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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 5.1870

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160

Doch scheint er sich anfänglich daselbst nicht ganz heimisch
gefühlt zu haben, denn er siedelte nach Wien über und
trat an der dortigen Akademie ein, kehrte aber balv wieder
nach München zurück, wo er an Professor Conrad Eber-
hard einen väterlichen Freund fand, der den Schüler in
seiner schon durch die Pflegeeltern tief im Gemüth begrün-
deten frommen Anschauungsweise bestätigte und die Rich-
tnng auf deutsche christliche Kunst in ihm bestärkte. Auf
Empfehlung der Akademie ward er vom Stadtmagi-
strate Fürth unterstützt, aber so kärglich, daß er Kapitäle
für die Säulen des Hoftheaters nnd der Glyptothek mcißeln
mußte, um das Nöthigste zu erwerben. Gleichwohl unter-
stützte er seine noch immer in ungünstigen Verhältnissen
lebenden Pflegeeltern.

Er war ungefähr zwciundzwanzig Jahre alt, als er
mit seiner ersten Komposition „Herkules und Ornphale"
auftrat. Sie fand den Beifall des damaligen Akademie-
Direktors Cornelius in so hohem Grade, daß sie auf
Kosten der Anstalt in Ghps gegossen und deren Sanim-
lungen einverleibt werden sollte. Entres aber zerschlug
sie und erklärte Cornelius, die bisherige Nichtung als eine
verderbliche verlassen und nur mehr der christlichen Kunst
leben zu wollen. Von da an aber schlcß er sich noch enger
an Konrad Eberhard an, in dessen Werkstätte er arbeitete.

Sein erstes selbständiges Werk war ein Abendmahl
für den Hauptaltar der Frauenkirche in München, das in
Erzguß ausgeführt wurde. Daran reihte sich eine Kolossal-
statue des betenden Christus für den Calvarienberg in
Tölz in Sandstein. Von einer damals projektirten Nom-
fahrt rieth ihm Conrad Eberhard lebhaft ab, der fürchtete,
Entres möchte in Folge derselben seiner Richtung nntreu
werden. Nun mehrten sich die Anfträge in rascher Folge,
namentlich gingen aus seinem Atelier viele Grabmonu-
mente hervor. So die Denkmäler für die Freifrau von
Bernhard in Erolzheim, für das Münchener Domcapitel,
für Moehler, Nuedorffer, Aentner auf dem Münchener
Kirchhof nnd das Denkmal fnr den Bischof Riccabona in
Pasiau.

Ein 1841 durch Umstnrz eines Denkmals herbeige-
führtcr dreifacher Beinbruch, der ihn für immer gebrcch-
lich machte, konnte seine angestrengte Thätigkeit nur unter-
brechen. Bald nach seiner Wiederherstellnng besorgte er
die ganze innere Einrichtung des dem Grafen Arco-
Zinneberg gehörigen Schlosses Anif bei Salzburg und
zweiKolosialstatnen Rudolf's von Habsbnrg und Friedrich
des Rothbartes ebendahin. Jm Jahre 1847 schuf er eine
kolosiale Madonna für das Wertachbruckerthor in Augs-
bnrg nnd einigc Zeit später die schöne hölzerneKanzel für
die Auerkircke in München, wic er sich denn namentlich
um die Holzplastik außerordentliche Verdienste erworben
hat. Dahin gehören insbcsondere seine Arbeiten sür
Kirche und Kloster in Gemona, ein Altar für die Kapellc
in Andechs und die Restauration der gothischcn Pfarr-
kirche in Aichach.

Schon in dem Knabeu hatte sich eine ungewöhnlicke
Sammellust geregt, der Mann ward nicht blos ausübender
Kllnstler, sondern auch ein erfahrener Kunstkenner nnd
Knnstforscker, namentlich im Gebiete der deutschen Knnst
des Mittelalters. So gelang es ihm, manchen Schatz, den
der Unverstand mißachtete, zu retten. Scine Sammlnng
erreichte schließlich einen Umfang von nahezu 4000 Nnm-
mern, theils plastiscke Werke, theils Gemälde und Stichc.
Als er sich arbeitsunfähig fühlte, versteigcrte er sie im

Jahre 1868 und zog sich in eine kleine, aber geschmackvoll
angelegte Villa bei Seeon zurück.

Seit dem Monate Jnni 1869 war sein Leben nur
mehr ein von Tag zu Tag gefristetes; doch ertrug er sein
schmerzhaftes Leiden mit bewunderungswerther Geduld,
bis ihn der Tod am 18. Mai 1870 erlöste. Seinem
Wunsche gemäß ward er auf dem Kirchhofe in Untcrsend-
ling bei München znr Erde bestattet.

Was Entres besaß, hatte er sich durch eigene Kraft
und Tüchtigkeit errnngen. An Schulkenntnisien arm,
erwarb er sich durch eifriges Studium eine sehr achtcns-
werthe allgemeine Bildung. Obwohl ganz besonders der
kirchlichen Kunst zugethan. hielt er sich doch den Blick frci
für das Edle, Große und Schöne aller Zeiten und Bölker.
Jn der Politik gchörte cr der entschieden konservativcn
Partei an und vertrat ihre Anschanungen mit großer
Wärme. Jm geselligen Umgange erwies er sich als mnn-
ter, gesprächig und als gern gehörter Erzähler. Galt es
eine archäologische Frage odcr die Erhaltnng eines be-
drohten alten Kunstdenkmals, da trat er anch wohl in der
Presse anf. Selber ein treuer, vcrlässiger Freund, fehlte
es ihm nie an treuen und ergebenen Freunden.

6. Theodor Mintrop, einer dcr begabtesteu
Meister der Düsseldorfer Schule, ist, 56 Jahre alt, am
30. Juni nach langen nnd schweren Leiden gestorben.
Ju Backhofeu bei Werden an der Ruhr geboren, war er
dort bis zu scinem dreißigsten Jahre Bauer, nachdem er
in Münster und Wesel drei Jahre bei der Artillerie ge-
dient hatte. Ein Zufall vermitteltc seine Bekanntschaft
niit dem auf einer Stndienreise befindlicheu rühmlichst
bekannten Genremaler Eduard Gesellschap, welcher Min-
trop's ungewöhnliches Talent aus verschiedenen, ihm
vorgelegten Zeichnnngen crkannte und für den alles
Schöne mit Begeisternng aufnehmenden jungen Landmann
ein so reges Jnteresse gewann, daß er ihn bestimmte, mit
nach Düsseldorf zu gehen nnd sich ganz der Malerei zu
widmen. Mintrop sah hieriu seinen höchsten Wunsch
erfüllt, und mit eisernem Fleiße wußte er in den
nntern Klasicn der Akademie die erfordcrlichen Fähigke'iteu
zn gewinnen, so daß seine genialen Kompositionen, welche
bei Schadow uud allen Düsseldorfer Künstlern das größte
Aufsehen errcgten, auch in der Richtigkeit dcr Zeichnung
nach einiger Zeit den Anfordernngcn genügten, wenn-
gleich die uncrschöpfliche Phantasie und poetische Anffas-
sungsweise der mannigfachsten Gegcnstände doch stcts dcr
Hauptvorzug seiner Werke blieben nnd übcr kleine Unge-
nanigkeiten der Formeu und Verhältnisse leicht hinweg-
sehcn ließen. Gesellschap nahm sich des jungen Kunst-
genossen mit stets gleicher Wärme an und ist ihm bis
zum Tode ein unzertrennlicher, aufopfernder Freuud ge-
blieben. Selbst die Verheirathung Gesellschap's änderte
in dem innigen Verhältuiß nichts, nnd selteu sah man
einen der Freundc ohne den audern. Mintrop's erstes
Oelgemälde „die Biadonna mit Jesus uud Johannes"
(in der städtischen Galeric zu Düsieldorf) machte durch
Zeichnnng und Farbe einc höchst vortheilhafte Wirkung
und ließ von seiner koloristischen Befähigung mehr hossen,
als er in spätern Gemäldcn geleistct hat. Ein Engel-
ständchen, ein großes Altarblatt für die Kirche in Werden
und viele andere Bilder reihten sich an; vornehmlich aber
waren es seine gezeichneten Kompositioncn, wclche ihn
schnell in den weitesten Krciscn ehrenvoll bekannt machten,
 
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