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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Matthiesen, Oscar: Die Freskomalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0132
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DIE FRESKOMALEREI

tallinische Textur, welche uns dieselben 2000 Jahre
lang bewahrt hat, und diese Textur rührt von der
Verwandlung des Ätzkalkes, des Kalkhydrats, in kohlen-
sauren Kalk her. Wir werden in dem Folgenden sehen,
wie diese Krystallisation vor sich gehen kann.

Ein guter Kalkmörtel wird mit jedem Tage härter
und härter; die Luft härtet ihn ab, d. i. die Kohlen-
säure der Luft kehrt in den Ätzkalk zurück und ver-
steinert ihn. In den Kalkbrennereien wird bekanntlich
die Kohlensäure aus dem rohen Kalkstein ausgebrannt,
damit dieser zum Löschen geeignet werde. Sobald
das Brennen vollendet ist und die Steine aus dem

ist diejenige der Natur; nur geht hier der Prozess
schnell vor sich, zu welchem die Natur viele Jahre
braucht.

Um nun ein Bild auf nassem Kalkputz herzu-
stellen, sind die früheren Versuche auf zwei Dinge
ausgegangen: 1) den Kalk zu neutralisieren, damit er
die Farben nicht zerstöre oder verzehre, und 2) für
die Farbe ein Bindemittel zu finden, welches sie mit
dem Kalke verbindet, so dass sie nicht wie eine
Schale oder Borke auf dem Mörtel sitzt.

Derjenige Stoff aber, welcher diese beiden Be-
dingungen zu gleicher Zeit erfüllt, ist die Kohlensäure.

FreskomalerePvon Maler O. Matthiesen, Kopenhagen.

Ofen genommen sind und an die Luft,kommen, fangen
sie gleich an, die Kohlensäure der Luft an sich zu
saugen. Wenn nun der Ätzkalk mit Sand vermischt
wird und man mit diesem Mörtel entweder mauert
oder putzt, trocknet er ziemlich schnell und die Ein-
wirkung der Luft, d. i. die Kohlensäure der Luft
macht ihn härter und härter.

Es ist diese Methode des Härtens, welche ich
gesucht habe, auf künstlichem Wege auszuführen. Ich
habe bei meinen Untersuchungen und Experimenten
mir immer die Frage gestellt: Wie macht es die
Natur, wenn sie den Kalkmörtel härtet, welches sind
die natürlichen Prozesse? Und ich habe versucht,
dieselben nachzuahmen. Meine Methode des Härtens

Der Ätzkalk odet das Kalkhydrat (wie man in
diesem Zusammenhange am besten sagt) wird durch
Zufuhr von Kohlensäure neutralisiert und in kohlen-
sauren Kalk umgestaltet; der kohlensaure Kalk hat
keine ätzenden Eigenschaften. Der gewöhnliche Kalk-
mörtel härtet sich ausserordentlich langsam an der Luft
ab, weil diese nur 0,04 Prozent Kohlensäure enthält.
Selbst wenn der Mörtel trocken und anscheinend hart
ist, kommt doch das Kalkhydrat in demselben als nicht
an die Sandkörner gebunden vor, weil das Kalkhydrat
in Wasser auflöslich ist; es kann aIso von der Feuchtig-
keit oder dem Regen ganz von den Sandkörnern ge-
löst werden. Ist jedoch das Kalkhydrat in kohlen-
sauren Kalk umgewandelt, wird das Verhältnis ein
 
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