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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 5.1870

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Das Museum Minntoli
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4918#0120

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— 117 —

Staatsbehörde die Schwierigkeit einer richtigen Geldab-
schätzung der zu erwerbenden Gegenstände. Die durch
Domicil-Veränderung des Besitzers hervorgerufene Noth-
wendigkeit, die Sammlungen zu veräußern, sowie andrer-
seits die Besorgniß der Regierung, die werthvollen
Lehrmittel dem Vaterlande entzogen zu sehen, führten
endlich im Frühjahr 1869 zu einer Entscheidung, leider
in einer Zeit, in welcher überdas Finanz-Deficit verhan-
delt wurde. Letzteres machte es der Regierung unmöglich,
den inzwischen auch in ihr erwachten Wunsch nach unge-
theilter Erwerbung des Ganzen zurAusführung zu bringen.

Diese Entscheidung sicherte zwar dem Vaterlande an-
sehnliche und sehr werthvolle Theile rer Sammlnngen,
hatte abcr den großen Nachtheil, daß das ganze so müh-
sam aufgebaute System derselben zerrissen wurde. Jndem
die Behörde bei ihrer Wahl sich vorzugsweise wieder für
die technologischen Theile der Sammlungen cntschied,
vermochte sie leider auch nicht einmal diese ungetrennt zu er-
werben, mußte vielmehr werthvolle Stücke zurücklassen,
welche mit den Abtheilungcn sür Knnst, für Gcschichtc nnd
für Antiguitäten dem Bcsitzer vcrblieben.

Dic in das Eigcnthum der Regierung übergegangenen
Theile bestehen aus den Abtheilungen von Erzeugnissen
der Keramik, von Glas-Arbeiten, von Metallsachen und
von Webe- und Wirkstofsen nebst einer kleineren Anzahl
verschiedener andcrer Gegenstände. Sic umfassen wesenl-
lichc Theile der Abtheilungen I, III, IV und V. Jm
Festhalten an der früheren Bcgrenznng, nach welcher in
erster Linie das Jnteresse für Technclogie berücksichtigt
werden sollte, wurde von denjenigcn Objeklen, welche von
überwiegender Bedeutung fiir die Kunst, ferner von
historischem und antiquarischem Jntereffe sind, meisten-
theils Abstand genommen. Daher mußten auch ganze
Sektionen zurückgestellt werden, welche im Berliner
Kunstmuscum bereits eine hcrvorragende Vertretung ge-
funden hatten, wie u. a. die Abtheilung für die Keramik
von dcr ältcsten Zcit bis zum frühen Mittelalter.

Gänzlich vom Kaufc ausgeschloffen wurden hieruach
bie Erzeugnissc dcr Jndustric in Stcin, ferncr die Arbeiten
der Kunst- und Paßigdrehcr, dcr Skulpturen in Elfen-
bein, Horn, Muscheln, die Arbcitcn in Leder und in an-
dcren animalischen Stosfen, sowie die Erzeugniffe der
Kunsttischlevei, der Holz-Ornamentik, der Formschneiderei,
der Marguetterie und Ebenisterei, des Stempelschnilts
und dcr Phelloplastik in den Abthcilungen II, V und VI.
Demnächst verblieben noch die Abtheilungcn VII sür
Werke der Oel- und Miniaturmalerei und Werke der
Skulptur in Stein, Mctall, Holz, Elfcnbein, Wachs und
Sgrafsito. Endlich dic Abthcilnng IX, Bibliothek nüt
d°n umfaiigreichen Materialicn für die der Vollendung
phvtographische Publikation aller dieser Samm-
lungen.

Durch das Ausscheiden der vorwicgend artistischen,

historischen und antiquarischen Sektiouen und Gegen-
stände vom Kaufe verblieb außer jenen ganz zurückgestellten
Theilen auch noch cine großeAnzahl der kostbarsten Stücke
aus fast allen von der Regierung gewählten Abtheilungen.
So z. B. die kleine, aber werthvolle Sammlung griechi-
scher Basen und antiker Gefäße, nebst kostbaren Terrakotten
auS der Renaissance-Zeit, ferner schöne Werke antiker
Steinschneidekunst und berühmtc antike plastische Werke iu
Glas, sowie besonders knnstvoll gemalteGlasfenster. Hierzu
konimen die Gobelins, die reiche Sammlung größerer nnd
kleinererKunstmöbeheinekleineReihekostbarerorientalischer
Wafsen und ausgezeichneter Werke der Goldschmiedekunst.
Unter den Wcrken ans dcr Kunstabtheilung verblieben die
Sammlung werthvoller Oelgemälde ansfast allen Schulen,
welche u. a. kostbaren Werken auch die Perlen der Ge-
mälde-Sammlungen des orientaliscken Reisenden Gene-
rals von Miuutoli und des Miuister-Präsidenten von
Minutoli, Vaters uud Bruders des Bcsitzers enthalten,
nnd eine kleine sehr gewählte Sainmluiig von Miniaturen.

! Daneben Skulpturwerke iu Marnior uud Bronze und
eine kleine schöne Kollektion von Wachsboffiruugeii, Por-
traits aus der Renaiffancezeit. Endlich die interessantc
Sammlung vatcrländischer Kunstwerke und Alterthümer,
welche zum Theil sehr werthvolle Gegenstände der verschie-
densten Art vereinigt.

Herr von Minutoli ist eben mit der Wiederaufstellung
der Reste dcr Sammlungen beschäftigt, mn dieselben dem
Publikum vom 25. bis 31. d. M. in k. Schlosse zu Lieg-
nitz wieder zngänglich zu machen. Leider wird hierdurch
dic Erhaltung dieser Reste für das Baterland ebenso wenig
gesichert, wie der Bestand des Jnstituts, dessen Auflösung
in Folge der Domicil-Beränderung des Besitzers bereits
begonnen hat.

Korrespondenz.

Karlsruhc, im April.

LD. Jn dem Lckale des hiesigen Kunstvereins ist cin
erst kürzlich vollcndetes großes Gemälde vou Ansclm
Feuerbach ausgestellt, das unseres Wissens dahier
zuerst zur öfsentlichcn Ansicht gclangt. „Mcdca geht in
die Berbaniinng" lautet die Bezeichnung. Feuerbach
folgte in dcr Auffassung seines Stoffes, wic wir anneh-
men zu müssen glauben, der Euripideischen Tragödie, aus
welcher er den Moment herausgegriffen zu haben scheint,
da das von ihrem Gatten durch seine beabsichtigte zweitc
Bermäblung schwer beleidigte nnd von ihm verbannte
Weib von seinen Kindern Abschied nimnit. Nach schwe-
rcm inueren Kampfe hat Medea den Entschlnß gefaßt,
ihre beidenKnaben zu tödten, um so das Maaß der Rache
an deren Bater, ihrem ungetreuen Gatten, vollstäudig zu
erfüllen. Fest entschlossen zu der blutigen Rache, jedoch
vorübergehend einer mildern Regung folgend, umarmt
sie nochmals ihre Kinder:
 
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