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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0210

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407

Sammlungen und Ausstellungen. — Technisches. — Vermischte Nachrichten.

408

sehr reich mit Karyatiden rc. geschmückter Schwsrtgriff Phr-
lipps II., 2) ein Schienbeinteil mit prächtigen erhabenen
Ornamenten, 3) ein Suspensorium mit sehr schönen erhabenen
Ornamenten, 4) ein Schild mit Ornamenten, Figuren und
Trophäen, und 5) ein Schild mit vier sehr reich ornamen-
tirten Reliefs, sämtlich zur Waffenrüstung Philipps II. ge-
hörig, letzterer Kunstgegenstand trägt nebst dem Namen
Kollmanns noch das Datum: aus Augusta den 15. April im
1552. Jahre. Die übrigen Arbeiten rühren meist von
italienischen Meistern her. So ist dte herrlich gearbeitete
Büste Kaiser Karls V., welche auf ein Postament von künst-
lerisch höchst genialer Komposition gestellt ist, nämlich mit
einem Adler und zwei behelmten nacktsn Figuren auf Del-
phinen sitzend, von dem Bildhauer Leon Leone in Mailand
gefertigt. Außerordentlich interessant ist ferner zu sehen das
einzig existirende plastische Porträt des Schillerschen Don
Carlos, nämlich der fein ausgeführte Abguß des Kopfes mit
Brust von der vergoldeten Bronzestatue des unglücklichen
Prinzen aus der großen Grupps im Dome des Escorial bei
Madrid von Pompeo Leone und Giacomo Frezzo in Florenz."

T Für die Gemäldcgalerie in Brüssel ist durch Ber-
mittelung des Kunsthändler Bourgeois in Köln ein weiblichss
Bildnis von Rembrandt, eine alte Dame mit gekreuzten
Händen darstellend, für den Preis von 180080 Francs an-
gekauft worden. Es trägt den Namen des Meisters und die
Jahreszahl 1654. — Von demselbsn Kunsthändler hat das
Museum zu Antwerpen das Porträt eines vornehmen
Mannes von Frans Hals sür 85 000 Frs. erworben.

x.— Nichter-Ausstellung. Das Freie deutsche Hochstift
veranstaltet im Mai eine Ausstellung von Werken Ludwig
Richters, wozu ihm eins große Zahl Druckwerks und sine
Reihe von Originalwerksn zur Verfügung stehen. Wie man
uns mitteilt, hat die königl. Nationalgalerie zu Berlin ihre
Beteiligung an der Ausstellung durch eins größere Sendung
von Aquarellen und Handzeichnungen zugesagt. Das Jnsti-
tut wünscht lebhaft auch sonstigs Unterstützung zu dem ge-
planten Unternehmen durch Überlassung von Originalwerken
des Künstlers, für die Dauer der Ausstellung; hosfentlich
verhallt diess Bitte nicht ungehört, damit die Ausstellung eins
möglichst reichhaltige werde.

0. LI. Jm Kunstgewcrbemnseum zu Berlin ist eine sehr
interessante Sammlung mittelalterlichen Kirchen-
gerätes aus dem Besitze des Prinzen Friedrich Leopold
von Preußen ausgestellt. Dieselbe stammt aus dem Kloster-
hofe, welchen Prinz Karl in Glienicke erbaute und mit rei-
chen Schätzen alter Kunst ausstattete. Die ausgewählten
Stücke dieser Sammlung füllen jetzt im Museum einen
Schrank des Bronze- und Emailzimmers in dem oberen
Stockwerk; das merkwürdigste Denkmal ist ein Vortragekrsuz
mit Reliquien Heinrichs III, aus dem Domschatz von Basel
herrührend. Die Sonderausstsllung im Lichthofe ist
noch durch hsrvorragend schöne Porzellane der königl.
Manufaktur vermehrt, außerdsm mit einer Kollektion alt-
orientalischer Teppiche aus dem Besitze des Teppich-
hauses Ascher L Münchow ausgestattet. Einige durch
Größe und Schönheit hervorragende Stücks sind in dsr Galerie
und im Treppenhause aufgehängt.

Technisches.

X. — Dic Technischen Mitteilnngen für Malerei
bringen einen Bericht über die Technik der Abnahme und
Übertragung von Freskomalereien. Ünter andersm wird auch
das Verfahren, welches bei Überführung des Wandgemäldes
von Ph. Veit „Die Einführung der Künste in Deutschland
durch das Chrjstentum" eingeschlagen wurde, genau be-
schrieben Die Übertragung geschah durch einen in dieser
Beziehung erfahrenen und geübten Mann, Namens Antonio
Zauchi aus Bergamo. Dsr Vorgang ist interessant genug,
um ihn den Lesern unseres Blattes hier mitzuteilen: Herr
Zauchi — nicht etwa ein Kllnstler von Beruf, sondern ein
biederer Schreinermeister — begann seine Arbeit mit einer
vollständigen Reinigung des Brldes. Hisrauf erfolgts ein
Uberzug von starkem Leimwasser, mittelst welchem kleine
Stücks von an den Ründern ausgefaserten, rohen, weißen
Nesseltuches glatt aufgeklebt wurden, derart, daß sich nirgends
zwischen Gemälde und Tuch Blasen oder hohle Räume bilden
konnten. Ein zweiter hierauf aufgetragener Leimüberzug

I diente als Binder für eine grobe Leinwand, die über die
ganze Fläche dss Gemäldes gezogen ward. Sobald das ge-
schehen war, wurde, ehe der Überzug trocknete, an der
einen Längenseite des Bildes mit einem scharfen Meißel
eine etwa 1 om tiefe Nute in den Wandverputz eingehauen.
Dis ganze Farbenschichte begann sich durch den trocknen-
den Leimüberzug sofort nach innen aufzurollen, etwa in der
Art, wis eine auf Papier aufgezogene Pause, wenn solche noch
seucht von dem Brette abgeschnitten wird. Die aufgeleimten
! Stücke Nesseltuch hielten die Kalkschichte verbunden und diese
selbst war so dünn, daß man auf der Rückseite alle Farben
erkennen konnte. Die Arbsit, die sich sozusagen von selbst
machte, da nur an wenigen Stellen ein Nachhelfen nötig war,
ging rasch von statten. Jedes der drei Bilder war in je
einem Tage bloßgelegt und wurde zusammengerollt auf den
Schultern zweier Dienstmänner an den Bestimmungsort ge-
bracht. Dort angelangt, handelte es sich darum, die Bilder
auf Leinwand zu übertragen. Es wurde hierzu wiederum
genau das schon beschriebene Verfahren angewendet, nur mit
dem Unterschiede, daß statt des Leimes als Bindemittel eine
Mischung von Kalk und Milch verwsndet wurds, wahrschein-
lich um ein Durchschimmern der dunkeln Leimschichte zu, ver-
meiden und einen Untergrund zu schaffen, welcher der Natur
des Farbenmaterials entspricht'). Nachdem das Bild auf
solche Weiss mit seiner Rückseits aus einer doppelten Lein-
wandschichte aufgeklebt war, ward es auf Holzrahmen ge-
spannt, gewendet und die auf der Bildseite klebende Zeug-
schichte angeseuchtet, so daß sich die einzelnen Zeugstücke leicht
ablösen ließen. — Es war vollkommen unversehrt, die Far-
ben zeigten sich sogar klarer, „tiefer und kräftiger, ähnlich wie
bei einem frisch gefirnißten Ölbild.

Vermischte Nachrichten.

IV. 4. Dresden. Der über die sonstigen Dresdener
Kunstverhältnisse gut unterrichtete Korrespondent hat die Be-
ziehungen dsr Kunstgenossenschaft zu dem Akademieneubau rc.
in Nr. 21 der Kunstchronik in nicht richtigem Lichte hin-
gestellt. Es giebt hier keine Partei der Stürmer und Drän-
ger oder Umstürzler, wohl aber eine sehr große Anzahl von
Mitgliedern der Kunstgenossenschaft, welchs die bisherige Un-
thätigkeit der Künstler den sich täglich verschlechternden
Dresdener Kunstverhältnissen gegenüber durch Thatkraft und
energisches Handeln ersetzt sehen möchten. Eine kleine, in dsn
srüheren Verhältnissen alt gewordene Gruppe, die dem vul-
gären Ausdruck nach bisher „Gott den lieben Mann sein
ließ", teilt natürlich diese Ansicht nicht, ja scheut sich nicht
einmal, die Bestrebungen der übrigen zu verdächtigen und
als Umsturz hinzustellen, nur weil sie sürchten, selbst aus
ihrer beschaulichen Unthätigkeit emporgerüttelt zu werden.
Die Mitglisder der Kunstgenossenschaft sind sich sehr wohl be-
wußt, daß sie ihre Ziele nur dann erreichen können, wenn
ihr Streben vom Staat und von der Stadt anerkannt und
von dem Wohlwollen und Entgegenkommen aller auswärti-
gen Künstler getragen und unterstützt wird, und deshalb
sühlen wir uns auch verpflichtet, allen Verdächtigungen ener-
gisch entgegen zu treten. Wenn die Kunstgenossenschaft jetzt
die Organisirung der künftigen Ausstellungen selbst in die
Hand zu nehmen beabsichtigt, so handelt sie nicht einmal
im Gegensatz zur Akademie oder als Partei des Umsturzes,
sondern sie führt thatsächlich nur die eigsne Meinung der
Akademie durch; denn die Ausstellungskommission des akade-
mischen Rates bemerkte in ihrem Schlußprotokoll: „daß die
Ausstellungen während der Dauer des Neubaues auf der
Terrasse Sache der Kunstgenossenschast, als der dabsi am
meisten interessirten Korporation sei, um so mehr, als sich
dieselbe im Besitze eines Bauplatzes und genügender Geld-
mittel (des Künstlerhausbaufonds) befinde". Es ist auch nie-
mals die Rede davon gewesen, zwei Ausstellungen neben
einander abzuhalten, denn die jetzt in Fluß geratene Be-
wegung hat ihre Veranlassung eben in der zur Kenntnis ge-

1) Die Anwendung dicses KLsebindernittels ist jedensalls nicht nur
aus dem hier angegebencn Grunde dem Leim vorgezogen wordcn, son-
dern hanptsächtich deshalb, weil der Leim teicht durch Wasser mit auf-
geweicht worden wäre, als es gelten nnchte, das auf eine neue Leinwand
nvertragene Btld aus der Vorderseite zur Abnahme der ausgeleimten Lein-
wand mit warnrem Wasser zu behandeln, abgesehen von der helleren
Farbe und der grdßeren Dauer des Kalkkäseleims. A. Keim.
 
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