeren Robespierre und Tallien,
der mit kühner Hand den Brand in das Pulverfaß schleu-
derte, mit dessen Explosion der blutige und doch so glatte
Tyrann in die Luft slog. Der bei jeder Niederlage eines
Principes zu Tag tretende Heroismus, nicht minder der
überraschend schucllc Abfall ist trefflich durchgeführt: die
gauze sturmbewegte Masse, die tumultuarische Betheiligung
der Galerien, aus deueu das weibliche Auditorium, die be-
kannten „Strickerinnen" Robespierre's sichtbar sind, das
Alles athmet Lebeu uud Wahrheit und ist mit staunens-
! werther Feinheit der Farbe wiedergegeben. Das Bild blieb
leider nur ein paar Tage ausgestellt und ging nach Paris.
- Wer es sehen will, wird wohl ebenfalls dahin gehen
müssen.
Ein zweites sehr bedeutendes Werk, Kurzbauer's
! „Eingeholte Flüchtlinge," ging von hier auf die Aus-
stellung nach Wieu uud wird dort, in der Vaterstadt des
! jungen Künstlers, gewiß den gleichen Beifall wie bei uns
finden. Das Bild ist in Erfindung, Charakteristik und
Farbe so trefflich, daß man behaupten darf, in Kurzbauer
stecktdasZeugzueinembedeutendenGeuremaler. Bode's,
des Frankfurters, „Graf von Habsburg" nach der
Schiller'schen Ballade läßt bei aller Gewissenhaftigkeit
der Zeichnung uud Durchbildung doch außerordentlich
kalt. Es fehlt an innerem Leben, au innerer Wärme.
Das Bild erinuert an jugendliche Arbeiten Schwind's
uud zugleich an die kühle Weise Schuorr's. Der Berein
für historische Kunst macht mit solchen Arbciten wenig
j Furore.
Wie wohlthuend wirkt dagegen Franz Adam's „der
letzte Tropfen Wein", eine lebeusvolle Scene aus der
Mitte der österreichischeu Truppeu im italieuischen Kriege
vou 1849, die ebeu im Begriffe stehcu, einem irgeudwo
aufgestöberten Faß die letzte Flüssigkeit abzuzapfcn! Wie
maii die wackcren Bursche so brüderlich theileu sicht, möchte
mau nur wünschen, dcm Fasse mvchtc dic Wunderkraft dcs
Oelkrügleins innewohnen. Roegge scheint dcm frühcr
mit Vorliebe gepflegten Zweige der Gcschichtsmalerei Ade
gesagt zu haben und hat sich entschieden dem Gcnre zuge-
wendet. Aber mau fühlt imiiier uoch den Zug nach dci»
Zdealen wohlthuend durch, so auch iu dcm eiiifachcn Mäd-
chen, das eben in cinen neuen Schuh schlüpft. Wcuig
Glück hatte Grützncr mit seincni Bildc aus der 2. Sceuc
des 1. Aktes von Heiurich IV: Falstass hat mit Gadshill
und Genossen den Gutsbesitzer aus Kent und dcn Steuer-
revisor im Walde überfallen und niiu jagen ihncn Heiuz
uud Poins den Raub wiedcr ab. Grützner hat viel zu
I viel Werth auf die Mache gelegk. Die Kleider koiuincn
Eindruck. Die alte Eingangsthür, die aus dem Dom in die
Sakristei führt, hätte als Fingerzeig dafür dienen können,
auf welche Weise das Hinderniß des über den Thürenher-
laufenden Gesimses zu überwinden und die Höhe der
Thüren ein in richtiges Verhältniß zu ihrer Breite zu brin-
gen war. Die gothischen Eisenbeschläge auf den schönen
Renaissance-Schränken sind in ihren Einzelformen viel zu
reich. Die Stellung der Schränke mitten in der Sakristei
erscheint sehr störend. Doch das wird nicht auf Nechnung
des Baumeisters zu schreiben sein; dieser hat nach dem
Vorstehenden und den früher gemachten Aussetzungen an
der Domsakristei sich schon so viele unverantwortliche
Fehler zu Schulden kommen lassen, daß er daran schon
hinreichend schwer zu tragen hat.
Korrespondenzen.
Miinchcil, im April.
/X Heute möchte ich Zhnen vor Allem von einer Ar-
beit Max Adamo's berichten, dernachvielen fast immer
geistreichen, oft bizzaren und bisweilen unsicher tastenden
Versuchen nun mit einer „Verhaftung Nobespierre's im
Convent" hervorgetreten ist, einem Werke das in jeder
Beziehung trefflich genanut werden muß. Sein Bild mag
etwa vier Fuß hoch und drei Fuß breit sein und umfaßt
einige hundert Persouen, von denen alle Hauptfiguren
vollen Anspruch auf Porträtähnlichkeit machen können.
Daß dabei das Kostüm und alles Dazugehörige, sowie
die ganze Physiognomie des Convents auf genauester hi-
stcrischer Wahrheit fußen, bedarf kaum der Erwähnung.
Adanio führt uns die Scene vor, in welcher, nachdcm der
Convent die Verhaftung Rcbespicrre's beschlossen, auf
Befehl deS Präsidenteu die Wachen eintreten, um Robes-
pierre und seine Freunde in's Gefängniß abzuführen. Den
Mittelpuukt der Kompositiou bildet natürlich der doctri-
näre Schwarmer selbst, dieser ideale Republikaner, der
seine Tugend im Blute seiner Feinde und Freunde wusch,
der an Fanatismus, Heuchelei und Herrschsucht seinem Vor-
bilde Cromwcll glich, aber an Klugheit und Kraft weit
unter ihm stand. Nur die Gunst des Pöbels hatte ihn
emporgetragen, es war keine festgeschlosscne Majse für
ihn und seine ganze Kraft lag in der Guillotinc. Er
ist vernichtet und zusammengebrochen auf einen Stuhl ge-
sunkeu. „Danton's Blut erstickt ihu." Der Tyrann im
lichtblauen Fracke mit der cwigen Roseuknospe im Knopf-
loch ist gerichtet, der Nimbus, der um ihn war, ist ver-
schwundcu, er ist uichts weiter mehr als der kleiue schwäch-
liche Advokat von Arras und cin Futter für die Guillotine.
Da ist dcnn doch seiu jugendlicher Schüler und Frcund
St. Just ein anderer Mensch! Stolz steht er aufgcrichtet
ueben dem Meister und schaut niit stoischer Ruhe dem un-
vermeidlichen Schicksale eutgegen. Man sieht es ihm an:
der Manu weiß für seine Jdee zu sterben, zu sterben auch
anf dem Schafsote. Außerdcm bcnierkeu wir in dcm lei-
! denschaftlichen, von allen Seiten eindringenden Gewühlc
! von Freunden und Feinden, in diesem wirbelnden Strudel
^ von Haß, Furcht, Freude und Triumph die allbekannten
Persöulichkeiten eines Cauthon Lebas, Billaud-Barennes,
Barnave, Legendre, Callot d'Herbois, Freron, Carnon,
Fouche, Barras, den jüngeren Robespierre und Tallien,
der mit kühner Hand den Brand in das Pulverfaß schleu-
derte, mit dessen Explosion der blutige und doch so glatte
Tyrann in die Luft slog. Der bei jeder Niederlage eines
Principes zu Tag tretende Heroismus, nicht minder der
überraschend schucllc Abfall ist trefflich durchgeführt: die
gauze sturmbewegte Masse, die tumultuarische Betheiligung
der Galerien, aus deueu das weibliche Auditorium, die be-
kannten „Strickerinnen" Robespierre's sichtbar sind, das
Alles athmet Lebeu uud Wahrheit und ist mit staunens-
! werther Feinheit der Farbe wiedergegeben. Das Bild blieb
leider nur ein paar Tage ausgestellt und ging nach Paris.
- Wer es sehen will, wird wohl ebenfalls dahin gehen
müssen.
Ein zweites sehr bedeutendes Werk, Kurzbauer's
! „Eingeholte Flüchtlinge," ging von hier auf die Aus-
stellung nach Wieu uud wird dort, in der Vaterstadt des
! jungen Künstlers, gewiß den gleichen Beifall wie bei uns
finden. Das Bild ist in Erfindung, Charakteristik und
Farbe so trefflich, daß man behaupten darf, in Kurzbauer
stecktdasZeugzueinembedeutendenGeuremaler. Bode's,
des Frankfurters, „Graf von Habsburg" nach der
Schiller'schen Ballade läßt bei aller Gewissenhaftigkeit
der Zeichnung uud Durchbildung doch außerordentlich
kalt. Es fehlt an innerem Leben, au innerer Wärme.
Das Bild erinuert an jugendliche Arbeiten Schwind's
uud zugleich an die kühle Weise Schuorr's. Der Berein
für historische Kunst macht mit solchen Arbciten wenig
j Furore.
Wie wohlthuend wirkt dagegen Franz Adam's „der
letzte Tropfen Wein", eine lebeusvolle Scene aus der
Mitte der österreichischeu Truppeu im italieuischen Kriege
vou 1849, die ebeu im Begriffe stehcu, einem irgeudwo
aufgestöberten Faß die letzte Flüssigkeit abzuzapfcn! Wie
maii die wackcren Bursche so brüderlich theileu sicht, möchte
mau nur wünschen, dcm Fasse mvchtc dic Wunderkraft dcs
Oelkrügleins innewohnen. Roegge scheint dcm frühcr
mit Vorliebe gepflegten Zweige der Gcschichtsmalerei Ade
gesagt zu haben und hat sich entschieden dem Gcnre zuge-
wendet. Aber mau fühlt imiiier uoch den Zug nach dci»
Zdealen wohlthuend durch, so auch iu dcm eiiifachcn Mäd-
chen, das eben in cinen neuen Schuh schlüpft. Wcuig
Glück hatte Grützncr mit seincni Bildc aus der 2. Sceuc
des 1. Aktes von Heiurich IV: Falstass hat mit Gadshill
und Genossen den Gutsbesitzer aus Kent und dcn Steuer-
revisor im Walde überfallen und niiu jagen ihncn Heiuz
uud Poins den Raub wiedcr ab. Grützner hat viel zu
I viel Werth auf die Mache gelegk. Die Kleider koiuincn