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Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Hrsg.]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1913

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Nr. 1/2
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Pollak, Oskar: [Rezension von: Waldemar Hiersche, Pellegrino de'Pellegrinials Architekt]
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https://doi.org/10.11588/diglit.51383#0081
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Schnitte sind auch das Beste daran; in solcher Ausführlichkeit ist
noch das Werk keines anderen Barockarchitekten auf genommen
worden. Leider sind die dem Buche angehängten Klischeetafeln
ebenso schlecht photographiert, als sie reproduziert wurden. Immer-
hin kann man sich aus dem gezeichneten und photographierten Ma-
terial ein entsprechendes Bild von der künstlerischen Persönlichkeit
des Architekten bilden.
Da muß man nun gleich die Frage stellen: verdient diese Per-
sönlichkeit eine monographische Behandlung in dieser Breite und
Ausführlichkeit? Liegt in der Tatsache, daß man sie zum Ziel-
punkte so eingehender Studien macht, nicht schon eine Verschiebung
a priori? Es steht doch wohl fest, daß man nur dann einen Künstler
monographisch behandeln sollte, wenn er so bedeutend ist, daß er
in den allgemeinen Zeitstil nicht ganz eingeht, wenn er über seine
Bedeutung als Entwicklungsfaktor hinaus noch Interesse zu er-
wecken vermag. Das scheint eine der primitivsten Forderungen
wissenschaftlicher Oekonomie, Schlimmer und gefährlicher wird die
Lage aber, wenn man einen Künstler „aus zweiter Hand“ heraus-
greift und eine Monographie über ihn verfaßt, bevor man von seinen
entwickelungsgeschichtlichen Prämissen etwas weiß, Im allgemeinen
ist das ja auch noch nicht allzuhäufig geschehen; wem wäre es ein-
gefallen, ein Buch über Giulio Romano zu schreiben, bevor man über
Raffael und Michelangelo zur Genüge orientiert war, oder etwa
über Boi, bevor das Thema Rembrandt in den Grundzügen erledigt
war? Ein solcher krasser Fall eines unmethodischen Heraus-
greifens einer Persönlichkeit, die rein lokalhistorisches Interesse
hat und die mit dem Verständnis anderer Persönlichkeiten steht und
fällt, die allgemeines Interesse haben, aber bisher unbekannte
Größen sind, liegt in dem Buche über Pellegrini vor. Freilich trifft
die Schuld nicht den Autor allein. Schon in Gurlitt’s Geschichte des
Barockstils in Italien — jener als Sammlung bewunderungswürdigen,
leider mit so wenig historischem Sinn und Verständnis disponierten
Materialkompilation — war diesem Künstler eine Stelle in der
Entwickelung der Baukunst angewiesen, die ihm keineswegs zu-
kommt; er wurde geradezu in den Mittelpunkt der Entwickelung der
frühen oberitalienischen Barockarchitekten gestellt, Und Gurlitt
war es auch ,der dem Doktoranden Hiersche das „Problem“ Pelle-
grini als Dissertationsthema gestellt hat.
Wer die oberitalienische Architektur der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts studiert, stößt überall, von Bologna bis Mailand
 
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