Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

DOI Artikel:
Schmidt, Karl Eugen: Ein französischer Kunsthandwerker: François Rupert Carabin
DOI Artikel:
Kleine Mitteilungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0085
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KLEINE MITTEILUNGEN

77

Mappe bildet die Rücklehne, während zwei Katzen
als Seitenlehnen dienen und eine zweite nackte Frau
die Mappe von hinten stützt. Den Rahmen eines
Wandschirmes bildet eine windende Rebe, an der
eine Katze emporklettert; ein im Besitze des Schau-
spielers Coquelin befindlicher Eckschrank wird von
den Ästen eines Baumes und von den Schultern eines
in der Astgabel sitzenden Weibes gestützt. Was sich
aber bei den Möbeln Carabin's am glänzendsten be-
tätigt, das ist das liebevolle Verständnis und sein
feinfühliges Eingehen auf das zur Verwendung ge-
langende Material: während er die nackten Körper
aus dem geschmeidigen Birnenholz bildet, dessen
warmer brauner Ton zur Wiedergabe der weichen,
runden Formen des weiblichen Körpers vielleicht

besser geeignet ist als selbst die durchsichtige Weisse
des Marmors, stellt er die stachligen Stengel und
Blätter des Schilfrohrs, die Epheuranken und Distel-
köpfe aus Schmiedeeisen dar, und in die Wände der
Schrankthüren setzt er Basreliefs aus sorgfältig abge-
tönter gebrannter Erde. In dieser Fähigkeit, das
Material zu verstehen und Form und Gegenstand dem
Stoffe anzupassen, sehen wir eines der hervorragendsten
Kennzeichen des Kunsthandwerkers, und wenn sich
mit dieser Gabe noch originelle Schöpfungskraft ver-
eint, wie es bei Francois Rupert Carabin der Fall ist,
so sind wir wohl berechtigt, den Besitzer dieser
Eigenschaften zu den Bahnbrechern bei den Bemü-
hungen zur Neubelebung des Kunsthandwerkes zu
zählen. KARL EUGEN SCHMIDT.

Schmuckgegenstände, entworfen von Herm. R. C. Hirzel, ausgeführt von Hofjuwelier Louis Werner, Berlin. (Gesetzlich geschützt.)

KLEINE MITTEILUNGEN

VEREINE

BERLIN. In der ersten Sitzung nach den Ferien sprach
im Verein für deutsches Kunstgewerbe am 28. Sep-
tember Herr Direktor Dr. Braun vom Franz Joseph-
Museum in Troppau über die Frage: Was kann das moderne
deutsche Kunstgewerbe von den Japanern lernen? Nach
einer eingehenden Betrachtung der Entwicklung des Ein-
flusses des japanischen Kunstgewerbes auf unsere eigenen
Anschauungen und nach einer Schilderung der Ausbildung
sowie der Arbeitsweise der japanischen Künstler, sowie nach
einer Besprechung der modernen auf japanischen Anregungen
beruhenden Bestrebungen, gelangte der Vortragende zu dem
Schlüsse, dass für uns bei der japanischen Kunst nicht
das „Was?", sondern nur das „Wie" mustergültig sein könne,
und dass vor allem der nationale Charakter gewahrt werden
müsse, wenn die moderne Bewegung zu Bedeutung gelangen
solle. — Eine stattliche Ausstellung von über 500 modernen
Buchumschlägen und Einbänden aus allen Kulturländern
Europas war am Mittwoch, den 12. Oktober veranstaltet
worden, wobei der Besitzer dieser Sammlung Herr Referendar
von Zur Westen eingehend über die künstlerische Dekoration
derselben sprach und die Entwicklung dieser Buchausstattung
in den verschiedenen Ländern eingehend erörterte, sowie die

grundsätzlichen Forderungen darlegte, die an die Verzierung
der Bucluunschläge zu stellen sind. — Am Mittwoch, den
26. Oktober, tagte der Verein für deutsches Kunstgewerbe
zum erstenmal im Festsaale des Künstlerhauses. Herr Geh.
Reg.-Rat Prof. Dr. J. Lessing hielt einen Vortrag über: „Das
Flachmuster in alter und neuer Zeit." An der Hand einer
reichen Auswahl älterer Stoffe und Stickereien aus dem Kgl.
Kunstgewerbemuseum, die durch ihre Farbenpracht den
Eindruck des herrlichen Saales wesentlich erhöhten, sowie
einer grossen Anzahl von Lichtbildern erläuterte der Vor-
tragende die Entwicklung des textilen Flachmusters seit dem
dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung bis auf unsere Tage.
Er schloss seinen interessanten Vortrag mit der Äusserung,
dass es seiner Ansicht nach nicht die Aufgabe der Museen
sei, den Künstlern zu sagen, dies oder jenes musst du so
oder so machen, sondern es sollten die Museen den Künst-
lern durch das gesammelte Material lediglich die Anregung
geben, Neues und Zweckmässiges im eigenen Sinne zu
schaffen, ohne zu kopieren. Die Führung zu übernehmen,
liege den Museen fern. Eine Anfrage, ob die schon längst
angekündigte Veröffentlichung der Stoffsammlung des Kgl.
Kunstgewerbemuseums endlich erscheinen werde, beant-
wortete Herr Geheimrat Lessing dahin, dass die für eine
derartige Veröffentlichung notwendigen Kosten leider noch
 
Annotationen