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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 5.1870

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Die Jahresausstellung der Wiener Künstlergenossenschaft, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4918#0109

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106

wesentlichsten Lücken gedacht, welche wohl mancher Be-
sucher mit uns schmerzlich empfnnden haben wird:
M. v. Schwind's „Schöne Melusine" fehlt anf der Aus-
stellung. Soviel wir hören, ist kein Mittel verabsäumt
worden, um das vielbewunderte Werk bei dieser Gelegen-
heit dem Publikum der Vaterstadt des Meisters vorzu-
führen: leider umsonst! Die Gründe,welche die ablehnende
Antwort Schwind's herbeigeführt haben, sind uns un-
bekannt.

Hier nun zunächst einige statistische Daten: die Ge-
sammtzahl der Werke, welche die erste Auflage des Kata-
logs*) enthält, beläuft sich auf770. Davon gehört etwa
die Hälfte der Wiener Schule an. Die übrigen vertheilen
sich folgendermaßen: Paris 88, Düffeldorf 86, München
65 (die Plastik ungerechnet), Berliu 38, Karlsrnhe 25,
Stuttgart 20, Dresden 15, Weimar 10, Venedig 8,
die belgische Schule 4 Werke. So stand das Verhältniß
wenigstens bei Beginn der Ausstellung. Jnzwischen
mögen vielleicht noch einige Veränderungen an diesen
Ziffern vorgegangen sein; im Wesentlichen geben dieselben
aber die Grade der Betheiligung des Jn- und Auslandes
richtig wieder.

Auch dies Mal sind Genre und Landschaft wieder
die stimmführenden Knnstfächer und zwar ersteres noch in
höherem Grade als letztere. Größere Werke historischen
Styls bemerkten wir nur wenige: gleicki im ersten
Saal hängt ein ausgedehntes Figurenbild (Stephanus
vor dem hohen Rathe) von Julius Hübner, in den
unteren Sälen haben einige trefflich gezeichnete Kartons
von Leopold Schulz zu den Fresken in der Schotten-
felder Kirche ihre Stelle gefnnden. Henneberg's
„Wilder Jäger", mehrere höchst geschickt gemalte Bildcr
von Canon, ferner Teschendorff, van Lerius u. A.
schließen fich an. Die Schlachtenmalerei ist in erster
Linie durch eine Episode aus der Schlacht von Cnstozza
(1866) von Sigmnnd l'Allemand vertreten.

Jm Genre stehen B. Vautier („ein Toast auf die
Brant") und L. Knaus mit einem köstlich erfnndenen
Kinderbildchen, dann ein junger hochbegabter Wiener
Künstler aus Piloty's Schnle, E. Kurzbauer („die
ereilten Flüchtlinge") und H. v. Angeli, der gegenwär-
tige Vorstand der WienerKünstlergenossenschaft, ebenfalls
ein Schüler Piloty's, mit einem fein und elegant gemal-
ten Kostümbilde („der Rächer seiner Ehre") obenan.

Die Landschaft zeigt Namen wie A. und O. Achen-
bach, Leu, Ebel, Schleich, Lier, B. Fries, E. Lich-
tenfels, A. Bierstadt neben sehr beachtenswertheu
Leistungen der jüngeren Wiener Schule, unter denen hier

*) Derselbe ist mii anerkenneiiswerther Sorgfalt gear-
beitet und wurde bereits am Erösfniingstage der Ansstellung
mit stianienregister der ausstellendcn Künstler fertig ausgegebcn.
Dast im Aegister einielne Namen, wie Üen, Kurzbauer
u. A. fehlen, sei hier fnr eine neue Auslage angemerkt.

vor allen E. Jettel's „Motiv bei Dieppe" hervorgeho-
ben sein mag.

Schließlich nur noch einiges besonders in die Augen
Fallende aus verschiedenen Fächern: das höchst wirkungs-
voll arrangirte Porträt der Frau Fürstin Metternich
(1860) von Franz Winterhalter, einige brillantc
Aguarelle von Menzel, dessenKrönnngsbild wir schmerz-
lich vermissen, unterden Stichen Henriguel-Dnpont's
„Jünger in Emaus" nach Paolo Veronese, endlich einc
merkwürdige Federzeichnnng von dem gegcnwärtig in
Paris Furore machenden Spanier Fortuny. Eingehen-
deres im nächsten Vericht. L.

Nekrolog.

Franccsco Sangninetti, Bildhauer, geboren zu Carrara
1800, starb in München am 15. Februar. Seine erste künst-
lerische Bildung erhielt er unter der LeituNg seines Baters und
folgte schon im Jahre 1818 dcm Meister Rauch nach Berlin,
wo er bald dessen Lieblingsschüler wurde. Rauch sandte ihn
1829 nach München, um die sitzende Kolossal-Statue des Kö-
nigs Maximilian Joseph I. (mit den zu dessm Denkmal ge-
hörigen Reliess) zu modelliren. Nach ciner kiirzcn Reise nach
Jtalien kehrte Sanguinetti 1831 nach! Berlin zurück, nm
mehrere Büsten nach Rauch's Modellen, auch eine Statne
des Hylas in Marmor, selbständig ausznführeii. Nach Müu-
chen übergesiedelt, arbeitete er anfangs grösttentheils nach
Schwanthaler's Entwürfen und erwarb sich durch seine ge-
schickte Ausführung in Stein einen rühmlichen Namen un-
ter-den mitstrebenden Genossen Laver Schwanthaler (p 23.
Sept. 1854), Leeb (f 5. Juli 1863), Lossow und G. Zell.
Nach Ludwig Schwanthaler's Modellen meißelte er die an der
Steintreppe der Hof- und Staatsbibliothek sitzenden Statuen
des Aristoteles und Hippokrates, nach Konrad Eberhard dic
Standbilder der heiligen Ottilia und Lucia am Portale des
Blinden-Jnstituts. Dcr überaus fleißige Mann erfreute sich
bald eines behäbigen Wohlstandes uud gründete cinen eigenen
Heerd in einer mit drei Kindern gesegueten glücklichen Ehe.
Der Abcnd seines Lebens wurde aber mit herben Schicki'als-
schlägen heimgesucht. Sanguinetti verlor ein kleines Land-
gut (bei Starnberg), welches der Künstler nicht zu bewirth-
schaften verstand; dann fiel seine schön aufgeblühte Tochter, erst
19 Jahre alt, unter der Mörderhand eines eifersüchtigen
Studenten (7. Oktober 1858); seine schöne Bildersammlung ver-
schwand unbezahlt mit einem gewissenlosen Kunsthändler; zu-
jetzt verlor er im Jahre 1866 sein mllhsam erspartes Ver-
mögen nnd wurde sogar zum Verkanf eines kleinen Hauses
gezwungen. Sein letztes Werk, welchcs dcr scit fllnf Jahren
von der Gicht geplagte Mann nicht mehr vollenden konnte,
war eine sür das National-Museum bestimmte Statue dcs
Königs Max. (Köln. Ztg.)

Kiliililitrratur »nü Kiiiistliaiidcl.

K. Polytechnikum zu Stutttfart. Alifilahinen
und Skizzeu der Architekturschnle in Rothen-
burg a. d. T. unter Prof. W. Bäumer. Mai
>869. kl. fol.

Profeffor Bäumer, der Leiter der Architcktnrfachschnle
am Polytechniknm in Stnttgart, ist, dcm Bcispicle der
Wiener akademischen Professorcn folgend, init seincn
Schülern nach dtothenburg an der Tauber gewandcrt nnd
von den Skizzen und Stndicn dieses Ausflnges haben
seine Schüler nnter seiner Leitnng in antographirten Zeich^
niingeu eine Pnblikation gcmacht, wclche den obigen Titcl
führt. Auch darin sind die Stnttgartcr dem Bcispicle
Schmidt's und seiner Wiener „Banhütte" gefolgt. Abci
die Stnttgartcr Pnblikation trägt cine andere Gestalt als
die Wiener. Diese ist in losen Blättern von ungleichcm
 
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