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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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503

Kunstlitteratur. - Nekrologs. — Ausgrabungen und Funde. — Kunst- und Gewerbevereine.

504

Ihun? Dennoch harrt der kunstfreundlichen Leser keine
Enttäuschung. Sie erfahren zwar viele Dinge, die sich
nicht unmittelbar auf das Kunstleben beziehen, sie
lernen aber auch den Boden kennen, in welchem die
holländische Kunst wurzelt, und wcrden über die Volks-
zustände unterrichtet, in deren Mitte die einzelnen
Künstler aufwuchsen. Was der Verfasser bietet, ist
keine Kulturgeschichte gewvhnlichen Schlages. Er hebt
nur das Bedeutsame und Charakteristische der Volks-
bildung in den verschiedenen Jahrhunderten hervor,
malt bald einzelne Scenen, welche ihm am sprechend-
sten dünken, ausführlich aus, schildert bald mit geist-
reicher Feder übersichtlich die allgemeine Weltlage und
lehnt die ganze Erzählung an eine Persönlichkeit an,
von welcher er glaubt, daß sich die Stimmung des
Zeitalters in ihr am hellsten abspiegele. Jn diesem
letzteren Punkte wird der Verfaffer zuweilen auf
Widersacber stoßen. Es geht uns nicht recht in den
Sinn, daß der Chronist der Kreuzzüge, der Pader-
borner Kanonikus Oliver von Kvln, den richtigen
Vertreter Hollands im zwölften Jahrhundert vorstelle.
Überhaupt drängt sich ein geistreicher Zug, der das
Pikante liebt, zuweilen ungebührlich in den Vorder-
grund und die Masse der Gelehrsamkeit, welche der
Verfasser wohlgefällig ausbreitet, wirkt leicht ermüdend.
Doch wir wollen das Buch nicht vom historischen
Standpunkte beurteilen, sondern nur den Wert der
Schrift für die kunsthistorischen Studien an dieser
Stelle hervorheben. Und dieser ist wahrlich nicht ge-
ring. Der Verfaffer gebietet über eine umfassende
Kenntnis insbesondere der älteren holländischen Kunst-
werke und versteht es vortrefflich, dieselben anschaulich
zu beschreiben. Er baut das alte Schloß von Gauda,
die alten Rathänser und Bürgerhäuser fvrmlich vor
unseren Augen auf, er würdigt eingehend Klaus
Slüters Thätigkeit, ist bei den Glasmalern und Schil-
derern des 16- Jahrhunderts zu Hause und hat nament-
lich Lukas van Leyden eine liebevvlle Teilnahme zu-
gewendet. Vieles, was in den kunsthistorischen Werken
einen breiten Platz einnimmt, wird vom Verfasser gar
nicht berührt, dagegen anderes, was jene übergehen,
ausführlich behandelt. Es ist immerhin von großem
Jntereffe, zu beobachten, wie sich das holländische Kunst-
leben in einem feinsinnigen, litterarisch hochgebildeten
Geiste abspiegelt. -4.. 8.

— Albrecht Adam. Wie aus einer Notiz der „Allge-
meinen Zeitung" (2. Beilage Nr. 1V6, den 16. April) ersicht-
lich ist, gedenkt die I. G. Cotta'sche Verlagshandlung zur
Feier des Centenariums der Geburt des bekannten Schlachten-
malers Albrecht Adam (1786—1862) desssn handschriftlich
hinterlassene Selbstbiographie im Druck srscheinen zu lassen.
Es steht bei der Bedeutung diesss Künstlers zu erwarten,
daß durch diese Veröffentlichuna wiederum eine Fülle wert-
vollen Matsrials zur Kenntnis der neueren deutschen Kunst-
geschichte erschlosssn werden wird.

Nekrologe.

X. — Eugsne Jsabey, der Sohn I. B. Jsabey's, starb
am 27. April auf seinem Landsitzs. Er wurde 1804 zu Paris
geboren, hatte sich schon srüh einen Ruf als Marinemaler
gemacht und galt späterhin als einer der fruchtbarsten Ver-
treter der romantischen Schule. Von seinen Bildern sind die
bskanntesten: „Ceremonie in der Kirche von Delft im
16. Jahrhundert" und „Episode bei den Vermählungsfeier-
lichkeilen Heinrichs IV."

Ausgrabungen und Funde.

— Die Frcilegung der Sphinx macht unter Leitung des
Kustos am Ägyptischen Museum, Emil Brugsch Bey, große
Fortschritte., Schon ist die ganze Vorderseits dieses ältesten
Denkmals Agyptens bloßgelegt und man sieht die auf der
Felsburg ruhenden Tatzen und die schon früher bekannte Jn-
schrift auf der Brust. Ein Eingang ins Jnnere oder in den
unteren Felsen hat sich bis jetzt noch nicht finden lassen.
Die Tatzen und der größte Teil des Körpers erscheinsn mit
zugehauenen Bruchsteinen belegt, so daß der Fels nur zu
dsr rohen Form der Gestalt zugehauen wurde, die künstliche
Kruste aber der feineren Einzelhsiten der Bildhauerei ent-
behrt. Man ist noch im Zweisel darüber, welcher Art die
Umkrustung des Kopfes gewesen und ob er in der heutigen
Gestalt bereits ursprünglich bestanden. 150 Araber arbeiten
beständig an der Fortschaffung der Schuttmassen, in denen
die Sphinx jetzt noch tief vergraben erscheint. Der Schutt
wird aber auf dis anstoßende Ebene am Rande des Nilthales
geschüttet, so daß das ehrwürdige und geheimnisvolle Denk-
mal schließlich ganz frei aus dem alten Gräberfelde hervor-
ragen wird. (Köln. Ztg.)

Aunst- und Gewerbevereine.

8. Archäologische Gesellschaft in Berlin. März-Sitzung.
Der Vorsitzende begrüßte zunächst Herrn Heinrich Schlie-
mann, der als Gast anwesend war, und verkündigte als
neu eingetretene Mitglieder die Herren Petersen, Fabricius,
Grünwedel und Oehler. Zur Vorlage kamen u. a.: Ohlert,
Rätsel und Gesellschaftsspiele dsr Griechen; Academy (mit
einem Bericht über die Ausgrabungen von Naukratis);
Hestia (über die jüngsten Funds auf der Akropolis); Würt-
tembergische Visrteljahrsschrift. — Herr Hübner sprach im
Anschluß an dis vom General von Veith sverfaßte Schrift:
„Das römische Köln" über dis analoge und wahrscheinlich
gleichzeitige Änlage des Castrums der Legionen, der stehen-
den Rheinbrücke und des Brückenkopfes 'in Köln-Deutz und
in Mainz-Kastel. Er knüpfte daran den Wunsch, daß der
der Schrift bsigegebenen schönsn „Fundkarte römischer Alter-
tümer für Köln und Umgebung" eine monumentale Publikation
aller tektonischen, statuarischen und epigraphischen Denkmäler
des römischen Köln folgen möchte. — Herr Lessing fprach
übsr Textilfunde aus spätrömischer Zeit, welche sich im
königl. Kunstgewsrbemuseum befinden und von denen die
wichtigsten vorgelsgt wurden. Reste von Seidengeweben
haben sich in den Reliquienkästsn frühchristlicher Kirchen er-
haltsn; fie zeigen dis Typen spätrömischer Mosaikfüßböden:
Gladiatoren-, Wagen-, Tierkämpfe u. ä. Das meiste hier-
von stammt wohl aus Byzanz, einiges erinnert an Typen
aus Ravenna. Aus den Bruchstücken eines Stoffes hat sich
ein Zug von Nereiden rekonstruiren lassen. Funde aus ober-
ägyptischen Gräbern dss 5. bis 8. Jahrhunderts v. Chr, in
Baumwolle, Leinen und farbiger Wolle ausgeführt, zeigen
neben einer schwachen altägyptischen Tradition griechischen,
römischen und orientalischsn Einfluß, alles jedoch in provin-
zialer Umgestaltung. — Herr von Luschan führte zunächst
eine Reihe photographischer Aufnahmen von Statuen, Reliefs,
antiken Städten und Landschaften aus dem südlichen Klein-
asisn vor, darunter jenen künstlichen Felskanal, den Kaiser
Tiberius anlegts, um durch Ableitung eines Gebirgsbaches
den Hafen von Seleucia in Syrien vor weiterer Versandung
zu schützen. Jn A. von Warsbergs Buch: „Homerische Land-
j schaften" trägt dieser Kanal die Bezeichnung als Demöre-
 
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