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Universität Wien / Institut für Österreichische Geschichtsforschung [Hrsg.]
Kunstgeschichtliche Anzeigen — 1913

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Nr. 1/2
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Pollak, Oskar: [Rezension von: Waldemar Hiersche, Pellegrino de'Pellegrinials Architekt]
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https://doi.org/10.11588/diglit.51383#0082
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und von Mailand bis Genua auf eine starke und überragende Per-
sönlichkeit, die in außergewöhnlich starkem Maße in diesen Gegen-
den befruchtend und richtunggebend gewirkt hat: auf Galeazzo
Alessi. Neben Michelangelo, der in Mittelitalien unbeschränkt
herrschte und neben Palladio, der dem östlichen Oberitalien den
Stempel seiner Kunst auf drückte, ist Alessi der dritte Faktor, der
bei einer wissenschaftlichen Betrachtung der ersten Phase des
italienischen Barockstils in Rechnung gestellt werden muß. Während
man Michelangelos und Palladios Bedeutung und Tätigkeit
wenigstens in den Umrissen seit langem erkannt und bestimmt hat,
ist die Tätigkeit Alessis für uns heute noch eine Reihe von un-
gelösten Fragen. Bei seinen wichtigsten Bauten gibt es nur Ver-
mutungen oft recht zweifelhafter Art über den Grad seiner Betei-
ligung, über die Datierung dieser Bauten usw. Wollte man aus der
großen Reihe oberitalienischer Architekten, die in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts wirkten, einen Künstler monographisch
herausgreifen, so durfte die Wahl auf keinen anderen fallen, als auf
den Peruginer Meister, der für Bologna, Mailand und Genua der
„Mann des Schicksals“ gewesen war, und dessen Einfluß sogar bis
nach Rom reichte, wo man bei einem so wichtigen Baue wie der
Gesüfassade einen Entwurf von ihm verlangte. Und man durfte
nicht Pellegrini wählen, der durch und durch von Alessi abhängig
ist, und dessen einzige „Neuerung“ darin bestand, daß er, von seiner
Ausbildung als Maler her, der Kunst des großen Florentiners
Michelangelo näherstehend, auch dessen architektonische Prin-
zipien mit den so ganz anders gearteten des Alessi zu verschmelzen
suchte. So entstanden Bauten, die eine peinliche Zwitterstellung
einnehmen, Bauten, die in der Unoriginalität des Baugedankens, in
der Unausgegorenheit des Details zu den wenigst interessanten
Oberitaliens gehören.
H. hat in seinem zweiten Kapitel, „Pellegrinis Stellung in der
Geschichte der Baukunst“, die künstlerische Unselbständigkeit des
Pellegrini geahnt, indem er ihn direkt Von Vignola abzuleiten ver-
sucht und zugibt, daß man „hier ein Stück Alessi, dort ein Stück
Ammanati“ findet und daß auch „der Verkehr und die Nähe des
Leone Leoni nicht spurlos an ihm vorübergegangen“ ist, (S. 19.)
Nichtsdestoweniger behauptet er in einem Atem, daß „seine Wirk-
samkeit ... in kleinerem Bezirke (i. e. in Oberitalien) eine Stelle
einnimmt, die man mit der Michelangelos für ganz Italien ver-
gleichen könnte“! Er bemerkt nicht, daß das Wirksame in Pelle-
 
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