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ginge. Auf uns weuigstens wirkte diese Hinrichtung des
h. Johannes des Täufers jenes Lyoner Künstlers, der
mit ganz eigenthümlich trockenen, staubigen, mit wahren
Aschermittwochsfarben malt und seinen Stoff nicht
anders als stammelnd oorträgt, geradezn nicht erbaulich.
Der tiefempfnndene asketische Kopf des hageren Heiligen,
der, die Hände stach vor stch hinstreckend, zwischen einem
übergewaltig ausholenden Hcnker und der harmlosen
blnmcngeschmiickten Salomc kniet, kann uns nnmöglich für
die Fchler der Perspektive nnd all das gesuchte Linkischthun
eiitschädigen.
Anch für die cigentliche Histori enmalerei läßt
sich das Gebiet nicht mehr strcng abstecken; theils allego-
rische, theils anekootcnhafte Bilder drängen sich cin. So
kommt es dcnn, daß von allen Franzoscn nur Einer,
Tony Nobcrt-Fleury, cinreingeschichtlichesBildans-
gestellt hat: „die Einnahme von Korinth". Dieses sehr
großc Gemälde wird wohl nach deutschem Rath, ans der
Noth cine Tugend zn machen, von den Pariscrn über-
mäßig gepriesen. Die Sorgfalt der Ausführung, die
Wahrheit der Färbung, das Strebcn nach Harmonie nnd
Kraft vcrdienen auch alle Anerkennung. Bedenkt man
jedoch, daß in der Einnahme von Korinth das ganze Un-
glück des griechischen Verfalls gipfelt, nein znsammenbricht,
so mnß man die völlige Abwesenheit des historischen Sinnes
und Gefühls bei dem Künstler bedanern, der sich mit
seinen reich und sckön gruppirtcn Frauen ungleich mehr
beschäftigt hat als mit der Tragweite des dargestellten
Momentcs. Von diesem Standpunkte ans kann man dem
Maler der ergreifenden „Greuelszcne aus der polnischen
Nevolntion (l861V nicht zu seinem Fcrtschritte Gliick
wünschen. Diescs Bild diirfteCourt gezcichnctsein, es könnte
nns nicht kühler berühren. Daß die „Vereinigten Staaten
von Nord-Amcrika" wie sie Stcwart bei Dvon bestellte,
cine kühle Allegorie werden nnd bleiben mußtcn, ließ sich
vorhersehen, bei Tony Robert-Flcnry hingegcn war
man zn der Hofsnung eincr lebensvollen Darstellung be-
rechtigt.
Was nnn dicse „Vereinigten Staaten von N. A."
anbelangt, so ist das riesige Bild cinc Zwittergeburt von
Allegorie und Geschichte; wäre es nicht bestellt, wir
würdcn es wahrhaftig nicht für lebensfähig halten. Wir
sehen eine Menge Menschen, die alle recht gut und ledern
aussehen, einen Wagen umdrängen, auf welchem sich zwei
wcibliche Gestaltcn: die Repnblik nnd die Klughcit in
kcitischer Lage befinden; wcnn sie dem Systcme des Fort-
schritts hnldigen, so geht ihr Weg über Leichen. Wir
wollen dahcr liebcr annehmen, die beiden Göttinen stünden
anf einer Art von Bühne, und sie getrost dort stehen
lasscn. — Cabanel's „Tod der Francesca da Rimini
und dcs Paolo Malatesta" läßt sich durchaus nicht aus der
Reihe dcr historischen Bilder weiscn. Dieses äußerst ge-
schmackvoll ausgeführlc Bild, dem wir nur etwas wcniger
Beiwerk wünschten, hätte uns gewiß viel besser gefallen
wenn wir Mad. Miolan nnd Mr. Michot nicht im vierten
Akte von Gounod's „Julictte" geschen nnd beklatscht
hätten. Die Kostüme Cabanel's sind, wie sich das von
selbst versteht, getreuer als die auf der Bühne, aber dic
Stellnng, oder v ielmehr Lage der bciden Personen diesclbc:
sic anf einem schmalen Nnhebette hingcstreckt, er an den
Boden hinabgeglitten, gebrochenen Auges zuder Sterbenden
hinaufschauend, dcren erhobcnc Nechte gespenstig, den
Geliebten suchend, in's Lecre tappt. Cabancl hat seine
Hauptpersonen so gedacht, daß man von ihnen sagen
kann, sie sind noch nicht todt und sie lcben nicht mehr.
Nur der widrige Mörder, der sich nach ruhig vollbrachter
That neugierig nach seinen Opfern nmsieht, war nicht in
der Oper zu sehen, uud soll wahrscheinlich das kaltc, nn-
erbittliche Verhängniß vorstellen. Knrz, das Bild ist, so
lobenswcrth cs auch ausgcführt scin mag, — denn Ca-
banel besitzt die Klarhcit der Mitteltönc und das gedämpfte
Licht der Benezianer, — kein Bcweis für das Kompo-
sitionstalent des tüchtigen Künstlers, desscn wir an anderer
Stelle noch gebührend gedenken werden.
Eug. Obermaycr.
Utstrologt.
Der Bildhauer Josef Anton EntrcS, dcr am
18. Mai in München starb, eutstammte einer schwä-
bischcn Familic, welche nach Polen übergesiedelt war, wo
sein Großvater nnter der Negierung des Königs Stanis-
lans PoniatowSki als Stnccadorer lcbte. Die politischen
llnriihen tricben den Vater 1795 nach Deutschland
znrück, woselbst er ein paar Monate vor der am 13. März
1804 erfolgtcn Gcburt seines Sohnes mit Tod abging.
Die Witwe hatte sich nach Fürth bei Nürnberg gcwendet,
wo eine Schwester ihres verstorbeiien Gatten an den Bild
haner Otto Nlrich verheirathet war nnd hinterlicß Josef
bald als Doppelwaiscn. Da nahmen sich Ulrich nnd seinc
Frau des armen Kindes liebevoll an. So schien scine
i Zukunft gesichert. Als abcr dann dcr Stnrni gegen de»
corsischen llnterdrücker losbrach, da gehörte anch Ulrich
- zn denen, welche die Vaterlandsliebe ans dem Süden in
^ die Neihen der Freiwilligcn tricb. Dic längere Abwesen-
heit des Familieiihanptcs brachte der znrückgcbliebcnen
Fran erst schwcre Sorgen und dann bittere Noth. Da
snckcke der neniijährige Pflegcsohn sie nach seincn kindlichen
Kräften zn unterstützcn, fing Schmetterlinge nnd verkanfte
sie nnd schnitzte Holzmodel für Lcbkuchner und Wachs-
zieher, um den Erlös der Pflegemutter zu bringcn.
Um jene Zeit erwachtc in dcm Knaben auch schon der
Wunsch, sich zum Künstler ansznbilden, und als sein Pflege-
vater aus dem Fclde heimkehrtc, wendete cr sich mit Ent-
schiedenheit diesem Wegc zu. Sein Talent war nickck nn-
bemerkt geblieben und die Brüder Elias nnd Jnlius Ochmc
ertheilten ihm unentgeltlichen Unterricht im Zeichncn nnd
Modelliren, worin er rasch solche Fortschritte machte, so daß
er cs wagen dnrftc, kaum fünfzehn Jahre alt, Basrcliefs
und Statuen aus Holz und Stein zu bilden, die beifälliae
Aufnahme fanden.
Jm Jahre 1822 vcrließ Entrcs Fürth, um als Zög-
ling der Münchencr Akademic seine Ausbildung zu suchcn.
ginge. Auf uns weuigstens wirkte diese Hinrichtung des
h. Johannes des Täufers jenes Lyoner Künstlers, der
mit ganz eigenthümlich trockenen, staubigen, mit wahren
Aschermittwochsfarben malt und seinen Stoff nicht
anders als stammelnd oorträgt, geradezn nicht erbaulich.
Der tiefempfnndene asketische Kopf des hageren Heiligen,
der, die Hände stach vor stch hinstreckend, zwischen einem
übergewaltig ausholenden Hcnker und der harmlosen
blnmcngeschmiickten Salomc kniet, kann uns nnmöglich für
die Fchler der Perspektive nnd all das gesuchte Linkischthun
eiitschädigen.
Anch für die cigentliche Histori enmalerei läßt
sich das Gebiet nicht mehr strcng abstecken; theils allego-
rische, theils anekootcnhafte Bilder drängen sich cin. So
kommt es dcnn, daß von allen Franzoscn nur Einer,
Tony Nobcrt-Fleury, cinreingeschichtlichesBildans-
gestellt hat: „die Einnahme von Korinth". Dieses sehr
großc Gemälde wird wohl nach deutschem Rath, ans der
Noth cine Tugend zn machen, von den Pariscrn über-
mäßig gepriesen. Die Sorgfalt der Ausführung, die
Wahrheit der Färbung, das Strebcn nach Harmonie nnd
Kraft vcrdienen auch alle Anerkennung. Bedenkt man
jedoch, daß in der Einnahme von Korinth das ganze Un-
glück des griechischen Verfalls gipfelt, nein znsammenbricht,
so mnß man die völlige Abwesenheit des historischen Sinnes
und Gefühls bei dem Künstler bedanern, der sich mit
seinen reich und sckön gruppirtcn Frauen ungleich mehr
beschäftigt hat als mit der Tragweite des dargestellten
Momentcs. Von diesem Standpunkte ans kann man dem
Maler der ergreifenden „Greuelszcne aus der polnischen
Nevolntion (l861V nicht zu seinem Fcrtschritte Gliick
wünschen. Diescs Bild diirfteCourt gezcichnctsein, es könnte
nns nicht kühler berühren. Daß die „Vereinigten Staaten
von Nord-Amcrika" wie sie Stcwart bei Dvon bestellte,
cine kühle Allegorie werden nnd bleiben mußtcn, ließ sich
vorhersehen, bei Tony Robert-Flcnry hingegcn war
man zn der Hofsnung eincr lebensvollen Darstellung be-
rechtigt.
Was nnn dicse „Vereinigten Staaten von N. A."
anbelangt, so ist das riesige Bild cinc Zwittergeburt von
Allegorie und Geschichte; wäre es nicht bestellt, wir
würdcn es wahrhaftig nicht für lebensfähig halten. Wir
sehen eine Menge Menschen, die alle recht gut und ledern
aussehen, einen Wagen umdrängen, auf welchem sich zwei
wcibliche Gestaltcn: die Repnblik nnd die Klughcit in
kcitischer Lage befinden; wcnn sie dem Systcme des Fort-
schritts hnldigen, so geht ihr Weg über Leichen. Wir
wollen dahcr liebcr annehmen, die beiden Göttinen stünden
anf einer Art von Bühne, und sie getrost dort stehen
lasscn. — Cabanel's „Tod der Francesca da Rimini
und dcs Paolo Malatesta" läßt sich durchaus nicht aus der
Reihe dcr historischen Bilder weiscn. Dieses äußerst ge-
schmackvoll ausgeführlc Bild, dem wir nur etwas wcniger
Beiwerk wünschten, hätte uns gewiß viel besser gefallen
wenn wir Mad. Miolan nnd Mr. Michot nicht im vierten
Akte von Gounod's „Julictte" geschen nnd beklatscht
hätten. Die Kostüme Cabanel's sind, wie sich das von
selbst versteht, getreuer als die auf der Bühne, aber dic
Stellnng, oder v ielmehr Lage der bciden Personen diesclbc:
sic anf einem schmalen Nnhebette hingcstreckt, er an den
Boden hinabgeglitten, gebrochenen Auges zuder Sterbenden
hinaufschauend, dcren erhobcnc Nechte gespenstig, den
Geliebten suchend, in's Lecre tappt. Cabancl hat seine
Hauptpersonen so gedacht, daß man von ihnen sagen
kann, sie sind noch nicht todt und sie lcben nicht mehr.
Nur der widrige Mörder, der sich nach ruhig vollbrachter
That neugierig nach seinen Opfern nmsieht, war nicht in
der Oper zu sehen, uud soll wahrscheinlich das kaltc, nn-
erbittliche Verhängniß vorstellen. Knrz, das Bild ist, so
lobenswcrth cs auch ausgcführt scin mag, — denn Ca-
banel besitzt die Klarhcit der Mitteltönc und das gedämpfte
Licht der Benezianer, — kein Bcweis für das Kompo-
sitionstalent des tüchtigen Künstlers, desscn wir an anderer
Stelle noch gebührend gedenken werden.
Eug. Obermaycr.
Utstrologt.
Der Bildhauer Josef Anton EntrcS, dcr am
18. Mai in München starb, eutstammte einer schwä-
bischcn Familic, welche nach Polen übergesiedelt war, wo
sein Großvater nnter der Negierung des Königs Stanis-
lans PoniatowSki als Stnccadorer lcbte. Die politischen
llnriihen tricben den Vater 1795 nach Deutschland
znrück, woselbst er ein paar Monate vor der am 13. März
1804 erfolgtcn Gcburt seines Sohnes mit Tod abging.
Die Witwe hatte sich nach Fürth bei Nürnberg gcwendet,
wo eine Schwester ihres verstorbeiien Gatten an den Bild
haner Otto Nlrich verheirathet war nnd hinterlicß Josef
bald als Doppelwaiscn. Da nahmen sich Ulrich nnd seinc
Frau des armen Kindes liebevoll an. So schien scine
i Zukunft gesichert. Als abcr dann dcr Stnrni gegen de»
corsischen llnterdrücker losbrach, da gehörte anch Ulrich
- zn denen, welche die Vaterlandsliebe ans dem Süden in
^ die Neihen der Freiwilligcn tricb. Dic längere Abwesen-
heit des Familieiihanptcs brachte der znrückgcbliebcnen
Fran erst schwcre Sorgen und dann bittere Noth. Da
snckcke der neniijährige Pflegcsohn sie nach seincn kindlichen
Kräften zn unterstützcn, fing Schmetterlinge nnd verkanfte
sie nnd schnitzte Holzmodel für Lcbkuchner und Wachs-
zieher, um den Erlös der Pflegemutter zu bringcn.
Um jene Zeit erwachtc in dcm Knaben auch schon der
Wunsch, sich zum Künstler ansznbilden, und als sein Pflege-
vater aus dem Fclde heimkehrtc, wendete cr sich mit Ent-
schiedenheit diesem Wegc zu. Sein Talent war nickck nn-
bemerkt geblieben und die Brüder Elias nnd Jnlius Ochmc
ertheilten ihm unentgeltlichen Unterricht im Zeichncn nnd
Modelliren, worin er rasch solche Fortschritte machte, so daß
er cs wagen dnrftc, kaum fünfzehn Jahre alt, Basrcliefs
und Statuen aus Holz und Stein zu bilden, die beifälliae
Aufnahme fanden.
Jm Jahre 1822 vcrließ Entrcs Fürth, um als Zög-
ling der Münchencr Akademic seine Ausbildung zu suchcn.