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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

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Schnütgen, Alexander: Sifridus, ein deutscher Goldschmied des 13. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0107

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Sifridus, ein deutscher Goldschmied des 13. Jahrhunderts.

Ebensv zweifellos ergiebt sich durch svrgfältige
Betrachtnng, daß der gundratisch und in Vicr-
päßchcn gemusterte Fvnd der Medaillvns durch
ziemlich tiefe Gravirung hergestellt, die Relief-
figuren aber aus dünnen Platten herausge-
getrieben, ausgeschnitten, sodann anfgelvtet wvr-
Len sind. An zahlreichen Stellen, namentlich
an den Nimben, reichen dieselben über die Um-
rahmung hinreichend hinans, um auch hierüber
vollständige Gewißheit zu geben.
Der auSgezackte Reifen, den der Übergang
zum Manubrium bildet, sindet sich an manchen
Kelchen dieser Zeit, z. B. an dem sogen. Wil-
librvrduskelche in Emmerich.
Der Nodus ist in den Zwickeln, die von
acht Pasten gebildet werden, dem Anschein nach
ähnlich behandelt, wie der Fuß. Die abwechselnd
rauten- und kreisförmig gestalteten Pasten sind
durch Vermittelung einer von einem Perlstabe
nmzogenen Hohlkehle heransgehvben, die ranten-
svrmigen mit einem dem blau eniaillirten Grunde
ausgesparten gravirten Blatte verziert, die
runden nvchmals Vvn einem Perlstabe umgebenen
mit einem von einer Zahnfassung umschlolsencn
Filigranornament bedeckt. Dieses ist aus gestanzten
Blätlchcn und Träubchen gebildet, die an Ran-
kensäden und mit dem Grunde verlötet sind.
Wie bei den meisten Kelchen des 12. und
13. Jahrhunderts verbindet nur ein ganz schmaler
(hier nach obcn außergewöhnlich stark sich er-
weiternder) Cylinder den Nodus mit dcr halb-
kreissörmigem Cuppa, die abweichend von deni
Fuße, aus der inneren flachen Schale und der
Lbergeschobenen äußeren Hülse besteht. Der Bauch
der letzteren ist ganz mit getriebenen Blattorna-
menten und Reliess bedeckt. Den Nand bildet
cin Filigransries. Genau wie die runden
Pastcn des Nodus behandclt, besteht er aus einer
sich rings herumziehenden schönen Rankenara-
beske, in deren vielgestaltiger Zier an Blatt
und Frucht wir den vollständigen Mangel jeden
Steinschmuckes kaum empfinden würden, wenn
er dieser Zcit nnd Technik in der anmutigen
Fvrm organisch eingestreuter leuchtender Farben-
punkte nicht so geläufig gewesen wäre. Ein in
diesem Friese angebrachter, ungefähr halbkreis-
förmiger, von einem Perlstabe eingefaßter Aus-
schnitt, der die glatte Unterlage der inneren
Schale bloßlegt, bezeichnet die Labialstelle zum
Sumiren ihres Jnhaltes. Ein solcher war natür-
lich an allen Meßkelchen nötig, die bis zum Rande
mit aufgelegten Ornamenten umgeben waren, nnd

findet sich noch an vcrschiedenen anderen Kel-
chen des 12. und 13. Jahrhunderts. Die an den
Fries mit einem Perlstabe austoßende Hülse ist
eine sehr hervorragende Hammer- resp. Punzen-
arbeit. Vier, je von einem mit Jnschriften ver-
sehenen schräg verlaufenden Rande umgebene
rnnde Medaillons bestimmen ihre Einteilung. Die
Zwickel sind mit kräftigen Rankenstengeln, die in
Blüten abzweigen und auslaufen, vvrtrefflich aus-
gefüllt. Alles macht den Eindruck auf Treib-
technik zu beruhen, ausgenommen vereinzelte
Blüten, Lie aufgelötet sein müssen, weil sie in die
Ranken übergreifen. Jn den Medaillons sind
die Gründe, wie am Fuße des Kelches, mit dem
Grabstichel guadratisch gemustert; die Relief-
figuren ebenfalls aufgelötet. Die leichte und ge-
schickte Art, wie namentlich hier die figuralen
sowohl als die rein ornamcntalen Partien be-
handelt sind, verraten einen höchst gewandten
Goldschmied, der über die der romanischen Pe-
riode besonders geläufige Treibtechnik mit einer
Fertigkeit versügte, wie sic dcn auSklingenden
Kunstepochen vornehmlich eigen zu sein Pflegt.
Auch in ikvnographischer Beziehung
bietet unser Kelch cin besonderes Jnteresse. Die
birnartigen Medaillons des Fußes, die sich dieser
sür größere Darstellungen minder geeigneten
Stelle sehr gefällig eingliedern, behandeln die
Verkündigung des Heilands, seine Geburt, Kren-
zigung und Auferstehung, also die vier wichtig-
sten Momente aus dem Lebeu des Erlösers.
Der Verkündigungsengel begrüßt schreitcnd
mit tief herabhängenden Flügeln, ein Lilienszepter
m der durch den übersallenden Gewandzipfcl
zum Teil verdeckten Linken, die Rechte zeigend
erhoben, die heil. Jungfrau; diese empfängt ihn
stehend mit ausgebreiteten Händen, von dcnen
die rechte fast einen abwehrenden Eindruck macht.
2hre Figur verdeckt teilweise eiy nnr halb so
großes Thor mit romanischen Beschlägen.
Auf der Geburtsdarstellung umfaßt Maria
liegend ihr kreuzweise umwickeltes Kind, dessen
Krippe anf zwei übereinandergevrdneten Arkaden-
stellungen ruht. Der zur Rechten sitzende hl.
Joseph stützt seine Linke auf cinen Stab in
der Tauform.
Die Kreuzigungsscene, die der Künstler
am besten behandelt hat, vielleicht weil sic ihm
am geläufigsten war, wenigstens die besten Vor-
bilder bot, stellt Christus gestorben dar mit
dem Kreuznimbus, ohne Dvrnenkrone, selbst
vhne Nägelmale, mit stark gebeugten Armen
 
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