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Vom Christmarkt.
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Hervorbringen der Dinge des alltäglichen Gebrauchs
des Lebens und Verkehrs in einer Reihe von Gedichten
und Bildern vor, für welch letztere hier die an-
sprechende Form der Friese gewählt worden ist. End-
lich sei noch zweier in neuer Auflage erscheinender
Bücher gedacht, welche wie die vorerwähnten liebevolles
Berständnis und innige Vertiefung in die Regungcn
der Kindessccle bekunden: Die „Kindergeschichten"
von Schulrat R. Niedergesäß (Stuttgart, Gebr.
Kröner), zu welchcn F. Berg en farbenprächtige Bilder
von sorgsnmster Ausführung und eine Reihe gefälliger
Zeichnnngen geliesert hat, und Dieffenbachs „Gliick-
liche Kinderzeil" (Bremen, M. Heinsius), in welche
F. Flinzers Hand Bilder in Menge streut.
Die Verlagsbuchhandlung von A. Quantin in
Paris, die jüngste der großen Pariser Firmen, welche
anf dem Gebiete der Kunst und Kunstwissenschaft
arbeiten, entwickelt eine immer lebhaftere Thätigkeit.
Sie verlegt nicht einzelne, nein, fast immer gleich ganze
Reihen von Büchern, bei denen gewöhnlich die jüngere
Publikation die ältere iibertrifst. Dem Kunsthistoriker
und Amateur sind wohl die großen Werke nber Rem-
brandt, Dürer, Hvlbein, Van Dyck n. s. w. bckannt,
die für sich allein eine Prachtbibliothek bilden. Der
Bücherliebhaber hat gewiß die im feinsten Geschniack
erzeugtcn Luxuspublikationen von Octave Uzanne,
welche eine Geschichte des Fächers und des Sonnen-
schirms sich zum Vorwurfe nehmen, in Händen gc-
habt. Auch diese bilden die Anfangsglieder einer Kette
von schätzenswerten Werken. Uber die Uibliotliöqns
äs l'snLsiZnsinsnt äss IZsairx-ilrts haben wir schon
mehrfach berichtet. Das weiter oben erwähnte Wcrk
über England ist ebcnfalls ein Ausgangspunkt einer
Reihe von großartigcn Publikationen. Jm vergangenen
Jahre konnten wir den Lesern eine illustrirte Ausgabe
von Gultivers Reisen anzeigen, deren Jllustration init
farbigen Zinkplatten hergestellt war. Zu diesem Bande
gesellt sich nun heuer cin zweiter ganz ähnlich ausgestatte-
ter, welcher eine Übersetzung des Vicars von Wakefield
vvn Oliver Goldsmith bringt. Die Jllustrationen
dieses Buches sind nach Aguarellen von V. A. Poirson
angefertigt nnd ebensalls farbig mit Zinkplatten ge-
druckt. Die Ausstattung dieses Buches ist des höchsten
Lobes würdig; sie übertrifft die ihres Vorgängers um
ein Beträchtliches. Die Jllustrationen sind flott ent-
worsen und sehr sorgfältig ausgeführt, die Farbe ist
nie zu grell, der Druck von größter Akkuratesse. Jeder
neue Schritt der Verlagsbuchhandlung scheint ein Fort-
schritt zu sein.
Gleichsam als hätte die Quantinsche Buch-
handlung es sich vorgenommen, die ganze franzö-
sisch redende Welt mit Büchern zn versorgen, bringt
dieselbe jetzt eine Lne/oloxsäis snlantins heraus, welche
außer einer Zahl von illustrirten Abcbüchern sünf
Serien von Kinderbüchern zu den verschiedensten Preisen
an den Markt bringt. Diese Bücher (unter dem Namen
1-88 ^.Idnin8 zusammengefaßt) sind zum Preise von
15 Cent. bis zu 1 Frs. 25 Cent. zu haben. Was
für diese Preise geleistet wird, ist erstaunlich und er-
klärt sich nur aus einem sehr großen Absatz. Wenn
nian diese mit großem Geschick und feinem Sinn her-
gestellten Kinderbücher mit den weltberühmten Craue-
schen oder Calvecottschen vergleicht, wird der Vorzug
nicht auf Seite der letzteren sein. Meist sind es
Märchenbücher, wie Robinson, Münchhausen (Iis baron
äs Lraolc), der gestiefelte Kater u. s. w.; die kleineren
Heftchen enthalten gewöhnlich ein Kinderlied (Oaäsl
8,on88s1Is,NarlbronZli 8'snvn-t-sn Znsrrs) niit Noten.
Die Jllustrationen sind mit Zinkplatten in Farben-
druck ausgefllhrt, in einer Weise, die dieser Manier
trefflich entspricht.
Auf dem Gebiete der Bilderbücherlitteratur macht
sich in Frankreich ebenso wie in Deutschland ein feinerer
durchgebildeter Geschmack geltend. Die rohen, hölzernen
Gestalten verschwinden immer mehr und tüchtige
Künstlcr wetteifern niit einander, den Kindern das Bestc
ihrer Kunst zn bicten.
Wir hatten schon das Thvr geschloffen, um dem
weiteren Eindringen der vielen Festgäste in unsere be-
schränkten Räumlichkeitcn zu wehren: da klvpft noch
mit zager Hand ein bescheidener Gast Eingang heischend
an. Es ist ein Renaissancefräulein, das abseits voni
Gedränge wartete und n»n fast llbersehen worden
wäre. Jhr Name klingt uns und auch wohl vielen
unserer Leser vertraut ans Ohr: „Ännchcn von
Tharau') ist's, die mir gefällt". Wer kennt das alte
Lied des Simon Dach nicht? Jn eine Dichterseele ist
es als Samenkorn gefallen und daraus ist eine lieb-
liche Blüte cntsprossen, deren Wachstum auch durch
den Sonnenschein, welcher von Scheffels „Trompeter"
ausgeht, befördert worden ist. Oder unverblümt ge-
sagt: der Dichter Franz Hirsch mag durch Scheffels
liebliche Dichtung angeregt worden sein. Dieses „Lied
aus alter Zeit" kommt zwar dem waldesduftigen, ur-
wüchsigen, rheinischenPrachtlied nicht gleich; seinePoefie
zieht nicht so sieghaft in die Herzen ein: doch ist es
cine frische Dichtung, die man in dcr Winterstille gern
genießen mag. Ännchen von Tharau ist würdig, ein
festliches Gewand zu tragen, und der gewinnende Lieb-
reiz ihrer Sprache im Verein mit dem Schmuck, den
sie jetzt angelegt hat, werden ihr viele Liebhaber
schaffen. Die Jllustration Les Prachtwerkes ist von
1) Ännchen von Tharau. Ein Lied aus alter Zeit von
Franz Hirsch. Prachtausgabe, illustrirt von Georg Knorr.
Leipzig, Reißner. Mk. 20. —.
Vom Christmarkt.
188
Hervorbringen der Dinge des alltäglichen Gebrauchs
des Lebens und Verkehrs in einer Reihe von Gedichten
und Bildern vor, für welch letztere hier die an-
sprechende Form der Friese gewählt worden ist. End-
lich sei noch zweier in neuer Auflage erscheinender
Bücher gedacht, welche wie die vorerwähnten liebevolles
Berständnis und innige Vertiefung in die Regungcn
der Kindessccle bekunden: Die „Kindergeschichten"
von Schulrat R. Niedergesäß (Stuttgart, Gebr.
Kröner), zu welchcn F. Berg en farbenprächtige Bilder
von sorgsnmster Ausführung und eine Reihe gefälliger
Zeichnnngen geliesert hat, und Dieffenbachs „Gliick-
liche Kinderzeil" (Bremen, M. Heinsius), in welche
F. Flinzers Hand Bilder in Menge streut.
Die Verlagsbuchhandlung von A. Quantin in
Paris, die jüngste der großen Pariser Firmen, welche
anf dem Gebiete der Kunst und Kunstwissenschaft
arbeiten, entwickelt eine immer lebhaftere Thätigkeit.
Sie verlegt nicht einzelne, nein, fast immer gleich ganze
Reihen von Büchern, bei denen gewöhnlich die jüngere
Publikation die ältere iibertrifst. Dem Kunsthistoriker
und Amateur sind wohl die großen Werke nber Rem-
brandt, Dürer, Hvlbein, Van Dyck n. s. w. bckannt,
die für sich allein eine Prachtbibliothek bilden. Der
Bücherliebhaber hat gewiß die im feinsten Geschniack
erzeugtcn Luxuspublikationen von Octave Uzanne,
welche eine Geschichte des Fächers und des Sonnen-
schirms sich zum Vorwurfe nehmen, in Händen gc-
habt. Auch diese bilden die Anfangsglieder einer Kette
von schätzenswerten Werken. Uber die Uibliotliöqns
äs l'snLsiZnsinsnt äss IZsairx-ilrts haben wir schon
mehrfach berichtet. Das weiter oben erwähnte Wcrk
über England ist ebcnfalls ein Ausgangspunkt einer
Reihe von großartigcn Publikationen. Jm vergangenen
Jahre konnten wir den Lesern eine illustrirte Ausgabe
von Gultivers Reisen anzeigen, deren Jllustration init
farbigen Zinkplatten hergestellt war. Zu diesem Bande
gesellt sich nun heuer cin zweiter ganz ähnlich ausgestatte-
ter, welcher eine Übersetzung des Vicars von Wakefield
vvn Oliver Goldsmith bringt. Die Jllustrationen
dieses Buches sind nach Aguarellen von V. A. Poirson
angefertigt nnd ebensalls farbig mit Zinkplatten ge-
druckt. Die Ausstattung dieses Buches ist des höchsten
Lobes würdig; sie übertrifft die ihres Vorgängers um
ein Beträchtliches. Die Jllustrationen sind flott ent-
worsen und sehr sorgfältig ausgeführt, die Farbe ist
nie zu grell, der Druck von größter Akkuratesse. Jeder
neue Schritt der Verlagsbuchhandlung scheint ein Fort-
schritt zu sein.
Gleichsam als hätte die Quantinsche Buch-
handlung es sich vorgenommen, die ganze franzö-
sisch redende Welt mit Büchern zn versorgen, bringt
dieselbe jetzt eine Lne/oloxsäis snlantins heraus, welche
außer einer Zahl von illustrirten Abcbüchern sünf
Serien von Kinderbüchern zu den verschiedensten Preisen
an den Markt bringt. Diese Bücher (unter dem Namen
1-88 ^.Idnin8 zusammengefaßt) sind zum Preise von
15 Cent. bis zu 1 Frs. 25 Cent. zu haben. Was
für diese Preise geleistet wird, ist erstaunlich und er-
klärt sich nur aus einem sehr großen Absatz. Wenn
nian diese mit großem Geschick und feinem Sinn her-
gestellten Kinderbücher mit den weltberühmten Craue-
schen oder Calvecottschen vergleicht, wird der Vorzug
nicht auf Seite der letzteren sein. Meist sind es
Märchenbücher, wie Robinson, Münchhausen (Iis baron
äs Lraolc), der gestiefelte Kater u. s. w.; die kleineren
Heftchen enthalten gewöhnlich ein Kinderlied (Oaäsl
8,on88s1Is,NarlbronZli 8'snvn-t-sn Znsrrs) niit Noten.
Die Jllustrationen sind mit Zinkplatten in Farben-
druck ausgefllhrt, in einer Weise, die dieser Manier
trefflich entspricht.
Auf dem Gebiete der Bilderbücherlitteratur macht
sich in Frankreich ebenso wie in Deutschland ein feinerer
durchgebildeter Geschmack geltend. Die rohen, hölzernen
Gestalten verschwinden immer mehr und tüchtige
Künstlcr wetteifern niit einander, den Kindern das Bestc
ihrer Kunst zn bicten.
Wir hatten schon das Thvr geschloffen, um dem
weiteren Eindringen der vielen Festgäste in unsere be-
schränkten Räumlichkeitcn zu wehren: da klvpft noch
mit zager Hand ein bescheidener Gast Eingang heischend
an. Es ist ein Renaissancefräulein, das abseits voni
Gedränge wartete und n»n fast llbersehen worden
wäre. Jhr Name klingt uns und auch wohl vielen
unserer Leser vertraut ans Ohr: „Ännchcn von
Tharau') ist's, die mir gefällt". Wer kennt das alte
Lied des Simon Dach nicht? Jn eine Dichterseele ist
es als Samenkorn gefallen und daraus ist eine lieb-
liche Blüte cntsprossen, deren Wachstum auch durch
den Sonnenschein, welcher von Scheffels „Trompeter"
ausgeht, befördert worden ist. Oder unverblümt ge-
sagt: der Dichter Franz Hirsch mag durch Scheffels
liebliche Dichtung angeregt worden sein. Dieses „Lied
aus alter Zeit" kommt zwar dem waldesduftigen, ur-
wüchsigen, rheinischenPrachtlied nicht gleich; seinePoefie
zieht nicht so sieghaft in die Herzen ein: doch ist es
cine frische Dichtung, die man in dcr Winterstille gern
genießen mag. Ännchen von Tharau ist würdig, ein
festliches Gewand zu tragen, und der gewinnende Lieb-
reiz ihrer Sprache im Verein mit dem Schmuck, den
sie jetzt angelegt hat, werden ihr viele Liebhaber
schaffen. Die Jllustration Les Prachtwerkes ist von
1) Ännchen von Tharau. Ein Lied aus alter Zeit von
Franz Hirsch. Prachtausgabe, illustrirt von Georg Knorr.
Leipzig, Reißner. Mk. 20. —.