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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Die Schweizerische Kunstausstellung
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0310

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Kunstlitteratur. — Kunstunterricht und Kunstpflege. — Ausgrabungen und Funde.

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züglicher Technik und anmutigem Gegenstand. An-
sprechend und säuberlich durchgearbeitet ist Viktor
Toblers „Kleine Neckerei". Noch manch freundliches
Genrebild wäre zn verzeichnen, wenn es der Raum
gestatten würde. Koller erfreut uns wieder mit drei
trefflichen Tier- und Landschaftsbildern: „Viehherde
am See", „Jm Spätsommer" und „Morgen am
See". Höchst anziehende Schöpsungen bietet uns
Potter mit seinen Sumpflandschaften. Die an sich
unschöne Gegend wird durch Stimmung, Behandlung,
vor allem durch Beleuchtung ungemein fesselnd. P. von
Ravensteins „Kapelle in Cortina dÄmpezzo" ist eine
entschieden hervorragende Leistung in Zeichnung,
Staffage und Beleuchtung. Castan, Veillon,
Stephan, C. Schmidt, F. Bocion, P. Röth,
Chr. Mali, Rüdisühli liefern erfreuliche ueue Be-
weise ihres Talentes. Or. P. Gampert, der erst seit
drei Jahren definitiv unter die Maler gegangen ist
— er war früher Arzt, — giebt uns die Bcstätigung,
daß er wohlgethan, noch im Mannesalter umzusatteln
und eine Liebhaberei zu einem neuen Lebensberuse ge-
macht zu haben. Die drei Jahre Münchener Schule
haben Gampert sehr gesördert, auch der Erfvlg seiner
Bilder bewies dies. Alle drei haben sofort Käufer
gefunden. Sie erinnern an alte Niederländer und sind
ungemein fein empfunden und gestimmt. I. Rene-
viers „Spätherbst", M. Romans „Motiv bei Peru-
gia", L. Skells „Tölz mit der Benediktenwand" ver-
sagen wir nicht die Anerkcnnung. — Von Skulpturen
erwähnen wir nur Kisslings allerliebste „Jugend-
liche Npmphe" als das hervorragendste Werk auf diesem
Gebiete. 6. 1t.

Aunstlitteratur.

bt. V. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Pr.-
Stargard. Das sosben unter diesem Titel erschienene, von
dem Regierungsbaumeister Heise hsrausgegebene 3. Heft
der Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Westpreußen
(100 Seiten und 15 Kunstbeilagen) bringt noch reicheres
Material als die beiden srsten Lieferungen. Unter den
17 besprochenen Ortschaften beanspruchen Dirschau und das
alte Klostsr Pelplin (noch heute Bischofssitz) besonderes
Jnteresse. Jn Dirschau sind nur einige Kirchengeräte, ein
gotischer Kelch nnd ein gotisches Reliquienkreuz erwähnens-
wert, während indessen in Pelplin auch eine seltene Menge
bedeutender Schätze vorhanden ist, die für die gesamte Kunst-
entwickelung des deutschen Nordostens von Wichtigkeit sind.
Zwei gotische Chorgestühle, nur von den stilreineren in
Thorn übsrtroffen, werden fast in den Schatten gestsllt von
einem Renaissancegestühl ldatirt 1622) aus der Zeit des
Abtes Rembowski, das schönste derartige Stück in der Pro-
vinz und wohl mit eins der größten Meisterwerke dsutscher
Holzskulpinr überhaupt. Wir erwähnen kurz der ebenfalls
durch tresfliche Kunstbeilagen reproduzirten Kaseln, des
Marienaltars sowie eines formschönen Messingstandleuchters.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen noch zwei Wandgemälde
aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, die Kreuzigung Christi
und die Fußwaschung darstellend.

* Jn der Sammlung der vÄdbre« (Paris,

Rouam) ist soeben eine schön illustrirte kurze Charakteristik
des Phidias und seiner Kunst erschienen, auf welche wir die

Leser, als auf eine der besten der bisher erschienenen Ab-
handlungen dieses wiederholt von uns empfohlenen Sammel-
werkes, besonders aufmerksam machen wollen. Der Verfasser
dss kleinen Buches, Herr Maxime Collignon, supplirender
Professor an der i?uoultö äes llsttros in Paris, bringt zu
einer umfassenden und gründlichen Kenntnis der Denkmäler
und der archäologischen Litteratur (namentlich auch der dsut-
schen) die bssten schriftstellerischen Q-ualitäten mit, welche er-
sorderlich sind, um den Gegenstand angemessen und zugleich
ansprechend zu behandeln. Die Darstellung zerfällt in fünf
Kapitel, von denen das erste den Anfängen und Jugend-
arbeiten des Künstlers, das zweite bis vierte dem Gipfel-
punkte seines Schaffens in Athen, vornehmlich den Par-
thenonskulpturen, das sünfte endlich der Thätigkeit in Olympia
gewidmet ist. Eins kurze Bibliographie bildet den Schluß.
Jn der kritischen Analyse der Werke thut es uns vor allem
wohl, stets Ler wahrhaft künstlerischen Auffassung zu begegnen,
welche sich über den Standpunkt des pedantischen Realphilo-
logen erhebt und niemals vergißt, daß es für den Genius
kein Programm, keins sklavische Fessel giebt, sondern daß er
aus Leben und Dichtung frei ein Eigenes gestaltet. Den Ab-
bildungen scheinen durchweg Photographien zu Grunde zu
liegen. Aber die Zeichner und Holzschneider habsn daraus
etwas zu machen gewußt, was uns die Schattenseiten des
Lichtbildes vergessen läßt. So gewinnen wir den Eindruck
eines des großen Gegenstandes durchaus würdigen Ganzen.

Aunstunterricht und Aunstpflege.

Der Konservirung der Kunstdenkmäler widmet der
preußische Kultusminister v. Goßler nach wie vor seine be-
sondere Aufmerksamkeit. Nachdem unlängst eine Verfügung
ergangen war, welche darauf abzielt, daß etwaige Nach-
grabungen auf fiskalischem Boden in sachverständiger Weise
stattfinden und der Verschleppung von Kunstgegenständen ge-
steuert wird, sind jetzt die Oberpräsidenten angewiesen
wordsn, die sich für Denkmalpflege interessirenden Anstalten,
Gesellschaften und Vereine auf die in Wien als Buch er-
schienene stenographische Aufnahme der im November 1885
von der österreichischen Centralkommission für kunsthistorische
Denkmale abgehaltenen dritten Konssrvatoren- uno Korre-
spondenienkonferenz aufmerksam zu machen. Die Verhand-
lungen der letzteren erstreckten sich über eine ganze Reihe für
die Denkmalspflsge wichtiger Punkte, so z. B. wie für die
Erhaltung der Renaissance- und Barockgegenstände, sowie der
Wandmalsreien in den Kirchen, merkwürdiger Urkunden in
den städtischen Archiven, für richtige Ausführung von Re-
staurationsarbeiten, für Unterweisung der jungen Theologen
in kirchlichsr Kunst zu sorgeN ist.

Ausgrabungen und Funde.

L. D. Athen. Seit kurzem ist im hiesigen Central-
mussum die vor mehreren Jahren aus Melos gefundene
Kolossalstatue des Poseidon, eine esfektvolle Arbeit der helle-
nistischen Kunst, aufgestellt. Von fast vollkommener Er-
haltung, stellt sie den Gott, an dessen Seite sich ein Delphin
befindet, dar, wie er, nach rechts vorwärtsschreitend, den
Kopf und dsn machtvollen entblößten Oberkörpsr halb nach
der anderen Seite gewandt, mit der erhobenen Rechten offen-
bar den Dreizack zu schleudern im Begriffe ist; die linke
Hand hält an der Hüfte das Gewand, das auf der linken
Schulter leicht aufliegt, zusammen. Das Ganze ist in
mshreren Stücksn gearbeitet. — Dasselbe Museum hat übri-
gens im letzten Winter sine Reihe sehr wichtiger Be-
reicherungen, zum Teil durch Bildwerks, deren Besichtigung
früher weite und schwierige Reisen ersorderlich machte, er-
sahren. So sind aus Mykonos die hochaltertümliche weibliche
Flügelfigur samt der Basis smit der Künstlerinschrift des
Archermos und Mikkiades, die Statue mit der Weihinschrist
der Nikandre, der dem borghesischen Fechter so nahe ver-
wandte gesunksne Krieger des anderen Agasias, nebst
anderen hervorragenden Fundstücken der delischen Aus-
grabungen hierher gelangt, aus Kiali die zwei Jünglings-
köpfe und der Eberkopf vomj Giebel des Skopas in Tegea,
von welch ersteren der eine, erst hier aus den zwei früher
getrennt verwahrten Stücken zusammengesetzt, soeben von
 
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