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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Strzygowski, Josef: Neuentdeckte Handzeichnungen Botticelli's zum Inferno
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0241

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469

Neuentdeckte Handzeichnungen Botticelli's zum Jnferno.

teu G'esange bczeichnct. Biö anf die farbigen Obcr-
gewänder der beiden Dichter mit der Feder ausgeführt.
Die Wandcrer treten durch die Pforte, hintcr der sich
die Teufel verbergen, in die Stadt Dis ein und gehen
nach rechts an der Mauer hin. Dante lauscht er-
schrvcken auf die Stimme nnd tritt daraus an den
Sarkophag heran, aus dessen Flammen der Ober-
kvrper des Farinata, ncbcn dem dcr Kopf Cavalcanti's
erschcint, aufragt.

Weiter sieht man, wie Virgil ermahnend neben
Dante hergeht, sie sich endlich der Mitte des Kreises zu-
wenden und Dante sich die Nase zuhält, um „Gestank
und Qualm" abzuhalten.

Links in der Ecke steht cine grvße Tasel mit der
Jnschrift: ^N^8rV8IO 1'^1'V OVL.llvO.

— vor^o. Text zum neunten Gesang.

Vel oolor ebs vilbn äi luor ini piss

I'a88uwo trs, murtiri L gli ulbri 8puläi.

Fol. 101 rsoto. Gesamtdarstellung des Jnsernv,
in eincn vrnamentirten Rahmen gesaßt. Ganz in
bunten Farben ausgefiihrt. Die dunkelgclbe Färbnng
des Pergameutcs und die zahlreichen Brnchsaltcn tvciscn
daranf hin, daß wir das Titelblatt des ganzen Ban-
des vor uns haben. Bestätigt wird diese Annahme
dadurch, daß die Rnckseite die Jllustration zum ersten
Gesange zeigt. Dic Hölle ist im vertikalen Durch-
schnitt als ein ungeheuerer, sich stufensörmig verengen-
der Trichter gegeben. Oben über abschließenden Felsen
gelagert, bezeichnet sastiges Grün die Oberfläche der
Erde. Svnderbarerweise steht Lucifer nicht im Ende
des Trichters, sondern an diesen schließt sich ein Halb-
kreis, in dessen Mitte, umgeben von den im Eise
Schmachtenden, der Höllenfürst mit den drei Erzslln-
dern sichtbar wird. Jm übrigen hat Botticelli hier
zusammengefaßt, was er im Einzelnen zu jedem Ge-
sange giebt. Eben weil sich diese Gesamtdarstellung
an die Detailzeichnungen ziemlich eng anschließt, ver-
mag sie uns einen schwachen Ersatz für die bis jetzt
noch nicht wiedergefundenen Blätter zu bicten. Links
oben sieht man die Dichter in die Vorhölle eintreten
und vvn dem ihncn entgegenlausenden Hansen empfangen
werden, dann von Charon geleitet bis an das rechte Ende
der ersten Stufe fahren, wv sie die Treppen hinabsteigen
und nun auf der zwciten Stufe von den vier Dichtern em-
pfangen werden. Links daneben liegt das Schloß mit
sicben Mauern nnd ebenso vielen Türmen, während der
übrige Teil des Kreises von nach links Lausenden an-
gefüllt wird. Die Barden aber steigen die Treppe
zum nächsten Kreise herab, wo ihnen ungefähr in der
Mitte Francesca mit ihrem Geliebten entgegen-
schwebt. Daneben wieder sieht man Dante am Boden
schlafend.

470

Jm folgenden Kreise stehen sie in der Nähe des
Cerberus, der mitten nnter am Bodcn Licgcndcn sitzt.
Auf der nach abwärts fllhrenden Trcppe harrt Plntus
den Wanderern entgegcn, um sie von dem Kreisc der
Lastenrvllenden sernzuhalten. Aus diesem schreilen sie
einen Erdrutsch hinab an die llfer dcs Stpx und Phlc-
gyas führt sie an das Thor der Stadt Dis, dercn
Mauern und Fenertürme den ganzen Umkreis der Hvlle
umschließen. Unter den brennenden Gräbcrn sieht man
die große Tafel des Papstes Anastasius, nebcn der die
beidcn Dichter in dic Felsmassen hereinschreitcn, an
deren Rande der wilde Minotanr sie empsängt. Die
folgenden Ringe sind sehr niedrig und die Dichter tretcn
nicht 'in jedem einzelnen anf. Da sehen wir die von
Kentaurcn Versvlgten im Blutstrome, die klagenden
Bäume und die beiden von den Hunden Gehetzten, end-
lich in zwei Stufen, durch Felsen geschieden, die im
glllhenden Sande Schmachtenden. Gegen den Rand
des Ringes strömt links dcr rotc Bach und stürzt ticf
über eine hohe Felswand herab. Daneben trägt
Geryvn die beiden Wanderer nach dem achten Kreise
herab. Die zehn Abteilungen desselben find mit ihren
Leiden dcntlich zu unterscheiden. Jeder Kreis wird
vvn einem Brückenbvgen überspannt. Die Dichter selbst
findcn wir erst vor den Riescn wieder, die im untercn
Ende des Trichters stehen.

Jch hoffe bäld Gelegenheit zu haben, vor einer
guten Reproduktion des Blattes die Mängel dieser kurzen
Beschreibung zu verbessern.

>— vor8o. Jllustration zum ersten Gesange.
Anstatt der arabischen Ziffer findet sich hier eine ver-
gilbte Beischrist, beginnend mit x, nnd nach einem
Zwischenraume von ca. 4—5 Buchstaben o, welches
durch einen Strich mit dem etwas entfernten Endc
8iva verbnnden ist. Die Zeichnung selbst ist mit der
Feder ausgeführt, aber ziemlich verblaßt und durch
Knitter und Flecke teilweise zerstört. Dante schreitet
von links hcr aus dcm Pinienwalde. Seine vor dem
Tiger zurücktretende Gestalt ist leider zerstört. Dann
sieht man ihn dem Löwen gegenüber und zuletzt sich
vor der Wölfiu zur Flucht wendcnd. Aus dem Hinter-
grunde steigt der wiirdig sreundliche Virgil auf.

Fvl. 102 rsolo. Zeichnung als zum dreizehntcn
Gesange gehörig bezeichnet. Mit der Feder ausgesührt,
wobci jedvch dcutlichc Spnren dcr Metallstiftskizzi-
rnng hervortreten. Man hat cin dichtes, blätterlvseS,
dorniges GestrüPP vor sich, anf dem hier und da
scheußliche Harpyien nisten. Rcchts am Beginne dcs
Waldes deutet Virgil seinem Gcfährten die Bestimmung
des Ortes. Dann finden wir beide links mitten in
den spitzen Dornen wieder. Dante bricht den Zweig.
Gleichzeitig stürzen von rechts her die beiden Fliehen-
den von Hunden verfolgt herein, suchen sich da und
 
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