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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

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Schnütgen, Alexander: Die Gruppe der Altertümer der Landesausstellung in Budapest
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https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0206

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Die Gruppe der Altertümer der Landesausstellung in Budapest.

191

ein wahres Kleinod. Jm 16. 2ahrh. fängt
dicse Art dcs Emailschmuckes schon an, etwas
schwcr und nnruhig zu werden, zumal wo sich,
wie weuigstens an den Giirteln und Agraffen,
allerlei Steinzier dazu gesellt.
Uuter den Tcxtilarbeitcn nimmt eiuen
hcrdorragcnden Rang ein die auf Byssus mit
Farben hergcstellte Abbildung des im Kronschatzc
zu Osen ausbcwahrten gesticktcn Krbnungs-
mantels vom hl. Stephan. Dcun daß wir in
diesem eigentnmlichen der Abtei Martinsberg
gehvrigen Gewande nur eine späte, wohl erst
im 17. Jahrh. entstandene Kopie des unga-
rischen Krvnnngsmantels zu bctrachten haben,
nicht aber, wie anderweitig behauptct wurde
und ivird, den Entwnrf zu demselben, kann nicht
dcm geringsten Zwcifel untcrliegen. Die Figuren
sind dasnr viel zu klobig und in manchen Bei-
gaben zu unverstanden, der Schmuck der archi-
tektonischcn Dekoration zu stillos nnd der Ara-
beskenfries mit den Tierfignrationcn wcist nberall
späte Renaissancemotive auf. Wenn solche das
Ganze nicht noch mehr beherrschcn, so hat dies
vicllcicht darin seincn Grund, das; cs auf einem
Pause beruht, wclche der dünne durchsichtige
Bhssus (bckanntlich noch im 17. Jahrh. als
Schntz siir Miniaturen verwendet) leicht ge-
stattete.
Stickcreien sind in ziemlich erhcblicher An-
zahl vertreten, Chorkappcn und Kaseln des 15.
»nd 16. Jahrh. von prächtigem zum Teil
mchrfarbigen gcnueser und burgnndischen Samt
mit Plattstich- und Neliesverzierung. 2n ersterer
Beziehung verdient eine leider beschnittene
Kasel Erwähnung mit einem äußerst sein ge-
stickten figurirten italienischen Krcuze, um 1400.
Die Neliesstickerci in Form von plastisch über
Werg resp. Wattc gczogener Seide mit reichcm
Pcrlenschmuck scheint um die Wende des 15.
2ahrh. in Ungarn sehr viel gepflegt worden
z» sein. Sie erhebt sich zuweilen zu einer anf-
fnllcnden Ausladung, die in den Baldachinen 5
dcntimeter und noch mehr beträgt. Von dem
^cichen Samtgrnndc, der das ganze große Dessin
>» der Negel leicht erkennen läßt, weil das Gc-
wand meistcns noch in der ursprünglichen Form
^rhalten, hvbcn sich dicse opulentcn Stickereien
glanzvoll ab. Die große Anzahl türkischer
^»»pftevpiche erklärt sich aus dcm Umstande,
^»si svlche im 16. und namcntlich im 17. 2ahrh.
eine eigene von dcn Türken eingesührte 2ndustrie
gebildet haben. — Die Plastik und Malerci

sind nnr dnrch cin Paar Flügelaltäre vertreten,
die keine übermäßige Hochachtung vor den des-
fallsigen heimischen Leistungen im späten Mittel-
alter erwecken.
Ganz besondere Beachtung verdient die
Abteilung serbischcr Altcrtümer. Ans Stickc-
reien und Mctallarbeitcn bestchend, die fast
ansschließlich dcn Zwccken dcr griechischen Liturgic
gedient habcn, geben sic einen vortrefflichen
Überblick über deren Entivickelung vom 14.
bis ins 18. 2ahrh. Herr Czobor hat dahcr
Anspruch auf ganz besondcren Dank, daß er
diesc so schwer zugänglichen Kultgegenstände
hier dem Studium zn nnterbreiten kcine Mühe
und kein Opfer gescheut hat. 2hre Datirnng
svll dnrch die sast nicmals fehlendcn 2n- resp.
Umschriften mehrfach sehr erleichtert werden.
Hier kann sie nur auf Grund der stilistischen
Eigentüinlichkeiten versucht wcrden. Eine große,
auf roter Seide in Farbe nnd Gold ausge-
führte Stickerei mit Christussigur (wohl Altar-
dcckc) hat Verwandtschaft mit den italienischen
Arbciten des 14. 2ahrh.; eine in Pnrpnr-
seidc gestickte 2nschriftdecke, angeblich eine Sarg-
dekoration, schcint bis in das Ende des 14.
2ahrh. zurückzureichen; von den beiden Despoten-
mützen, die einer Mitra nicht nnähnlich, reicht
die cine mit reichcm Perlcnschmuck und bekrvnen-
dem Metallkreuz sicher noch bis ins 15., die
andere mit Frührcnaissanceverzicrnngcn und dem
Scharnierstücke einer gotischen Lilicnkrone bis
in die erste Hälfte des 16. 2ahrh. zurück.
Mehrere bischvflichc Kronen, mit Perlen besact
bezeichnen diese eigentümliche liturgische Kopf-
tracht des 16. und 17. 2ahrhnndert, welcher
der gewebte, resp. gestickte Gürtcl mit reicher
Metallschlicße entspricht. Die litnrgischen Ge-
wänder dieser Zeit sind mit Goldstickereien über-
laden ohne strengen Stil. Die Enkolpien,
Brnstbildchen, resp. Neliguicn zcigcn meistens
noch den strengen 2nschriftenstil, sic kommen
bald als einfache Taseln, bald als Diptychen
oder Triptychcn vvr und ihre HUlse ist meistens
metallisch. 2hnen verwandt sind die Monilien,
die mcistens mit ganz miniaturmäßig gehaltcnen
Holzreliefs auSgcstattet sind. Schon damals
von dcn Mvnchen auf dem Berge Athos fast
fabrikmäßig ausgcsührt, haben sie sich in der
griechischen Kirche bis in unsere Tage erhalten.
2hre 2konographic rcicht bis in das frühe
Mittelalter zurück, ihr Stil zeigt die korrumpirte
byzantinische Form. Besonders zahlreich sind
 
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