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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 15.1918

DOI issue:
XV. Jahrgang (1917 / 1918)
DOI article:
Nr. 22 (8. März 1918)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.54654#0148
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138

DER KUNSTMARKT

DIE GEMÄLDE-SAMMLUNG
DES BARON ALBERT VON OPPENHEIM

Als in der Aufregung der ersten Kriegsmonate
die Erben die Versteigerung der Sammlungen des
Baron von Oppenheim, die für den Oktober 1914 vom
Auktionshaus Lepke angesetzt und deren Katalog mit
seinem dreisprachigen Vorwort für ein großes inter-
nationales Publikum gedacht war, zurückgezogen hatten,
ahnte man wohl nicht, daß im Verlauf des Krieges
selbst noch eine Zeit kommen sollte, die alle Bedenken
mit Leichtigkeit aus dem Wege räumen würde. Noch
vor Jahresfrist erhielt sich das dunkle Gerücht, daß
wenigstens der eine Teil der Sammlung, die Gemälde,
dem unsicheren deutschen Kunstmarkt entzogen werden
würde und den besseren Verhältnissen Amerikas über-
liefert werden würde. Als aber dann die zweite Hälfte
der Sammlung, das Kunsfgewerbe, mit großem Ei folg
im Oktober versteigert worden war und besonders
andere große Auktionen von Gemälden eine ungeahnte
Konjunktur geschaffen hatten, löste sich die Skepsis
und das Dunkel, so daß nun in nächster Zeit, am
19. März, das bedeutende Ereignis für den deutschen
Kunstmarkt bevorsteht.
Die berühmte Krugsammlung Oppenheims zeigte,
wie förderlich für die Geschichte der Kunst die Ge-
schlossenheit eines Spezial - Sammelgebietes werden
kann. Wertvoller als das Wort illustrierte sie in ihrem
organisierten Sein ein Stück Geschichte, war selbst
ein Stück Geschichte. Ein ähnliches Prinzip scheint
den Sammler bei seinen Gemälden geleitet zu haben,
wenngleich eine Beschränkung auf die holländische
Malerei des 17. Jahrhunderts — mit nur geringen Aus-
nahmen — bei weitem nicht so eigenartig eine Per-
sönlichkeit offenbart, als bei jenem unbegangenen
Gebiet. Auch scheint hier mehr ein freier Geschmack
den Sammler geführt zu haben, der die malerische
intime Qualität liebte und der überdies durch die
Beschränkung, die ihm die Räume des alten Patrizier-
hauses in der Glockengasse zu Köln auferlegte, dem
kleinen Kabinettformat bei seiner Wahl den Vorzug gab.
Daß das wertvollste Bild der Sammlung, »Der
heilige Eligius« von Petrus Christus, den Heiligen
in genrehafter Auffassung und einem reichen Stilleben-
Milieu vorführt, genau wie ein anderes Werk eines
primitiven Meisters der niederländischen Schule, »Die
Geldwechsler« von Quinten Massys, als ein Vorbote
der Genremalerei des 17. Jahrhunderts erscheint, mag
ihm des Sammlers Liebe zugeführt haben, die nur in
der späten Komposition einer Madonna vor weiter

Landschaft von Massys, sich einmal einem religiösen
Gegenstände zugewendet hat. Und von den drei Bildern
P. P. Rubens gibt die eine Skizze, die für den ehe-
maligen Bankettsaal, jetzt Kapelle in White Hall be-
stimmt war, einen allegorischen Inhalt »Sieg der Ein-
tracht über die Zwietracht«, ebenso die zweite, während
das dritte Bild die gesättigte Ruhe einer flachen waldigen
Gegend mit weidender Kuhherde wiedergibt, womit
auch indirekt der Anschluß an die Lieblinge des Samm-
lers, die Holländer des 17. Jahrhunderts, durchklingt.
Von ihrem Reichtum ist bereits an dieser Stelle in
Nr. 18 (8. Februar 1918) durch den Abdruck des
Vorworts von Exzellenz von Bode Mitteilung gemacht
worden, so daß hier nur noch einige nicht genannte
Werke Erwähnung finden sollen.
Von Nicolaes Berchem enthält die Sammlung ein
voll signiertes und datiertes Werk aus dem Jahre 1657,
das mit der Ansicht einer Osteria vor den Mauern
einer italienischen Stadt die Wahrscheinlichkeit seiner
italienischen Reise wieder näher rückt. Das kühle
Kolorit der wenigen Lokalfarben steht mit dem pikanten
Licht in dem bekannten Effekt des Meisters vor den
breiten, in warmem Braun gedeckien Kulissen. Von
dem Rotterdamer Meister Pieter de Bloot, der in
kühler Abgewogenheit manchmal den Spuren A.
Browers folgt, ist eins seiner stets gut komponierten
und harmonisch kolorierlen Dorffeste zu sehen. Das
Stilleben der zwei erlegten Rebhühner von Jan Fyt
dürfte mit seiner effektvollen Beleuchtung vor einem
dunklen Waldgrund den letzten Jahren (um 1650—60)
seiner Amsterdamer Zeit angehören. Zu einem eigen-
artigen Effekt hat Jacomo Victor das reiche Spiel der
Farben des Federviehs vor dem tiefen Dunkel er-
hoben und den Geschmack für einen emailleartigen
Farbenauftrag bis zum letzten Raffinement gepflegt.
Ein schönes stilles Porträt eines jungen Mannes von
Aert de Gelder zeigt diesen bedeutendsten und selb-
ständigsten Schüler Rembrandts in einer ruhigeren
Formgebung und Modellierung mit lockerer Breite
der Flächen. Die Halbfigur eines kleinen Mädchens
von Caspar Netscher vertritt die vornehm-kühle Auf-
fassung des Meisters gut. Ebenso ist Frans Snyders
und Jan D. de Heern mit guten Stilleben vertreten. Das
Innere einer niederländischen Kirche mit dem leb-
haften Lichtgegensatze zum kühlen Grau des Steines
und sparsam abgewogenen Figurengruppen charakte-
risiert sehr gut die Kunst Emanuel de Wittes. K.
 
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