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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Die Neugestaltung der athenischen Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0380

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Die Neugestaltung der athenischen Museen,

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lung vereinigt aufzustellen. Eine Menge geringer
Fragmente, die schon wegen der fast durchgängigen
Zerstörung auch kaum je ein fachmännisches Jnteresse
wachrufen dürften, sind in die Jnvalidenhäuschen hinab-
geschafft worden, wo sie etwaigem Studium immer-
hin zugänglich bleiben; dafür wurde wieder dem Mu-
seum einverleibt, was von den an den genannten
Orten untergebrachten Stücken aus Pinakothek und
Propyläen irgendwie von Wert erschien. Von dem
sonach im Akropolismuseum verbleibenden Bestande hat
im wesentlichen nur der des dritten und vierten Saales,
also die Parthenonskulpturen, die alte Stelle behalten.
Eine dankenswerte Neuerung ist indessen auch hier zu
verzeichnen, nämlich die Anbringung der Michaelisschen
Tafeln an den Wänden, die Zeichnungen des Frieses
um die vier Seiten eines in der Mitte von Saal III
befindlichen Gestelles umlaufend. Der hauptsächlichste
Jnhalt der übrigen Räume ist folgender. Jn der Ein-
gangshalle sind bisher die Basen Sybel, Nr. 6149,
6152, 6154, ferner die vor einigen Jahren bei den
Ausgrabungen an den Propyläen gefundene Apobaten-
basis, der Sessel Sybel Nr. 6153, sowie der kürzlich
zusammengesetzte Kopf und Torso eines Lysippischen
Sandalenbinders neu aufgestellt worden. Der erste
Saal (rechts) enthält nebjtu einer für das größere
Publikum bestimmten Auswähl besser erhaltener Reliefs
(darunter die zusammengesetzte Atarbosbasis Sybel,
Nr. 6151 und das südlich an den Propyläen gefundene
große Relief Sybel Nr. 6616) auf Postamenten die
zwei Jünglingstorsen Sybel Nr. 5101 und 5103 (letz-
teren mit aufgesetztem Kopf) und soll außerdem noch
eine Auswahl guterhaltener Köpfe aufnehmen. Jn
Saal II sind die Stücke der Nikebalustrade, die Fries-
reliefs vom Erechtheion, Fragmente vom Parthenon rc.
untergebracht. Wohl am überraschendsten präsentirt
sich der Mittelsaal V, in welchem die hervorragendsten
archaischen Fundstücke der beiden letzten Ausgrabungen
(auch der Kalbträger Sybel Nr. 5005) zu einem äußerst
wirkungsvollen Ganzen vereinigt sind, das seinesgleichen
nirgendwo sindet. Die polychromen Skulpturen, deren
einige man durch ein Fixativ zu schützen gesucht hat,
stehen unter Glas, außerdem verhindern Vorhänge den
Zutritt allzu grellen Lichtes. Der an den Vorsaal
links sich anschließende Saal (X) enthält an den
Wänden die zwei archaischen Porosgiebel mit Herakles-
thaten, als Giebel zusammengestellt, das Relief der
wagenbesteigenden Frau (Sybel Nr. 5039) zusammen
mit den Fragmenten Sybel Nr. 6040, 5042, so wie
in der Mitte die Viergötterbasis Sybel Nr. 5010,
und soll noch durch andere archaische Reliefs bereichert
werden. Jn die anstoßenden drei Säle sind die übri-
gen archaischen Bildwerke verteilt, so die zwei Sitz-
statuen der Athena Sybel Nr. 5001, 5002, die Frag-

mente mehrerer Reiterstatuen, die soeber
Mitteilungen des archäologischen Jnstituts XI zur
Publikation gelangenden Stücke einer Gigantomachie,
ferner die zum Teil bemalten, mit Weih- »nd Künstler-
inschriften versehenen Säulenkapitäle und Statuenbasen
der letzten Ausgrabungen rc. Studienzwecken ist end-
lich der dem Mittelsaal zunächst gelegene Saal VI ge-
widmet, welcher, vorläufig in einfacher Aneinander-
reihung, wenn auch möglichst nach Gruppen geordnet,
den Rest der statuarischen Fragmente, Köpfe, Urkunden-
und Votivreliefs, sowie eine Auswahl architektonischer
Stücke enthält; die Einrichtung eines eigenen architek-
tonischen Museums ist ins Auge gefaßt. Jn die ein-
zelnen Säle verteilt sollen die Glasschränke mit den
verschiedenen kleineren Objekten werden, zu welchen
übrigens als ein besonders wertvoller Zuwachs die
bisher in einem verschlossenen Raume ausbewahrten
und wohl auch Archäologen vielfach noch unbekannten
Vasen- und Pinakesfragmente, Terrakotten, Bronzen,
unter denen sich einige köstliche Stücke befinden, treten
werden. Die Reservirung einer Werkstätte im 3n-
validenhofe für die Zusammensetznngs- und Her-
richtungsarbeiten ist in Aussicht genommen; wünschens-
wert wäre auch die Errichtung einer für zeichnerische
und wissenschaftliche Aufnahmen geeigneten Räumlich-
keit. Erwähnt muß noch werden, daß seit Beginn
dieses Jahres für die öffentlichen Sammlungen eine
feste Besuchsordnung besteht, welche für das Akropolis-
museum eine ausreichende Vermehrung, für das Central-
museum allerdings eine kleine Verminderung der bis-
herigen Besuchsstundeu brachte, und es steht zu hoffen,
daß nach Vollendung der Jnstallirungsarbeiten gelegent-
liche Nichteinhaltungen derselben, wie sie bisher sich
bisweilen ereigneten, nicht mehr vorkommen werden.
Für diesen Zeitpunkt ist auch der Wegfall der neu
eingerichteten Zahltage geplant, die bei der geringen
Gebühr nicht unzweckmäßig waren, vielleicht aber die
Kosten des damit verbundenen Apparates nicht deckten.

Unmittelbar nach Beendigung dieser Neuaufstellung
sollen aber auch die durch die Funde auf der Akropolis
unterbrochenen Arbeiten im Centralmuseum wieder
aufgenommen werden. Hier war bereits die Herrichtung
von Postamenten und Gestellen, die Zusammensügung
und Aufstellung einiger der zahlreichen bisher am
Boden liegenden Statuen — darunter des Apollon
anf dem Omphalos Sybel Nr. 291, wclcher, im ersten
Saale neben dem getrennten Omphalos aufgerichtet,
jetzt erst zu voller Wirkung kommt, — sowie mehr-
fach die Aufsetzung von Fragmenten auf Gipsfüße be-
gonnen, anderes vorläufig auf dem Boden hingelegt
worden, ein Übergangszustand, welcher sich wegen der
plötzlichen Konzentration der vorhandenen Kräfte auf
das Akropolismuseum bis jetzt erhalten hat. Es wird
 
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