Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

DOI Artikel:
Die 25. Ausstellung des Kunstvereins zu Bremen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0308

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
603

Die 25. Ausstellung des Kunstvereins zu Bremen.

604

wegen des Umbaues ihrer Kunsthalle keine Ausstellung
hält, vielmehr beschlossen hat, sie von jetzt an in den
Jahren ungerader Zahl zu halten.

Wenn es mir gestattet ist, aus dieser Reihe vor-
zugsweise die neueren, durch andere Ausstellungen noch
weniger bekannten, lobenswerten Schöpfungen hervor-
zuheben, so nenne ich zunächst aus dem Genrefache das
Bild „Vor verschlossener Thiir" von dem bejahrten
Nndolf Jordan, der hier noch inimer seine alte Tiefe
des Gefühls und Feinheit der Ausführung verrät.
Jhm in der Darstellung der Strandbewohner ver-
wandt sind Fagerlin, der im „Heiratsantrag" wahr-
scheinlich ohne Absicht den bei ihm beliebten, aber hier
wegen seiner symbolischen Bedeutung etwas gefährlichen
Korb angebracht hat, und der noch jugendliche Otto
Kirb erg, der uns mit drei Bildern bedacht hat, unter
denen das „Nordholländische Tanzvergnügen" das be-
dentcndste ist. Zn ihnen gesellen sich dann noch, eben-
falls aus Düsseldorf, der gewöhnlich in Mönchsklöstern
sich bewegende Stoltenberg-Lerche, Karl Mücke
(„Trost"), Julius Geertz („Fidele Nachsttzung"),
Schuback („Das alte Pärchen"), Leinweber („Der
erste Auerhahn") und eine schon etwas ältere, in den
einzelnen Figuren nicht recht verständliche „Fatale
Situation" von Bokelmann, die trotz ihrer Größe
und ihrcs Figurenreichtums sciner bekannten „Testa-
mentseröffnung" u. a. um vieles nachsteht. Endlich
noch aus dem Fach der Historie eine in geistiger Auf-
fassung und in der Härte des Kolorits ziemlich uner-
guickliche „Berufung des Petrus und Andreas zu
Aposteln" von dem uns bisher unbekannten Düffeldorfer
Hugo Barthelme.

Mit einem solchen, aber noch viel mißlungeneren
Historienbilde habe ich auch die Reihe der Münchener
zu eröffnen. Jch meine das in lebensgroßen Figuren
austretende Bild von Maximilian Baer „Martin Be-
haim erklärt den ersten Globus in Nürnberg, 1495"
(richtiger 1492), das im AuSdruck der beiden Haupt-
figuren völlig nichtssagend und im Kolorit des Ge-
sichts und der Hände widerwärtig ist. Jhm gegen-
über standen im Genre als erfreuliche Erscheinungen
von Köckert die in ihrer hellen Mittagsbeleuchtung
sehr gelungene „Einsegnung zum Begräbnis in Ober-
bayern", von Eberle das meisterhaft charaklerisirte
„Ganz bei der Sache", das wir seinem anderen Bilde
„Aus Besnch" entschieden vorziehen, vvnLouis v. Hagn
cine mit Gcschick kvmponirte und belenchtete „Grün-
donnerstagsprozession in einer römischen Basilika", von
Paul Böhm einige seiner bekannten landschaftlichen
Scenen aus dem ungarischen Bolksleben, mehrere
hübsche Kabinettßstücke von Anton Seitz, Hugo
Kaufsmann und Kowalski, kleine Brocken von
Defregger und Gabriel Max und als bedeutendstes

die bereits genannte „Banernkomödie".von Grützner,
deren Jnhalt zwar höchst ergötzlich und reich an heite-
ren Motiven, doch der feinen Charakteristik entbehrt,
wie sie des Meisters bekannten Bildern aus der heiteren
Seite des Mönchslebens eigen ist.

Auch in der Landschaft und den ihr verwandten
Fächern kann ich mich fast ganz auf die am reichsten
vertretenen Düffeldorfer und Mllnchener beschränken.
Unter den Malern der Hochgebirge waren unbedingt ani
glänzendsten Aug. Becker mit dem „Norwegischen
Fjord in Abendbeleuchtung" und dem „Kaisergebirge
in Tirol", sowie, wenn man diesen ehemaligen Schüler
Schirmers noch zu den Düffeldorfern zählen darf, der
Graf von Kalckreuth vertreten, deffen „Blümlisalp"
zu unserer Freude bewies, daß er noch immer mit
jugendlicher Kraft nnd Frische thätig ist. Zn ihnen
gesellen sich in diesem Zweige der Landschaft die künst-
lerisch ebenfalls noch rüstigen Lindlar, Duntze und
Steinicke, sowie die jüngeren Jungheim und Nor-
man und unter den Münchenern der fast allzu stark
vertretene verstorbene Zwengauer, dessen zwei ihn
von der feinsten Seite charakterisirende Bilder „Abend
im Moor" und „Morgen bei Planegg" der Groß-
herzog von Oldenburg erwarb, der noch lebende
Wex und, wenn ich ihn wegen seines jetzigen Aufent-
halts hierher zählen darf, Wilh. Riefstahl, dessen
oft besprochene „Glaubensboten in den rätischen Alpen"
auch hier großen Beifall fanden; endlich aus Berlin
O. v. Kame'cke („Zugspitze"). Aus der weit größeren
Zahl der Waldlandschaften, die natürlich dem oben
erwähnten großen Meisterwerke A. Achenbachs um
vieles nachstehen, will ich nur an die Bilder von
Keßler, Fahrbach, Ebel und Ludw. Willroider,
an Frische's Harzlandschaften, an RuthS' „Wald-
guelle", an Försterlings „Herbstwald", Karl Lud-
wigs „Kastanienwald im Tessinthale" und „Sonnen-
untergang im Gebirge", sowie an Schuchs treffliche,
bekanntlich stets etwas trübe gestimmte landschastliche
Darstellungen aus dem Kultur- und Kriegsleben des
16. und 17. Jahrhunderts erinnern. Ebenso viel Aus-
sehen, aber weniger Beifall wurde der neuen, großen
„Waffermühle mit Weiden und Biehstaffage" von
Hennings zuteil, die in ihrem weißlich hellen
Licht als Beleuchtungsexperiment von greller Wirkung
kein besonderes Glück machte. Nicht unerwähnt lassen
darf ich auch unter den flachen Landschaften, den
Strand-, See- und Mondbildern, die herrlichen, großen
Schöpfungen von Gude „Küste von Lister im süd-
lichen Norwegen", von Öder das „Motiv von der
Insel Walcheren", von Dllcker das „Motiv von den
Dllnen der Jnsel Sylt" und die ebenfalls noch lobens-
werten Leistungen von Jrmer, Jacobsen und
Nvrdgreni unter den Tierbildern die trefflichen Jagd-
 
Annotationen