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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

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Falke, Jakob von: Der Wiener Kunstgewerbe-Verein und seine Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0083

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Der Wiener Kunstgewerbe-Verein und seine Ausstellung.

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Jahrescmsstellungcn zur Weihnachtszeit dem Be-
dürfnis zu genügen; allein es war doch nicht so,
von Jahr zu Jahr verringerte sich die Teil-
nahme; das Ende war in nicht ferner Zeit ab-
znsehen.
Da waren es Mitglieder des vsterreichischen
Mnseums selbsh welche den Vorteil eines Kunst-
gewerbc-Vereins auch sür Wien und Österreich
erkannten, zumal wenn es gelünge, ihn in dem
oben angegebenen Sinne mit dem österreichischen
Museum zu verbinden und eine fruchtbringende
Wechselbeziehung herzustellen. Mit voller Zu-
stimmung des hohen Protektors des Museums,
des Erzherzogs Rainer, machten sie sich an das
Werk. Die Jdee fand sympathische Zustimmung
in den Kreisen der Jndustrie, und binnen wenigen
Tagen hatten sast alle Namen und Firmen von
erstem Rang ihren Beitritt und ihre Mitwir-
kung erklärt. So ging die Gründung vhne
Schwierigkeiten vor sich.
Da es sich in erster Linie um praktische
Ziele handelte, um gemeinsame Behandlung der
gemeinen Angelegenheiten, so stellte man für die
Mitgliedschast den Grundsatz auf, daß nnr Mit-
glied werden könne, wer sich berufsmäßig mit
der Kunstindustrie beschäftige, also der Jndu-
strielle selber, der Künstler, der für das Gewerbe
schaffe oder lehre, und der Kunstgelehrte, der aus
dem gleichen Gegenstande Studinm und Beruf
gemacht habe. Der Dilettantismus war damit
ausgeschlossen, die Zahl der Teilnehmer freilich
auch, anderen Vereinen gegenüber, verhältnis-
mäßig beschränkt. Jn einer kleineren Stadt, wo
das Kunstgewerbe weniger zahlreiche Namen
zählt, wäre diese Exklusivität kaum anwendbar
oder zulässig gewesen.
Aber der Verein, obwohl er mit dem Sitz
in Wien sich den Namen „Wiener Kunstgewerbe-
Verein" beilegte, trachtet doch Mitgliedschaft und
Thätigkeit nicht auf Wien zn beschränken, viel-
mehr die ganze österreichische Monarchie zu um-
spannen. Nur der Sitz im Lande und die Güte
der Leistungen entscheidet llber die Ausnahme.
Zwölf Mitglieder, Repräsentanten der verschie-
denen Zweige des Kunstgewerbes, bilden den Aus-
schuß; drei derselben sind allemal Angehörige
des österreichischen Museums, das sast mit der
gesamten Zahl seiner Beamten, Künstler und
Lehrer dem Vereine beigetreten ist. Aus diesen
zwölf erwählt die Gencralversamnilung den
Präsibenten und Vicepräsidenten. Als erster Prä-
sident ging aus der Wahl R. v. Waldheim her-

vor, der Chef und Besitzer der großen litterarisch-
artistischen Anstalt, als erster Vicepräsident der
Goldschmied und Juwelier Bacher. Während der
Wintermvnate voni Oktober bis April (inklusive)
findet in jedem Monat eine Plenarversammlung
statt, teils zur Besprechung und Beschließung ge-
meinsamer Angelegenheiten, teils zu Disknssionen
und Vorträgen. Die beiden Vorträge, welche
wir bis jetzt gehört haben, die moderne Ent-
wicklung der Holzschneidekunst von Waldheim
und die Knnst der Siegelstecherei vom Graveur
Schwertner, beide mit zahlreichen Vorlagen von
Abbildungen und Original-Gegenständen be-
gleitet, erfreuten sich der lebhaftesten Teilnahme.
Die Angelegenheit, welche im Moment den Ber-
ein vorzugsweise beschäftigt, ist die genieinsame
Ausstellung im nächsten Sommer zu Antwerpen.
Es wird das erste Mal sein, daß der junge
Verein sich in der Fremde zeigt, den Wienern
hat er seine permanente Ausstellung bereits im
Oktober eröffnet.
Für diese permanente Ausstellung, welche
dem heimischen wie dem fremden Besucher stets
eine Übersicht dessen bieten soll, was in Wien
(oder weitergehend in ganz Österreich) kunst-
industriell geschaffen wird, die ihn orientiren
soll, wo und was er zu snchen und zu finden
hat, für diese Ausstellung verkäuflicher Gegen-
stände hat das österreichische Museum eine Reihe
Gemächer im ersten Stock eingeräumt, einen
großen Saal als Ausstellungsraum kleinerer Ge-
genstände und vier Zimmer, welche möglichst wie
eingerichtete Gemächer gehalten werden. Sämt-
liche fünf Raume wurden dem entsprechend aus-
gestattet und dekorirt, zum Teil mit Holzplafonds,
zum Teil mit reich gestalteten Vitrinen versehen,
Arbeiten, deren kostcnfreie Herstellnng einzelne
Mitglieder des Vereins, die Herren Paulik, La-
vigne, Waldheim auf sich genommen hatten. Da
es auch der Ausstellung an Teilnahme nicht
fehlte (nur die Mitglieder des Vereins stellen
aus), die Arbeiten durchgängig neu waren, so
bot denn diese Ausstellung bei ihrer Eröffnung
durch den Protektor Erzherzog Rainer durchans
einen würdigen Anblick dar. Obwohl klein dem
Naume nach, ries doch die Neuheit und Treff-
lichkeit der Gegenstände svwie das künstlerische
Arrangement nngeteilten Beifall hervor.
Jedes Gewerbe, wie es gegenwärtig auf
dieser Ausstellung vertreten ist, zählt zwar nur
einen oder zwei Namen, so die Bronzen die
Namen Hanusch nnd Hollenbach, die Eisenarbeiten
 
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