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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 15.1918

DOI issue:
XV. Jahrgang (1917 / 1918)
DOI article:
Nr. 25 (29. März 1918)
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https://doi.org/10.11588/diglit.54654#0164
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154

DER KUNSTMARKT

tracht kommt. — 25. Quentin Massys, Die Geldwechsler
(44 000 M., deutscher Privatbesitz). Die oft wiederholte
Komposition geht auf Marinus zurück. Exemplare in
Windsor, München, Leipzig, Neapel, Bologna, Nantes,
Valenciennes, St. Petersburg, Gosford Castle, Ant-
werpen, bei Lord Cobham u. a. a. O., auch mehr-
fach im Kunsthandel. Die merkwürdige Inschrift
auf unserm Bild: Le roy doiet a maistre cor-
nille . . ., die sich schwerlich auf den Autor be-
zieht, gab F. de Mely Gelegenheit, die Zuschreibung
an Corneille de Lyon vorzuschlagen (Monuments et
memoires publ. par l’Academie des inscriptions, Tome
XVIII fase. II, 1911). — 26. Aart v. d. Neer, Winter-
landschaft(ioi 000 M., Berliner Privatsammler). Signiert.
Dem Umfang, der Helligkeit nach hervorragend und
überraschend mit dem fein beobachteten Effekt des
Schneetreibens. — 27. A. v. d. Neer, Die Schmiede
(65 000 M.). Ein Motiv, das der Meister sonst nicht
behandelt hat; koloristisch vorgeschritten und eigenartig.
Das Bild erweitert die Vorstellung von des Malers
Kunst. Signiert. — 28. Caspar Netscher, Kinderporträt
(27 000 M.). — 29. A. v. Ostade, Die drei Trinker
(27 000 M.). — 30 P. Potter, Schweineherde im Sturm
(70000 M.). Signiert und datiert 1646. Etwas trübe
gefärbt, aber meisterhaft gezeichnet. — 31. Rembrandt,
Studienkopf (193000 M. Budapest, v. Nemes). Von
1650 etwa. — 32. Rubens, Landschaft (53000 M.).
Das Bild wurde sehr mit Recht als Werkstattreplik
des erheblich besseren Münchener Exemplars nicht

DIE VERSTEIGERUNG DER

hoch bewertet. — 33. Rubens, Sieg der Eintracht.
Skizze für White Hall (162000 M. Budapest, v. Nemes).
Von höchster Freiheit und Meisterschaft, groß in der
Zeichnung und blühend in der Farbe, vollkommen
erhalten.— 34. Rubens, Der Sonnenwagen (53 000 M.).
Gut in der Form, aber glatt und unpersönlich im
Farbenauftrag. — 35. Jacob Ruysdael, Die Buchenallee
(66 000 M. Hamburger Privatbesitz). Signiert. —
36. Snyders, Stilleben (58 000 M.). Signiert. Un-
gewöhnlich gut in Qualität und Zustand. — 37. Jan
Steen, Die Versuchung (60 000 M.). Signiert. — 38. D.
Teniers, Die Bogenschützen (41 000 M.). Signiert und
datiert 1645. Hell, über dem Gewöhnlichen und be-
achtenswert wegen der Datierung, da wir von der
Entstehungszeit der Teniersschen Bilder wenig wissen.
— 39. D. Teniers, Zwei Bettler (16 500 M.). Signiert.
— 40 G. Terborch, Zechendes Paar (175000 M.).
Dieselbe Komposition in Florenz. Dennoch im Hin-
blick auf die Durchbildung als Original anzusehen.
Der schwarze Grund nicht ganz intakt. — 41. Ve-
lazquez, Bildnis eines jungen Mannes (45 000 M.).
Man nahm den Autornamen nicht allzu ernst und be-
wertete das effektvolle und dekorative Porträt nicht zu
hoch. Ein tüchtiger Niederländer um 1630. In Italien
scheint er gemalt zu haben. — 42. J. C. Verspronck,
Frauenporträt (44 000 M.). — 43. Jacomo Victor, Ge-
flügelstück (15000 M.). — 44. Emanuel de Witte,
Das Innere einer holländischen Kirche (18000 M.).
AL4X J. FRIEDLÄNDER.

SAMMLUNG GUMPRECHT

Während sich ein großes Publikum in der Vor-
besichtigung der Oppenheim-Sammlung drängt und
oft nur mühsam weiter schiebt, ist es draußen in den
Räumen der Freien Sezession, wo zur gleichen Zeit
die Auktionsfirma Cassirer-Helbing die Sammlung
Gumprecht zur Schau stellt, still. So still wie es
meist in den Räumen am Schöneberger Ufer war,
als das zierliche, appetitliche alte Männchen mit wohl-
wollendem Geschmack seine »Lieben« an den Wän-
den betrachtete. Und wirklich; hätte man nicht dort
das bunte Spiel von Kunststilen und Kunsttechniken
in der Einheit dieses wohlwollenden Geschmacks er-
lebt, man hätte leicht denken können, daß die Auf-
stellung in dem großen Saal am Kurfürstendamm, der
mit seinen Dimensionen alle Reize jenes stillen Zu-
sammenwohnens zerriß, die Reste verschiedenster Anti-
quitätenläden abgab. Ja bange Laiengemüter begannen
für den Tag der Entscheidung zu fürchten, schalten
die Lage der beiden Auktionen unökonomisch oder
prophezeiten gar den drohenden Sturz des Kunst-
marktes. Doch es kam wie bei Oppenheim, will
sagen: ruhig und fest, wenigstens bei dem Teil der
Gemälde. Anfangs ließ man allerdings einige Stücke,
meist erheblich unter Taxe, ihren Weg wandern und
ein interessantes Bild in der Art des Lorenzo di Bicci
mit 3400 M. in den Besitz des Berliner Sammlers
Silberstein übergehen, wo es zwischen den Holzfiguren
dieser Sammlung mit seinem Goldgrund einen be-

lebenden Wert hervorbringen wird. Und wenn auch
der Name Giovanni di Paolo für eine Madonna mit
Kind nicht absolut nötig war, so wußte wohl Herr
Böhler, daß mit 4800 M. gegenüber der Konjunktur,
die die Kaufmann - Auktion für italienische Primitive
geschaffen hat, durchaus nichts verloren ist. Und nun
glaubte man, es würde um die edle Ruhe des schönen
Frauenporträts, das man dem Ghirlandajo verlegen
zuschreibf, etwas lauter und der Taxpreis weit über-
stiegen werden. Allein es war keine Sensation, als es
Böhler-München mit 71 000 M. zugeschlagen wurde.
Nur Herr v. Nemes blieb innerlich nicht ganz ruhig
und ist zu dieser Stunde wohl schon glücklicher Be-
sitzer. Auch für das kleine Architekturstück von
Guardi waren 13500 M. nicht zu hoch. Auch der
groß empfundene Männerkopf des Meisters von Fle-
malle überholte mit 81 000 M. nur gering die Tax-
höhe. Etwas bewegter war das Gebot um die gute
Studie zum Münchener Bild »Die Raucher«, das an
Herrn Sittenfeld-Berlin, einem neuen Sammler, mit
26 000 M. ging, während dem zweiten Brouwer das
Fragezeichen des Katalogs mit Recht nur 7100 M.
zubilligen konnte, dagegen die Landschaft mit den
Fischern von Teniers mit 22 000 M. ihren Liebhaber
fand. Bei dem Bildnis einer jungen Frau aus dem
Jahre 1533, das’einem holländischen Meister zuge-
sprochen wird, trat das Ausland zum ersten Male als
Käufer auf und Kröller-Amsterdam brachte mit 18200 M.
 
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