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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Levin, Theodor: Eine vergessene Arbeit Adolf Menzels
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0162

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311

Eine vsrgessene Arbeit Adolf Menzels.

312

darüber aus, daß ihm ein nur den Kopf zwischen den
Vorhängen heraussteckendes Modell den Eintritt ver-
weigert. Jni Bordergrunde auf der Treppe unterhalb
des Geistlichen, nur Vvn den Hüften anfwärts sichtbar,
ein vom RUcken gesehener junger Mann in der Tracht
eines Pagen oder Knappen. Zwischen dem Maler
und dem Vorhang, also dem Geistlichen verdeckt, aber
sür die Blicke im Arbeitsraum sichtbar, steht ein
jugendliches Männermodell, im Begriff, sich das Hemd
über den Kopf zu ziehen, welches nur noch diesen und
die Schulter bedeckt. — Die an lebendigen, realistisch
packenden Motiven reiche Komposition, durch Situa-
tion und Handlung gleich phantasieanregend. Ge-
zeichnet: X. Llsnrsl tse: 1839.

5. Zu dem Text: IDer Wildbrethändler von Gabriel
Metzu. Seite VI. Zwischen der dentschen nnd sran-
zösischen Überschrift nnd den ersten 9 Zeilen des deutschen
nnd sranzösischen Textes. Höhe 107 mw; Breite

89 mw.

Von einem vvrnehmen hollänbischen Hause sind
in der Darstellung nur die oben im Rundbogen mit
Füllung von Schmiedewerk abschließcnde Thüre und
ein Teil der anschließenden Mauern sichtbar. Auf der
vierstufigen Freitreppe, die sich einer Plattform in
gleicher Breite vorlegt, steht ein junger Kavalier, die
Beine gekreuzt, mit der Linken den hvhen spitzen Hut
zum Gruß erhebend, während die Rechte das mit
reichem Gitterwerk von Schmiedeeisen gefüllte Ge-
länder gefaßt hält. Der Gruß gilt einer vornehmen,
dem Beschauer den Rücken zuwendenden Dame, deren
Gesicht bei der lcichten Verbeugung im Prosil sichtbar
wird. Neben ihr rechts ein den Kavalier ankläffendes
Hündchen. Sie hatte mit eiuem alten Geflügelhändler
um seine lebendige Ware zu markten begvnnen, die
er in stark gebeugter Stcllung und mit der Dame
zugewendetem Gesicht und Blick aus dem Korbe zu
nehmcn im Begriff ist. Über dem Alten an der
Maner des Hauses drei Bogelbaner, hintcr ihm auf
aus einem Fasse eiu die Flügel spreitender Vogel, den
zn bencnncn gcwagt wäre. Ein blättcrloser Baum
verbreitet seine Äste über die Mauersläche des Hauses.
Der Geflügelhändler in freier Nachbildung nach dem
Metznschen Typus; die Dame ebenso, dvch mehr ver-
allgemeinert. Besvnders reizvoll in der malerischen
Wirkung und von wundervoller Bestimmtheit in den
Bewegungen. Gez.: Nsnr.sl tee. 1839.

6. Zum Text: Die Jagd von Jakob Ruisdael.
Seite VII. Zwischen den untcrsten 17 Zeilen halb
in den deutschen, halb in den französischen Text ein-

schneidend. Höhe 92 mm; Breite 160 mm.

Landschaft. Vvn rechts her zieht sich ein nach
dem Vordergrund uud gegen einen Flußausschnitt auf

der linken Seite sanft absallendes Terrain, tvelches mit
einem gelichteten Waldc von starken Bäumen bestanden
ist, quer über die ganze Bildfläche. Diesseits des
Flustes ist am Ufer ein leerer Kahn, auf dem jenseitigen
in leichter Andeutung cin Hausgiebel mit Thor und
Freitreppe zwischen dichten Bäumen sichtbar, deren
Stämme links vom Hause durch eine an dieses stoßendc
Gartenmauer verdeckt sind. Jn der Luft über Waster
und Wald Bögel. Fast in der Mitte dcs Bildes
wandeln zwei Kavaliere im Bordergrund nach rechts
hin. Jn dem mit dem großen Federhut wird man
den Maler zu erkennen haben, dem ein Knabe die
Mappe und den etwas groß erscheinenden Zeichenstuhl
nachträgt. Die landschaftliche Charakteristik höchst
geist- und auch stimmungsvoll. Gez.: V. Usnrsl kss.
1840. Die erste und letzte Ziffer im vvrliegenden
Exemplar nur zn vermuten.

7. Zu dem Text: Die heilige Cäcitie von Carlo
Dolce. Seite IX. Nnter der 15. Zeile von oben,
halb in den denlschen, Halb in den französischen Text
einschneidend. Höhe 110 rnm; Breite 97 inni.

Sterbezimmer des Malers. Jm Hintergrunde
öffnet sich ein großes, bis auf den Boden gehendes
Rundbogenfenster mit der Laibung in der vollen
Stärke der Mauer dnrch halb zur Seite gezogene
Borhänge ins Freie, nur der Äther als weißer Fleck
erscheinen lassend. Links vor dem Fenster sitzt in eineni
Armstuhl mit hoher Rückenlehne Ler sterbende Maler
dessen linke Hand eine vor ihni stehende jnnge Frau
mit ihren beiden Händen gefaßt hält. Dahinter
zwischen beiden ein junger Mann, welcher, die Hände
ringend, sich zu dem Sterbenden hinabbeugt. An der
Mauer links im Bordergrunde lehnend, steht mit ge-
kreuzten Beinen ein älterer Kavalier mit über der
Brust zusammengeschlagenem Mantel und Degen, ge-
senkten Kopfes vor sich niederstarrend. Auf dcr rechten
Seite erteilt ein alter Kavalier, den Federhut in
der Rechten haltend, mit ausdrncksvoller Bewegung
der linken Hand einem teilnahmsvolle Erknndigung
einziehendcn jungen Bvten dcn Bescheid, daß alle
Hoffnung vorüber sei. Daß eine svche Erklärung so
zuversichtlich gegeben werden kann, beweist die außer-
ordentliche Ansdrucksfähigkcit des Künstlers, der hicr
mehr nvch als in den anderen Darstcllnngen den
Jllustrator Knglers in Erinnerung bringt. Gez.:
V. Nsnrsl tso. 1840.

Düsseldorf. Lheodor Vevin.
 
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