Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

DOI Artikel:
Langl, J.: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0249

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
485

Die Jahresausstellung im Wisner Künstlerhause.

486

Palermo": einem farbenreichen Bilde mit schöner Per-
spektive, reizvoll staffirt und von südlichem Duft
durchweht..

Jn der Landschaft ist namentlich in Veduten und
kleineren Motiven viel Ansprechendes, ja mitunter Vor-
zügliches ausgestellt. Bedeutendere Leistungen sind
eben mit den bedeutenderen Künstlern fern geblieben.
Von den heimischen fehlen Schindler, Lichtensels,
Schäffer, von auswärtigen sind O. Achenbach und
I. Willroider nur unbedeutend vertreten. Stimmungs-
landschaften, in denen Beleuchtungsprobleme künstlerisch
gelöst sind, finden sich nur sporadisch. Mehr und
mehr treten Architekturmotive und reichere Staffage
in die Scenerie; die Achenbachs haben das Gebiet des
Landschafters mächtig erweitert und finden ihre zahl-
reichen Nacheiferer. Das Bauerngartenmotiv ist wieder
im Verschwinden; nur spärlich begegnet das Hochalp-
bild im Stile Calame's oder Zimmermanns. Ruß,
der mit Vorliebe seine Motive aus dem südlichen Tirol
holt, ist diesmal einige Breitengrade südlicher gegan-
gen; die „Jtalienische Landschaft" im Charakter der
Natur am Arno zeigt uns den Künstler von seinen
besten Seiten. Die Glut der Abendsonne lagert auf
dem saftigen Grün; grelle Lichter und tiefgesättigte
Schatten greifen in harmonischem Wechsel in einander;
gcfällige Staffage belebt das reizend komponirte Bild.
Jn einem zweiten Gemälde „Südtiroler Dorfbrunneu"
ist die Stimmung noch ungleich duftiger und der
Künstler bewährt sich darin auch als trefflicher Tier-
maler. Jn Ditscheiners „Frühlingsabend" auf hoher
Alpe sind in zartem Kontrast blühende Bäume neben
schneeige Gletscher gesetzt. Es weht noch kühler Wind
von den Firnen, aber schon erwacht neues Leben in
der Natur. Ein dahinwandelndes Liebespaar giebt zur
Stimmung des Ganzen die treffliche Staffage. Der
Düsseldorfer Deiters führt uns in einen reizen-
den Waldwinkel; Kinder spielen am stillen Bach in
duftigem Grunde, die Sonne streist im Hintergrunde
durch das grüne Geäste und lockt das Auge nach der
Ferne; im Vordergrunde aber herrscht liebliche Küh-
lung. Nicht minder anziehend ist cin zweites kleineres
Bild des Künstlers „Die verfallene Mühle". — Brillant
in der Wirkung siud Nordgrens Strandlandschasten
in Mondbeleuchtung; namentlich ist die Luft und ihr
Spiegel in der Flut meisterhaft behandelt.

Als dritten im Bunde treffen wir von den Düssel-
dorsern Morten-Müller, dessen Norwegischer Fjord
zu den tüchtigsten Bildern dieser Art gehört. Ein-
samkeit und frostige Stimmung im Grunde und auf
den Berggipfeln goldene Streiflichter der Abendsonne.
Auch des Künstlers „Norwegischer Gebirgsee" ist ein
vortreffliches Bild. Es ruht eigentümlicher Reiz in
der Großartigkeit und Melancholie dieser nordischen

Motive. Das kleine Gemälde von Oswald Achenbach
„Vom Nemisee" zeigt den Meister nicht von seiner
starken Seite. Jn zwei reizvollen Alpenmotiven offen-
bart Nasch alle seiner Malweise eigentümlichen Vor-
züge: krystallklare Farbe, zarte Stimmung und exakte
Zeichnung; namentlich ist das „Tischler Eiskaar bei
Gastein" ein Kabinettstück der Landschaftsmalerei, das
scinesgleichen sucht. Hans Fischers orientalische Veduten
von Jerusalem und Konstantinopel sind in Zeichnung
und Perspektive tadellos, nur in koloristischer Hinsicht
etwas zu dekorativ behandelt. Eine recht gelungene
Leistung ist Zetsche's Motiv auf der malerischen
Schallaburg, besonders iu Hinsicht des Kolorits und
der Stimmung. Brioschi's Gemälde „Aus den römi-
schen Bergen" ist reizvoll komponirt, Verlh's „Salto
di Tiberio" auf Capri ein brillantes Effektstück. Viel
Kraft und Feuer entwickelt in Landschaftsbildern Olga
Wiesinger, dagegen sind Zartheit und reizvolle Detail-
durchbildung Vorzüge in ihren Blumenstücken. Daß
Darnaut, Fritsch, Litrow, Munsch und Onken
iu ihren Bildern stets gerne gesehen sind, bcdarf keiner
weiteren Erörterung.

Gediegene Arbeiten in der Tiermalerei haben
E. Körner und Weißhaupt geliefert; zu ihnen gesellen
sich Ranzoni und Thiele mit einigen recht gelungenen
Bildern. — Jm Aguarelle bleibt Passini, was
Lcuchtkraft des Kolorits, Plastik und Schärfe der
Charakterisirung seiner Gestalten anbelangt, der Un-
übertroffene. Sein großes Bild: „Die Neugierigen",
wie venetianisches Straßenvolk auf einer Kanalbrücke
zusammenläuft, um den Jnsassen einer durchfahrenden
Gondel zu mustern, ist ein Meisterwerk seiner Art.
Jnteressanle Reminiscenzen an das Kirmesfest bieten
eine Reihe Pastellstudien von G. Gaul. Von Rudolf
Alt treffen wir eine große Aufnahme des Bibliothek-
saales des Stistes Admont. Ed. Krenns Architektur-
bilder zeichnen sich durch malerische Aufsassung und
vorzügliche Perspektive aus. E. Ewalds Veduten
aus Tirol sind flott gezeichnet und fesseln durch
stimmungsvolles Kolorit. Lüttig komponirt fleißig in
Schwindscher Romantik; die Tuschzeichnung zu „Heini
von Steier" giebt seinem Talente abermals ein schönes
Zeugnis.

Wir sind hiermit in den unteren Regionen des
Künstlerhauses angekommen, wo schwere Plastik und
auch schwere Malerei placirt ist. Ersterer gehen jedoch
eine Reihe vortrefflicher Porträtbüsten von Tilgner
und reizvolle Holzreliefs von Kloß voran. Auch
Kühne's graziöser Violinspieler und Otto Königs
Marmor- und Bronzeplastik dllrsen hier nicht uner-
wähnt bleiben. Von großer Plastik fallen die Arbeiten
des Prager Künstlers I. Mhslbeck vorteilhaft auf.
Seine für dasParlamentshausbestimmtenMarmorsigu-
 
Annotationen