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Standespersonen, die um die Ehre wetteifern, den Ge-
fallenen anf die Beine zu helfen, möchten den winzigen,
besternten Feldherrn lieber schon heute als erst übermorgen
um seine Gunst und Gnade bitten dürfen. Die ganze
sehr sorgfältig gemalte Scene ist mit einem gewissen ge-
schichtlichen Ernst behandelt, wodurch sie eben allgemein
so erheiternd wirkt, daß wir weiter nichts hinzuzusetzen
brauchen.
Eug. Obcrmayer.
Korrespondenz.
Florcnz, im Mai 1870. (Schluß).
Dank den Maaßregeln des llnterrichtsministers
Correnti wird Pietro Perugino's Freske in der Ka-
pelle des Klosters Santa Maddalena de' Pazzi jetzt
allgemein zugänglich gemacht und säkuralisirt werden. Wie
bekannt, hat die italienische Regierung viele Nonnen-
klöster bestehen laffen und gerade dieses wurde mit ciner
Eifersucht bewacht, daß es bis jetzt nicht ohne Specialer-
laubniß des Papstes möglich war, das schöne Werk des
Lehrers Raffael's zu sehen oder gar zu kopiren. Noch im
Jahre 1868 bedurfte der Wiener Maler Eduard Kaiser
einer besonderen VerwendungderFrauErzherzoginSophie
beim heiligen Vater, um iu das verboteue Paradies zu
dringeu und eine sehr gelungene Kopie des Gemäldes in
Aquarell anzufertigen. Die Freske ist dnrch Säulen mit
Bogen in drei Theile geschieden und enthält in der Mitte
den Gekreuzigten mit violetter, goldgestickter Schürze und
neben ihm Magdalena in rothem, grün ausgeschlagenen
Mantel, mit gefalteten Händen. Links ringt Maria (weiß
und schwarzes Gewand, violetter Mantel) die Hände,
während der knieende heilige Bernhard (weiß) sie faltet;
rechts breitet Johannes (violett, röthlicher Mantel, grünes
Halstuch) seine Arme nach hinten aus und krenzt Hiero-
nymus (schwarz) sie vor der Brust. Den Hintergrund
bildet eine friedliche Landschaft mit Gewässer, Hügeln,
einer grünnmgebenen Stadt nnd einzelnen Bäumen. Jn
dem trefslich erhaltenen Gemälde hat Perugino eins seiner
höchsten Meisterwerke hinterlaffen, das nun erst der Welt
wahrhaft zu Gute kommen wird; ich weiß nur wenige,
die ihm an stiller Größe, inniger Andacht und weihevoller
Trauer gleich kamen.
Zum Winter hatte uns das Künstlerpaar Georg und
Ernst Koch verlassen, welches sein Leben der Wieder-
gabe der Werke Rafsael's gewidmet hat und dazu durch
Talent und Hingebung befähigt ist. Gegen Ende des
Sommers erwartet man Ernst Koch zurück, der zunächst
seine bereits begonnene und schon in der jetzigeu Form
von der Akademie zu Kaffel mit der großen Medaille und
hundert Thalern ausgezeichnete Kopie der heiligen Cäcilia
iu Bologna vollendcn, dann aber in Florcnz, Rom nud
Mailand andere zum Theil gleichfalls schon angefangene
Hauptwerke zeichnen wird. So könnte binnen Kurzem
eine zweite Serie von Photographien nach Koch'schen Zeich-
nungen Raffael'scher Werke erscheinen, welche das Selbst-
bildniß Rafsael's, die Madonna del Cardellino, del Cone-
stabile und di Fuligno, die Predella zur Grablegung mit
Glaube, Liebe, Hoffnung, die heil. Cäcilia, das Portrait
der Maddalena Doni, den Biolinspieler, Papst Julius II.,
die Justitia, die Galatea und die heil. Familie mit dem
Lamm enthalten würde, wenn bei der ersten Serie das
Publikum nicht den Erwartungen des Verlegers in, wie
es scheint, zu geringem Maaße entsprochen hätte. Doch
dürfte die Schuld daran nicht so sehr dem Publikum, als
der oft fahrlässigen Behandlung und mangelhaften Aus-
führung der Photographien zur Last zu legen sein.
Nicht alle nämlich geben die Zeichnung in voller
Kraft nnd Frische wieder. Hoffen wir, daß sich balv eines
unserer vielen tüchtigen Kunstverlagsgeschäfte das Verdienst
erwerbe, diese Schätze dem dentschen Volke in würdiger
Weise zugänglich zu machen. Noch in der letzten Zeit
seines Lebens erfrente sich der Altmeister Overbeck zu Nom
an dem Anblick der Koch'schen Zeichnungen.
UeberdieBeschädignngderFreskenAndrea del Sar-
to's im Chiostro della Compagnia dello Scalzo hat man un-
längst großen Lärm erhoben. Der Finanzminister hatte neben
dieser Kapelle eine Fabrik von Contatori zum Zweck der
Mahlsteuer errichten lassen nnd die Arbeit der Maschinen
die nächste Wand erschüttert. Als aber der Minister des
Nnterrichts von dem Schaden, welcher den herrlichen Ge-
mälden drohte, in Kenntniß gesetzt ward, intervenirte er
und ward fernere Unbill durch Verleguug der Werkstatt
verhütet. Znm Glück sind die Spalten nnd Risse in der
Mauer nicht bedeutend und ohne große Umstände zu repa-
riren.
Binnen Kurzem will die Stadtverwaltung die Haupt-
thüre zur Badia in der Via del Proconsolo einer völligeu
Restauration nnterwerfen. Diese Thüre rührt von einem
Schüler Michelozzo's her uud wurde bisher sehr ver-
nachlässigt, obgleich sie als cin schönes nnd zierliches Werk
der Frührenaissance geschätzt zn werden verdient.
Vier Säulen an der Südfayade der Uffizien sind der-
artig verfällen, daß man ernsthaft an ihren baldigen Ersatz
denkt. — An der Loggia gegenüber dem Hospital der Jnno-
centi wurden bei einer neulichen Nestanration fünf Säulen
und drei Kapitäle aus dem Material der Steinbrüche von
Settignano erneuert. Auch die Basen der altcn Säulen
und des Eckpfeilers sind durch ncue ersetzt worden. Als
Architekten wirktcn hierbei die Hcrren Signorini, Ma-
jorfi und Bracci, die Kapitäle hat der geschicktc Stcin-
hauer Bobino nach dem Modell der alten gearbeitet.
Diese Loggia, welche nach Zeichnnngen von Brunellesco
im Jahre 1520 durchAntonio Giamberti(da San Gallo)
aufgeführt ward, gehört verschiedeneu Eigenthümern, von
denen sich nur der eine, dieBrüderschaft della Luca di Sau
Girolamo ausschloß, als es sich um die erwähnte Rcpa-
Standespersonen, die um die Ehre wetteifern, den Ge-
fallenen anf die Beine zu helfen, möchten den winzigen,
besternten Feldherrn lieber schon heute als erst übermorgen
um seine Gunst und Gnade bitten dürfen. Die ganze
sehr sorgfältig gemalte Scene ist mit einem gewissen ge-
schichtlichen Ernst behandelt, wodurch sie eben allgemein
so erheiternd wirkt, daß wir weiter nichts hinzuzusetzen
brauchen.
Eug. Obcrmayer.
Korrespondenz.
Florcnz, im Mai 1870. (Schluß).
Dank den Maaßregeln des llnterrichtsministers
Correnti wird Pietro Perugino's Freske in der Ka-
pelle des Klosters Santa Maddalena de' Pazzi jetzt
allgemein zugänglich gemacht und säkuralisirt werden. Wie
bekannt, hat die italienische Regierung viele Nonnen-
klöster bestehen laffen und gerade dieses wurde mit ciner
Eifersucht bewacht, daß es bis jetzt nicht ohne Specialer-
laubniß des Papstes möglich war, das schöne Werk des
Lehrers Raffael's zu sehen oder gar zu kopiren. Noch im
Jahre 1868 bedurfte der Wiener Maler Eduard Kaiser
einer besonderen VerwendungderFrauErzherzoginSophie
beim heiligen Vater, um iu das verboteue Paradies zu
dringeu und eine sehr gelungene Kopie des Gemäldes in
Aquarell anzufertigen. Die Freske ist dnrch Säulen mit
Bogen in drei Theile geschieden und enthält in der Mitte
den Gekreuzigten mit violetter, goldgestickter Schürze und
neben ihm Magdalena in rothem, grün ausgeschlagenen
Mantel, mit gefalteten Händen. Links ringt Maria (weiß
und schwarzes Gewand, violetter Mantel) die Hände,
während der knieende heilige Bernhard (weiß) sie faltet;
rechts breitet Johannes (violett, röthlicher Mantel, grünes
Halstuch) seine Arme nach hinten aus und krenzt Hiero-
nymus (schwarz) sie vor der Brust. Den Hintergrund
bildet eine friedliche Landschaft mit Gewässer, Hügeln,
einer grünnmgebenen Stadt nnd einzelnen Bäumen. Jn
dem trefslich erhaltenen Gemälde hat Perugino eins seiner
höchsten Meisterwerke hinterlaffen, das nun erst der Welt
wahrhaft zu Gute kommen wird; ich weiß nur wenige,
die ihm an stiller Größe, inniger Andacht und weihevoller
Trauer gleich kamen.
Zum Winter hatte uns das Künstlerpaar Georg und
Ernst Koch verlassen, welches sein Leben der Wieder-
gabe der Werke Rafsael's gewidmet hat und dazu durch
Talent und Hingebung befähigt ist. Gegen Ende des
Sommers erwartet man Ernst Koch zurück, der zunächst
seine bereits begonnene und schon in der jetzigeu Form
von der Akademie zu Kaffel mit der großen Medaille und
hundert Thalern ausgezeichnete Kopie der heiligen Cäcilia
iu Bologna vollendcn, dann aber in Florcnz, Rom nud
Mailand andere zum Theil gleichfalls schon angefangene
Hauptwerke zeichnen wird. So könnte binnen Kurzem
eine zweite Serie von Photographien nach Koch'schen Zeich-
nungen Raffael'scher Werke erscheinen, welche das Selbst-
bildniß Rafsael's, die Madonna del Cardellino, del Cone-
stabile und di Fuligno, die Predella zur Grablegung mit
Glaube, Liebe, Hoffnung, die heil. Cäcilia, das Portrait
der Maddalena Doni, den Biolinspieler, Papst Julius II.,
die Justitia, die Galatea und die heil. Familie mit dem
Lamm enthalten würde, wenn bei der ersten Serie das
Publikum nicht den Erwartungen des Verlegers in, wie
es scheint, zu geringem Maaße entsprochen hätte. Doch
dürfte die Schuld daran nicht so sehr dem Publikum, als
der oft fahrlässigen Behandlung und mangelhaften Aus-
führung der Photographien zur Last zu legen sein.
Nicht alle nämlich geben die Zeichnung in voller
Kraft nnd Frische wieder. Hoffen wir, daß sich balv eines
unserer vielen tüchtigen Kunstverlagsgeschäfte das Verdienst
erwerbe, diese Schätze dem dentschen Volke in würdiger
Weise zugänglich zu machen. Noch in der letzten Zeit
seines Lebens erfrente sich der Altmeister Overbeck zu Nom
an dem Anblick der Koch'schen Zeichnungen.
UeberdieBeschädignngderFreskenAndrea del Sar-
to's im Chiostro della Compagnia dello Scalzo hat man un-
längst großen Lärm erhoben. Der Finanzminister hatte neben
dieser Kapelle eine Fabrik von Contatori zum Zweck der
Mahlsteuer errichten lassen nnd die Arbeit der Maschinen
die nächste Wand erschüttert. Als aber der Minister des
Nnterrichts von dem Schaden, welcher den herrlichen Ge-
mälden drohte, in Kenntniß gesetzt ward, intervenirte er
und ward fernere Unbill durch Verleguug der Werkstatt
verhütet. Znm Glück sind die Spalten nnd Risse in der
Mauer nicht bedeutend und ohne große Umstände zu repa-
riren.
Binnen Kurzem will die Stadtverwaltung die Haupt-
thüre zur Badia in der Via del Proconsolo einer völligeu
Restauration nnterwerfen. Diese Thüre rührt von einem
Schüler Michelozzo's her uud wurde bisher sehr ver-
nachlässigt, obgleich sie als cin schönes nnd zierliches Werk
der Frührenaissance geschätzt zn werden verdient.
Vier Säulen an der Südfayade der Uffizien sind der-
artig verfällen, daß man ernsthaft an ihren baldigen Ersatz
denkt. — An der Loggia gegenüber dem Hospital der Jnno-
centi wurden bei einer neulichen Nestanration fünf Säulen
und drei Kapitäle aus dem Material der Steinbrüche von
Settignano erneuert. Auch die Basen der altcn Säulen
und des Eckpfeilers sind durch ncue ersetzt worden. Als
Architekten wirktcn hierbei die Hcrren Signorini, Ma-
jorfi und Bracci, die Kapitäle hat der geschicktc Stcin-
hauer Bobino nach dem Modell der alten gearbeitet.
Diese Loggia, welche nach Zeichnnngen von Brunellesco
im Jahre 1520 durchAntonio Giamberti(da San Gallo)
aufgeführt ward, gehört verschiedeneu Eigenthümern, von
denen sich nur der eine, dieBrüderschaft della Luca di Sau
Girolamo ausschloß, als es sich um die erwähnte Rcpa-