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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 15.1918

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XV. Jahrgang (1917 / 1918)
DOI Artikel:
Nr. 5 (2. November 1917)
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https://doi.org/10.11588/diglit.54654#0048
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38

t)ER KUNSTMARKT

auch schon früher nicht geringere Preise bezahlt, da
er als der stärkste Käufer im Rheinland durch die
Gebrüder Bourgeois in Köln jedes bedeutende Stück
zuerst vorgelegt erhielt. Selbst die höchsten Preise
von 41 000 und 21 000 M., welche für die Hafner-
krüge, für den (Nürnberg 1540) des Paulus Preuning
und den aus seiner Werksatt, gezahlt wurden, über-
schritten die Erwartungen der Kenner nicht sehr er-
heblich. Nur geringeren Stücken kam die Kon-
junktur des Sammler-Namens und der Qualität unge-
rechtfertigt zustatten. Von dem Siegburger Steinzeug
erwarb der Berliner Sammler Marcus Kappel eine
große Schnelle des Monogrammisten L. W. für 7100 M.
Aus derselben Fabrik mit ihrem weißen, dünnglasierten
Ton und feiner Reliefarbeit erstand das Krefelder
Museum die schöne Schnelle des Christian Knütgens
(1591) für 7000 M., und eine andere Arbeit (1559)
für 1150 M. Der Eulenkrug aus der altkölnischen
Werkstatt des Meister der Maximinenstraße stieg auf
9100 M. und ein Wappenkrug aus dem Töpferdorf
Frechen auf 5000 M. Am lebhaftesten war die Nach-
frage nach den wohlgegliederten Gefäßformen der
Meister aus Raeren. Hiervon kaufte das Kunstgewerbe-
Museum Berlin eine große Kanne, eine Arbeit des
Hauptmeisters Jan Emeus von 1587, für 9500 M.
(Gegenstück im Louvre) und einen Ringkrug aus dem
Anfang des 17. Jahrhunderts. Eine große Pracht-
schnelle dieser Werkstatt fiel dem Münchener Kunst-
händler Böhler für 26 500 M. zu, ein Doppelfrieskrug
fand für 23 500 M. seinen Liebhaber. Arbeiten der
Familie Mennichen und ihres Schülers Tilman Wolf
bewegten sich um 5000 M. Zu diesen nicht sonderlich
überraschenden Preisen erzielte jedoch das fränkische
Steinzeug aus Kreussen mit seiner dunkelbraunen
Färbung und bunten Schmelzmalerei neue Liebhaber,
die dem Marktwert dieser Arbeiten einen ansehnlichen
Aufschwung verschaffen und die Preise auf 6000 bis
9000 M. steigen ließen. Ein sehr interessantes Ofen-
modell, eine süddeutsche Arbeit vom Jahre 1568 er-
stand das Kunstindustrie-Museum in Kopenhagen.
Nach der Spannung, mit der die Reihe dieser
Meisterwerke umstritten wurde, trat eine Entspannung
ein, die dem Interesse für die sechs rechteckigen,
frühgotischen kölnischen Glasgemälde, die dem be-
rühmten Dreikönigsfenster des Kölner Domes ver-
wandt sind, nicht günstig war, so daß das Höchst-
gebot mit 50000 M. gegen die Limite von 60000 M.
nicht angenommen werden konnte. Von den anderen
Glasmalereien erwarb das Kunstgewerbe-Museum Berlin
vier interessante Stücke, darunter eine Rundscheibe

mit dem Verlorenen Sohn (Niederländisch, 2. Hälfte
des 16. Jahrhunderts), eineScheibe mit der Gerechtigkeit
(ebenfalls Niederländisch Mitte des 16. Jahrhunderts)
und eine Rundscheibe aus Köln um 1500 mit der
Steinigung der beiden Alten. Eine zweite Rund-
scheibe aus Köln um 1500, Auszug des Tobias, fiel
dem Leipziger Museum zu. Die Preise lagen zwischen
3000—5000 M. Bei den Skulpturen und Möbeln er-
wachte das Interesse wieder und stieg hier aller-
dings zu Preishöhen, die die Qualität der Stücke
oft nicht beanspruchte. Am heißesten wurde die Holz-
plastik umstritten. Eine kleine Gruppe, Begegnung
der hl. Elisabeth (Eichenholz, Antwerpen, 15. Jahr-
hundert) wurde mit 21500 M. bezahlt; eine Gruppe,
Anna Selbdritt, Nürnberger Arbeit um 1500, erwarb
Rosenbaum-Frankfurt a. M. für 30 700 M. Eine Terra-
kottagruppe, dem B. da Majano zugeschrieben, fand
für 20 600 M. einen Liebhaber. Man schied von
diesem bewegten Tag mit der Hoffnung, an dieser
Stelle recht bald den ersten Teil dieser Sammlung,
die Gemälde, zur Versteigerung kommen zu sehen.
K.
Auf einer der letzten Berliner Auktionen er-
eignete sich ein Zwischenfall, dem eine grundsätzliche
Klärung baldigst zu wünschen ist. Mitten im Betriebe der
Auktion trat ein Kriminalbeamter an das Pult des Auktio-
nators und beanstandete, daß er als Auktionator selbst für
Auftraggeber Gebote abgäbe. Die Unterbrechung erregte
im Publikum Unwillen, worauf der Beamte den Para-
graphen einer alten Verordnung vorlas, die dem Auktio-
nator verbietet, Gebote in Vertretung für Andere abzu-
geben. Der Beamte bestand gegen den Einwand des
Auktionators, daß er doch verpflichtet sei, den ihm er-
teilten Aufträgen nachzukommen, auf dem Paragraphen,
ohne gerade den Weitergang der Auktion zu verbieten;
er wohnte ihr aber bis zum Schluß bei und unterbrach sie
mehrmals. — Die diesem Vorkommnis zugrunde liegen-
den Fragen beschäftigen die engeren Fachkreise schon seit
einigen Monat.en; hoffentlich finden sie eine Regelung,
die den altgewohnten, allseits geübten reellen Vorgang
der Auktionen durch Kunsthandlungen nicht behindert,
etwaige Ausartungen aber, zu denen das derzeit so
blühende Auktionswesen eine gewisse Verführung bietet,
abschneidet. Übrigens hat nach unserer Kenntnis gerade
die Auktion, auf der sich jener Zwischenfall abspielte,
nicht den geringsten Grund zu irgend einem Bedenken
geboten. Eher scheint es, als wenn die Aufsichtsbehörde
Anlaß nehmen will, sich zu überzeugen, ob den gesetz-
lichen Bestimmungen immer Genüge geschieht, oder in-
wieweit diese schon alten Bestimmungen den heutigen
Verhältnissen angepaßt werden müssen. Letzteres ist die
wahrscheinliche Lösung.

Liste der in der Versteigerung vom 23. Oktober 1917 laut Katalog 1726 (Sammlung Oppenheim-Köln,
Kunstgewerbe) in Rudolph Lepke’s Kunst-Auktions-Haus, Berlin, erzielten Preise:

Nr.
M.
Nr.
M.
Nr.
M.
Nr.
M.
Nr.
M.
Nr.
M.
1 .
. 4100
9 .
. 1150
17 .
. 2150
25 .
. 4200
33 .
. 1750
41
. 550
2 .
. 1500
10 .
. 760
18 .
. 2400
26 .
. 5000
34 .
. 1100
42 .
. 1250
3 .
. 310
11 .
. 5500
19
. 6600
27 .
. 3500
35 .
. 5000
43 .
. 8100
4 .
. 1550
12 .
. 7100
20
. 9100
28 .
. 2100
36 .
. 2100
44 .
. 26500
5 .
. 1100
13 .
. 7000
21
. 2100
29 .
. 9500
37 .
. 5000
45
. 1000
6 .
. 820
14 .
. 800
22 .
. 780
30 .
. 9100
38 .
. 5800
46
. 4600
7 .
. 2800
15 .
. 750
23 .
. 2200
31 .
. 23500
39 .
. 7200
47
. 4600
. 5600
16 .
. 800
24
. 4500
32 .
. 4300
40 .
. 3600
48
. 4400
 
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