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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 15.1918

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XV. Jahrgang (1917 / 1918)
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Nr. 31 (17. Mai 1918)
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https://doi.org/10.11588/diglit.54654#0219
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DER KUNSTMARKT
XV. Jahrgang 1917/1918 Nr. 31. 17. Mai 1918
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark.
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Auktionskalender auf der vierten Umschlagseite

DIE SAMMLUNG DES GRAFEN VAY DE VAJA NEBST BEITRÄGEN AUS GRÄFLICHEM UND
ANDEREM PRIVATBESITZ
Auktion im Ernst-Museum zu Budapest (15.—25. April 1918)

Der reichhaltige illustrierte Katalog enthält etwa 2000
Nummern und umfaßt Werke von Fayence, Olas, Porzellan,
Holzschnitzereien, Metallarbeiten, Textilien, Antiquitäten,
Bücher, Graphik, Miniaturen und Gemälde. Sehr lebhaft
war die Beteiligung an kunstgewerblichen Gegenständen
(namentlich Porzellan). Hier wurden zum Teil stattliche
Summen bezahlt. So ging z. B. eine aus gräflich Pejacsevich-
schem Besitze stammende große Deckelvase (von 1715) aus
rotem, poliertem Böttgersteingut (Nr. 800/32) für 51000 Kr.
fort. Nicht minder gesucht waren Werke der Gold- und
Silberschmiedekunst. Eine vorzügliche siebenbürgische
Arbeit des 17. Jahrhunderts (Nr. V. 106): ein Deckelhumpen
aus Elfenbein in silbervergoldeter Montierung erstand Herr
Wendlinger aus Wien für 25000 Kr. und schenkte das seltene
Stück in hochherziger Weise dem Budapester Kunstgewerbe-
museum, welches anläßlich der Auktion noch andere wert-
volle Stücke zum Geschenke erhielt. Das Material an Ge-
mälden war nicht so reichhaltig wie das des Kunstgewerbes.
Vor allem zeigte sich weder im Publikum noch bei
»Kennern« für die vom Grafen Vay gesammelten spanischen
Bilder des 16. und 17. Jahrhunderts das nötige Verständnis,
was wohl seinen Grund darin haben dürfte, daß einige
dieser Werke in erster Linie rein kunsthistorisches Inter-
esse haben, also nur von Fachleuten vollauf gewürdigt
werden können. Zwei dieser Bilder und eine Miniatur
(aus der Sammlung Paur) verdienen hier besonders er-
wähnt zu werden. Das eine (Nr. 105) auf Holz gemalte
Bild (152x06 cm) zeigt die Vision des hl. Bernhard von
Clairvaux. Es ist die Arbeit eines spanischen Künstlers
um 1530, in welcher die Verschmelzung von einheimischer
Tradition, verbunden mit einem starken Einschlag fremder
Kunstempfindung, in harmonischer Weise zum Ausdruck
gebracht ist. Das in seiner Art sehr anziehende und auch
ikonographisch beachtenswerte Bild trägt die charakteristi-
schen Merkmale der damaligen spanischen Malerei, wes-
wegen es den Spezialforschern keine Schwierigkeiten be-
reiten dürfte, seinen Maler festzustellen. Das andere, stark
nachgedunkelte Gemälde (Nr. 101), eine Leinwand von
stattlichen Dimensionen (170x235 cm), stellt die Anbetung
der hl. drei Könige dar. August L. Mayer ist geneigt, die
links unten befindliche Bezeichnung: Dn. joseph p. f. a. D.
1670 für die des Don Josef Oarcja Hidalgo in Anspruch
zu nehmen. Erwähnt seien von den Vayschen Bildern ein
vorzüglich gemalter männlicher Kopf — leider nur ein
Ausschnitt — von Vicente Lopez, dem Nachfolger Goyas
(Nr. 71) und ein kleines etwas flach gemaltes Andachtsbild
(Nr. 73) mit der hl. Theresia von dem außerhalb Spaniens
kaum gekannten Benito Esperos (1748—1818), voll be-
zeichnet und datiert 1790. Zu Seltenheiten gehören auf
Versteigerungen aber auch sonst spanische' Miniaturen.
Eine solche auf Pergament gemalte (Nr. 53) trägt die Be-
zeichnung des Künstlers: Hieronymus Rodrigez fazie-

bat 1593 und zeigt im mittleren Felde die Himmelfahrt
Mariä, in den sechs Seitenfeldern je eine stehende heilige
Gestalt. Unter der mittleren Darstellung kniet der Donator,
rechts sein kleiner Sohn, beide im Gewand der Zeit. Unter-
halb des mittleren Feldes sieht man eine von zwei Engeln
gehaltene Kartusche mit der Inschrift: Don Philippe. Unter
den italienischen Bildern ist das Brustbild eines Mannes
von Fra Vittore Ghislandi (Nr. 271) als gutes Werk
dieses liebenswürdigen Künstlers zu erwähnen. Viel Be-
achtung fand eine Judith mit dem Haupte des Holofernes
in der Art des Paolo Veronese (Nr. 140). Die Be-
stimmung des Künstlers fällt nicht leicht, denn es finden
sich in dem Bilde verschiedene Einflüsse mitverarbeitet;
in bezug auf malerische Qualität wirkt der rechts ange-
brachte Negerknabe am besten, wogegen die Verkürzung
des rechten Armes der Judith störend ist, die links
stehende Magd mit dem Tuch über dem Kopf ruft das be-
kannte Savoldosche Motiv der Berliner und Londoner
Bilder uns ins Gedächtnis zurück. Genannt seien noch
eine Landschaft mit dem Tobias und dem Engel, welche
wohl mit Recht dem Annibale Carracci zugewiesen wird
(Nr. 300/14) und ein Bild von ausgesprochen dekorativem
Charakter von Francesco Albani (Nr. 300/35), das
den Tod des Adonis in einem schönen Waldesheim darstellt,
wie eben die Venus mit flatterndem Tuch in einem von
Schwänen gezogenen Wagen ankommt. Von deutschen
und österreichischen Künstlern des 18. und 19. Jahrhunderts
verdienen einige Werke genannt zu werden. So z. B. ein
großes Bild von Rosa da Tivoli (Nr. 1500/81), das den
Künstler von der besten Seite beleuchtet, ferner ein schönes,
wenn auch etwas trockenes, in klassisch - akademischen
Formen gehaltenes bezeichnetes Bild von Friedrich Hein-
rich Füger (Nr. 300/13) das für 24000 Kr. in den Besitz
des Baron Franz Hatvanny gelangte. Franz Seraph
Stirnbrands Bildnis der verwitweten Königin Charlotte
Auguste Mathilde von Württemberg (Nr. 300/2) wirkte wie
eine Symphonie in Rot. Den hohen Preis von 14600 Kr.
erreichten zwei kleine Gegenstücke, Bildnisse eines Ehe-
paares von 1847, gemalt von August Alexius Canzi
(Nr. 256 und 257), der gleich Stirnbrand eine Zeitlang in
Württemberg tätig war. Diese drei letztgenannten Bild-
nisse sind sehr fein miniaturartig ausgeführt. »Die An-
kunft des Segelschiffes« von Andreas Achenbach (Nr.
300/15) ist eine vorzügliche Jugendarbeit des Künstlers von
1837, als er erst einundzwanzig Jahre alt war. Die fast
öldruckartig wirkenden zwei Genrebilder von Josef Bap-
tist Reiter (Nr. 131 und 131a) erreichten nicht weniger
als 4200 Kr., für ein echtes, aber unerfreuliches Bild von
Hans Makart »Der Frauenraub« (Nr. 1500/64) zahlte
man den hohen Preis von 10000 Kr. Das in braunen
Tönen gehaltene Bildnis von Adolf Wildbrand, früheren
Direktors des Wiener Burgtheaters, von Lenbach (Nr. 197)
 
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