Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Hrsg.]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1913

DOI Heft:
Nr. 1/2
DOI Artikel:
Loewy, Emanuel: Stein und Erz in der statuarischen Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51383#0009
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stein und Erz
in der statuarischen Kunst
Von Emanuel Löwy.
L
Unter den das Kunstwerk bedingenden Faktoren nicht der
geringste ist das von dem Künstler verwendete Material, der un-
mittelbare Empfänger und Vollstrecker seines Willens, Ist es das
aber immer rein und widerspruchslos? Oder sehen wir nicht viel-
mehr häufig es selber die Führung übernehmen, dem Künstler sei-
nen Willen hier mit Gewalt, dort mit schmeichelnder Verlockung
aufdrängen? So wurde in der Tat für die Kunstgeschichte das
Material vom Objekt zum Subjekt; die Mitarbeiterschaft des Ma-
terials an dem Zustandekommen dessen, was man den Stil eines
Kunstwerks nennt, ist ihr ein Dogma, Stein und Erz in diesem Sinn
geradezu Gegensätze geworden. Theorien wurden auf die Eigen-
schaften des Materials gegründet, deren spekulative Folgerichtigkeit
es nicht selten übersehen ließ, die Tatsachen unbefangen um ihre
Zustimmung zu befragen.
Eine dieser Theorien scheint allerdings ihre lange unbestrittene
Herrschaft allmählich einzubüßen. Wir wissen, daß in der ältesten
Zeit der griechischen Kunst die Statuen vielfach aus Holz geschnitzt
waren. Und wir besitzen eine Anzahl altertümlicher Figuren in
Stein, die merkwürdig sei es brettartig glatt, sei es vierseitig zu-
gehauen oder wie Baumstämme rund sind. So hat man gefolgert,
daß dies eben Nachwirkungen der vor angegangenen Bildung in
Holz seien. Bei der ersten Bearbeitung des Holzes war der
Künstler noch von der Struktur des Materiales ganz beherrscht, so
daß die Bilder nur mehr oder weniger wie behauene, gehobelte oder
sonst regelmäßig zugerichtete Balken oder Bretter ausgesehen
haben. Diese ersten, wie unvollkommen immer gelungenen Ver-
suche beherrschten die Kunst, bildeten einen Stil, und so zähe be-
 
Annotationen