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Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Editor]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1913

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Nr. 1/2
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Tietze, Hans: [Rezension von: Karl Birch-Hirschfeld, Die Lehre von der Malerei im Cinquecento]
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Pollak, Oskar: [Rezension von: Waldemar Hiersche, Pellegrino de'Pellegrinials Architekt]
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https://doi.org/10.11588/diglit.51383#0080
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68

gespreizten Stellungen und verrenkten Bewegungen, die Stilisierung
und Entmaterialisierung der Gewänder, das Künstliche der Beleuch-
tung, das Disharmonische der Farbengebung, das Marionettenhafte
der Kompositionen, all das, was wir von anderen Voraussetzungen
herkommend als Verfallserscheinungen abzuurteilen pflegten, er-
hält einen neuen Sinn, wenn wir es als notwendige Bestandteile
einer einheitlichen und konsequent idealistischen Kunstauffassung
begreifen; eine Auffassung, die wohl eine Nachahmung der Natur
fordert, aber nicht in ihren Erzeugnissen, sondern in ihrer frei
waltenden schöpferischen Kraft. Und wie so häufig historisches
Verstehen und ästhetische Reaktionsfähigkeit einander fördern
und in die Hände arbeiten, so läßt sich auch bei dem übel be-
leumundeten Manierismus wahrnehmen, wie beide Seiten des Ver-
ständnisses einander ergänzen; denn die Pontormo und Bronzino
und Rosso, all die bestgehaßten Vertreter einer vermeintlichen
absoluten künstlerischen Impotenz, beginnen nun auch in ihren
Werken eine neue, ungeahnte Kraft und Schönheit zu gewinnen
und für eine höchst eigenartige und außerordentlich raffinierte
Kunst zu zeugen, die — gleich dem Klassizismus am Anfang des
19. Jahrhunderts — in ihrem aristokratischen Wesen und gesteiger-
ten Idealismus den Keim der stärksten Unpopularität notwendig
in sich tragen mußte.
Hans T i e t z e.

Waldemar Hiersche, Pellegrino de' Pelle-
grini als Architekt. Parchim i. M., 1913, pp. VIII, 52 Fig.
im Texte (Zeichn.), 24 Abb. auf 12 Tafeln.
Nach einer Darstellung des Lebenslaufes des (als Maler unter
dem Namen Pellegrino Tibaldi bekannten) Künstlers, einer kurzen
Darlegung seiner Stellung in der Geschichte der Baukunst und einer
Notiz über „Bauherren, Baumaterial, Besoldung" werden im Haupt-
teile des Buches seine Bauten in Bologna, Pavia, Mailand, Novara,
Gravedona, Canobbio, Monza und in anderen Orten Oberitaliens in
möglichst chronologischer Reihenfolge besprochen. Dieser Haupt-
teil ist als Materialsammlung von Wert; der Autor hat die zahl-
reichen, oft in entlegenen Orten zerstreuten Bauten aufgesucht und
war als Architekt in der günstigen Lage, sie selbst aufnehmen zu
können. Diese dem Buche beigegebenen Grundrisse, Aufrisse und
 
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