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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Die Centenarfeier für König Ludwig I.
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587

Die Centenarfeier für Könil; Ludwig.

588

soll, bringt eines der meistgelesenen einflußreichen Mün-
chener Journale fvlgendes:

„Möge es einem ernsten Manne, von unbezweisel-
ter Treue, einem Bayern ohne Lug und Trug ge-
lingeu, bis vor das Antlitz Sr. Majestät zu dringen
und geneigtes Gehör zu finden, wenn er den Ernst
der Lage wahrheitsgetreu schildert und die ehrfurchts-
volle Bitte ausspricht:

Euere königliche Majestät!

Hocherregt ist die Stimmung des ganzen Landes und
getrübt die hoffnungsvolle Freudigkeit, mit welcher seit
Jahrhunderten das bayerische Volk zum Throne empor-
blickt.

Möge Euere Majestät die Ratschläge unberechtigter
Psrsonen zurückweisen und dis eigenen, wenn auch noch
so idealen, aber unerfüllbaren Wünsche zurückdrängen!

Mögs Euere Majestät den Vorstellungen berufener und
bswährter Räte der Krone die verdiente Beachtung schenken
und auf die Stimme Jhres treuen Volkes hören: — sie
ist Gottes Stimme!

Majestät! Kehren Sie zurück aus der Einsamkeit der
hehren Gebirgswelt in die Mitte Jhres treuen Volkes! Es
wird Sie mit Jubel empfangen.

Sprechen Sie nochmals die erhabenen Worte und
bekunden Sie durch Thaten Jhren sesten königlichen Willen:

„Jch will meinem teuersn Volks zeigen, daß
sein Vertrauen, seine Liebe, sein Wohl mir über
alles geht!"

Mir ist, als hörte ich dazu das Feuerwerk knallen,
das bei der Centenarseier fiir König Ludwig I. vor
der Bavaria draußeu losgebrannt werden und etwa
18000 Mark kosten soll. Doch zur Sache. Das Pro-
gramm, soweit es von jencn aufgestellt wurde, die da
zu regieren haben, besagt etwa folgendes:

Die Feier dauert drei Tage und wird sich aus
eiuem ernsten würdigen Beginn mit Vigilien, Festvor-
stellungen in den Theatern, Produktionen in den Kon-
zertsälen rc. (1. Tag, von nachmittags 3 Uhr an)
weiter entwickeln zu einer großartigen Ovation in der
Kirche St. Bonifaz am Grabe des hochverehrten, un-
vergeßlichen Königs und Mannes (2. Tag). Ganz
München, seine Gewerkschaften, seine Behörden, seine
Künstler und als oonckitio sins guu non auch die
Geistlichkeit der verschiedenen Konfessionen werden in
imposantem Zuge an der Ruhestätte des Verewigten
vorübergehen und dort die Zeichen ihrer Dankbarkeit
niederlegen. Kostümirte Gruppen werden für diesen
Akt ausgeschlossen, um ganz und gar den ernsten, wür-
digen Charakter der Ovation zu wahren. Eine Aus-
nahmc hiervon wird lediglich bei zwölf jungen Damen
gemacht, die in einem weißen Jdealkostüm zunächst
dem Grabe stehen, um die niedergelegten Zweige,
Blumen, Kränze zu ordnen. Die darauf projektirte
seierliche Messe auf dem Königsplatze (zwischen Pro-
pyläen, Glyptothek und Ausstellungsgebäude) fällt weg
und die kirchlichen Feierlichkeite» bleiben innerhalb

ihrer resp. Kultusmauern. Für dcn Nachmittag des-
selben Tages sodann ist ein Kinderfest im großartigsten
Maßstabe projektirt, das im Hofgarten sich abspielt.
Abends Zug der Münchener Sängervereine zu der
Ruhmeshalle auf der Theresienwiese. Losbrennung
eines Feuerwerkes, ähnlich jenem, wie es weiland zu
päpstlichen Zeiten am St. Peter- und Paulstage ab-
gebrannt wurde, eine Art von Girandola.

Den Glanzpunkt des Festes wird der dritte Tag
mit einem imposanten Festzug bilden.

Von der neuen königlichen Akademie aus, woselbst
die einzelnen Gruppen sich ordnen, geht der Zug am
Monumente König Ludwigs I. (Odeonsplatz) vorüber,
woselbst ein Huldigungsakt stattfindet. Der in 55
Gruppen angeordnete, von den tüchtigsten Müncheuer
Künstlern entworfene und geleitete Zug wird sich dann
mit all seiuer reichen Ausstattung an Wagen, auf
welchen die Thätigkeit der einzelnen Gewerke dargestellt
wird, durch die Straßen der Stadt bewegen. Die
Feldherrenhalle, welche bis jetzt von kriegerischen Er-
innerungen lange vergangener Zeiten in Form von
zwei Bronzefiguren zehrte, soll endlich an diesem Tage
den Grund zu einem monumentalen Denkmale cr-
halten, das ebenso sehr im Sinne ihres Erbauers als
des bayerischen Bolkes liegt; es soll hier eine Er-
innerung in großer künstlerischer Form geschaffen
wcrden, welche die Thaten des deutschen und niit ihm
des bayerischen Heeres in dem Feldzuge von 1870/71
fllr immer und jeglichem zurückrust. — Wie es mit der
nachher projektirten Grundsteinlegung des Kllnstler-
hauses aussieht, das wissen die Götter nnd vielleicht
einige, aber sehr wenige Sterbliche.

Ein schöner und großer Gedanke ist es, nach
diesen gewaltigen Festakten 3000 Arme zu speisen.
Nachher Bankett für Heimische und Fremde im alten
Rathaussaal, abends Beleuchtung der Stadt, Volksfest
im Hofgarten :c. rc.

Zu der Festfeier sind all jene Städte, welche zu
der Person König Ludwigs I. oder zu dessen künst-
lerischen Schöpfungen in irgend welcher Beziehung
stehen und standen, gebeten, Vertreter zu senden. Da-
hin gehören vor allem die bayerischeu Kreishaupt-
städte; dann im weiteren die Städte: Straßburg (Ge-
burtsort des Königs), Heidelberg, Mannheim, Darm-
stadt, Salzburg, Rom, Köln und Berlin, und hat unter
diesen zur Stunde die Reichshauptstadt bereits die Ent-
sendung von Abgeordneten zugesichert.

Die Kosten der ganzen Feier werdcn außer einem
bereits zugesicherten Zuschussc seitens des Biagistrates
im Betrage von 25000 Mk. auf etwa 100000 Mk.
veranschlagt und soll durch freiwillige Beiträge eine
Erhöhung des bereits vorhandenen Grundstockes statt-
sinden.
 
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