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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Vom Christmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0096

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179

Vom Christmarkt.

180

Nicht bunt, aber dennoch farbenreich sind die
Skizzen nnd Zeichnungen, welche ein anderer Künstler,
Rudolf Cronau ^), uns aus Amcrika mit heimgebracht
hat. Jhm standen nur die Kontraste zwischen Schwarz
und Weiß zu Gebvte; mit diesen Mitteln hat er das
Mögliche vollbracht. Mag er nun den Pyramiden-
pnrk der Bad Lands am kleinen Missouri vor unseren
Augen enthüllen, der einer großen Kunstgalerie ver-
gleichbar ist, in welcher die Natur die phantastischsten
Formen aufstellt und Monumente, Kathedralen, Pyra-
miden, Kegel, Häuser und Paläste uns vorzaubert,
die sich aber bei näherer Betrachtung als Trugbilder
erweisen und dann um so fühlbarer die schaurige
Majestät der Wüste in dem endlosen Gebirgslabyrinth

in wie hohem Grade R. Cronau das landschaftliche
Element beherrscht, und seine Verwertung der Be-
leuchtungseffekte und die Behandlung der Luftperspek-
tive mit ihren duftigen Fernen, sowie die sorgfältige
Aussührung sichern fast immer eine ungemein reizvolle
Wirkung, bei der es auch dem verwöhnten Kenner
schwer ankommen dürfte, die Worte Kochs gelten zu
lassen: „Die Landschaftsmalerei hört auf, wenn man
recht über Kunst denken wird." Mit der Staffage,
dem Schmerzenskinde des Landschaftsmalers, hat er
sich ziemlich gut abgefunden, vorzüglich wo es sich um
kleine Figuren handelte; von dcn größeren läßt sich
dies im allgemeinen nicht behaupten; er konnte auch
hier gleich an der Quelle schöpsen: Vanderhoff, Gra-

Ans dem Werke: 1,'LvsIstsrrs. sParis. A. Quantin.)

hervortreten lassen: mag er uns den großen Pfeifen-
steinbruch, das Heiligtum der rvten Rasse im südwest-
lichen Winkel von Minnesota vorsühren, oder das
Canon und den großen Fall des Aellowstone, wescher
in seiner unheimlichen Großartigkeit als ein Stück aus
Dante's Jnferno bezeichnet wird: überall sehen wir,
daß der KUnstler imstande ist, ein treues Abbild der
gewaltigen Natur mit seinem Griffel auf das Papier
zu bannen. Um alle Blätter einzeln aufzuzählen, ist
der gebotene Raum zu klein und das Cronau'sche
Werk zü reichhaltig. Nicht nur der Reichtum der
Formen, sondern auch der Farbenwechsel spvttet jeder
Beschreibung. Der Maler giebt nicht nur Landschaften
und Städtebilder, auch einige indianisirte Charakterköpfe
finden wir, unter denen sich Sitting Bull, der be-
gabteste aller großen Häuptlinge, „der rote Napoleon",
befindet, welchen der Künstler auf Fort Randoll nach
dem Leben zeichnete. Die ganze SaMmlung beweist,

1) Von Wunderland zu Wunderland. Leipzig, T. O.
Weigel. Preis geb. 3ü Mark.

hani und namentlich Rogers hätten ihm als Vor-
bilder dieuen können. Hat sich doch ein Ludwig Richter
anfangs an seinen Freund Julius Schnorr gcwandt
und nach dessen Angaben die Staffagen korrigirt!

Von den Territorien der Union hinweg lenkt das
folgende Werk unsere Blicke zu ihrem Mutterlande
England hin: P. Villars, deffen langjähriger Aus-
enthalt in Großbritannien und Jrland ihm eingehendc
Darstellung und sicheres Urteil ermöglicht, schildert uns
in seinem Werke I/^nAtotsrrs, l'Doosss ok 1'Ir-
luncko Sitten und Gebräuche, Handel und Jndustrie,
bürgerliche und kirchliche Jnstitutionen, sowie Städte,
Monumente und malerische Gegenden in den Ver-
einigten Königreichen. Die zumeist objektive Dar-
stellung des französischeu Schriftstellers wird in ihrem
Bestreben, ^ dem Lefer vollen Ersatz für eine wirkliche
Neise zu bieten, durch eine außergewöhnliche Fülle von
Abbildungen wesentlich unterstützt; fast keine Seite des
stattlichen, beinahe 700 Seiten starken Bandes ist

1) Paris, A. Quantin.
 
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