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Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Editor]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1913

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Nr. 1/2
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Tietze, Hans: [Rezension von: Karl Birch-Hirschfeld, Die Lehre von der Malerei im Cinquecento]
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https://doi.org/10.11588/diglit.51383#0078
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66

Karl Birch-Hirschfeld, Die Lehre von der
Malerei im Cinquecento, Rom, F, Frank u. Co,, 1912,
Dieses Buch bedeutet eine wirkliche und wesentliche Be-
reicherung unserer Literatur, Der Verfasser hat es unternommen,
die Malereitheorie des Cinquecento in übersichtlicher Weise dar-
zustellen und zu diesem Zwecke die zahlreichen kunsttheoretischen
Traktate von der Mitte des XVI, bis zu der des XVII, Jahrhunderts
durchgearbeitet. Das aus diesem Wust wenig erquicklichen Schrift-
tums Gewonnene ließ sich leicht nach den wesentlichen Kategorien
ordnen, weil sich in diesen Schriften der gleiche Gedankengehalt und
Gedankengang mit spärlichen Varianten wiederholt, so daß sich
die Hauptpunkte wie von selbst ergeben; diese stete Wiederholung
und Abwandlung weniger Ideen ist es eben, die die Lektüre dieser
Literatur zu einer so überaus langweiligen und reizlosen Beschäfti-
gung macht und von ihr abschreckt. Infolgedessen sind die theoreti-
schen Ansichten des Cinquecento erst jetzt wirklich zugänglich, seit-
dem der Verfasser sie geordnet und kondensiert hat; erst jetzt kann
auch ihre Wichtigkeit für die Kunsterkenntnis jener Periode wirk-
lich gewürdigt werden. Denn es ist naheliegend, daß die kunsttheo-
retischen Ansichten im Allgemeinen für das künstlerische Bedürf-
nis ihrer Zeit Zeugnis ablegen müssen, und daß namentlich in einer
so sehr rationalistisch orientierten Kultur, wie es die der Renais-
sance von Anfang an war und mehr und mehr wurde, die Lehre
von der Malerei die Praxis der Kunst in mehr oder weniger deut-
licher Weise illustrieren wird.
Dieser Parallelismus besteht aber nicht in einer völligen
Gleichartigkeit der Entwicklung in beiden Medien, sondern — wie
wir das auch sonst bei Vergleichung analoger Vorgänge auf ver-
schiedenen geistigen Gebieten beobachten können — es handelt sich
um eine allgemeine gleiche Richtung, durch die die zahlreichen
Verbindungen und Bezüge zwischen den beiden im Wesentlichen
immanenten Entwicklungen der in Analogie gesetzten Sondergebiete
möglich werden. Wie in der Kunst, so liegt auch in der Kunstlehre
nicht eine abstrakte Entwicklung vor, sondern der Vorgang löst sich
in eine Reihe konkreter Umstände, individueller Verhältnisse und
Wirkungen auf; und da diese Umstände trotz der prinzipiellen
Gleichrichtung in der Kunsttheorie andere sein müssen wie in der
gleichzeitigen Kunstübung, so ergeben sich daraus Widersprüche,
ein Unzeitgemäßes, das der Verfasser neben der allgemeinen Ueber-
einstimmung vorzüglich erkannt hat.
 
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