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DER KUNSTMARKT
Klasse von Käufern möglich ist, auf das Ergebnis der
Auktion in gewünschter Richtung einzuwirken.
Wir verstehen wirklich nicht, was durch die ge-
plante Regierungsmaßnahme verändert oder gebessert
werden soll. Die einzige Veränderung, die wir sehen,
ist die, daß an Stelle von Auktionatoren, deren Per-
sönlichkeiten sich durch Sachkenntnis und Handel
in langer Zeit bei den Kennern Sympathie und Au-
torität erworben haben und die damit eine gewisse
Garantie für die Auktion bieten, nun fremde Personen
treten, die entweder infolge ihrer mangelnden Sachkennt-
nis (indem sie an der Versteigerung absolut »unbeteiligt«
sind) den Interessen des Verkäufers und der Käufer zu-
wider handeln; oder daß sie im Sinne ihrer Vor-
gänger arbeiten und alles wieder so ist wie es war.
Also damit wird der von uns gerügte Mißstand
nie und nimmer beseitigt. Den Aufsichtsorganen
möchten wir ans Herz legen, sich mit der Frage zu
beschäftigen, wie es ohne Störung für den gesunden
und ehrenhaften Handel verhindert werden kann, daß
unsachgemäße Limiten aufgestellt werden, durch welche
Kenntnislose zu übertriebenen Geboten verführt werden;
und wie es erzielt werden kann, daß jeder Rückkauf,
sei es durch den Auktionator, sei es durch den Be-
sitzer oder einen von ihm Beauflraoten, sogleich beim
Zuschlag als Rückkauf bezeichnet und der Preis nicht
weiter veröffentlich wird.
Eine Bestimmung so zu formulieren, daß sie dem
yerkäufer die notwendige Freiheit sichert, seinen Be-
sitz nicht unter einem vorgesetzten reellen Preise und
bestmöglich loszuschlagen; den Käufer aber vor den
Machenschaften geheimer Strohmänner sichert: das
dürfte eine harte Nuß sein, an deren Knackung sich
vielleicht einmal diejenigen beteiligen, die sich neuer-
dings berufen fühlen, durch moralisierende Leitartikel
die — wie sie zu glauben scheinen — gänzlich kennt-
nislose Klasse der Kunstsammler auf die Torheit ihrer
Käufe aufmerksam zu machen. q. k.
DIE SAMMLUNG DES GEHEIMRATES STUMPF-BERLIN
VERSTEIGERUNG 7. MAI 1918 BEI RUD. LEPKE IN BERLIN
Nach den großen Sammlungen mit ihren großen
Schlagern, die im letzten Winter auf den Markt kamen,
interessiert die Sammlung des Geheimrats Stumpf
durch die kraftvolle Breite eines höchst respektablen
Mittelgutes. Über 100 Bilder der niederländischen
Schulen des 17. Jahrhunderts vermitteln einen schönen
. geschlossenen Eindruck. Entstanden ist die Sammlung
am Rhein in Mülheim, wo der Schwiegervater des
jetzigen Besitzesr, Geheimrat Dr. Hölscher, meist aus
älteren niederrheinischen Beständen sie in den letzten
30 Jahren vereinigte. Um einige wertvolle Stücke
konnte dann Geheimrat Stumpf das Erbe bereichern und
das bedeutendste Stück der Sammlung, das Porträt
eines Edelmanns mit Degen und Kette von A. v. Dyck,
hinzufügen. Das schöne Werk aus der Frühzeit des
Meisters stamnft aus der berühmten Sammlung Königs-
wärter-Wien. Ein zweiter van Dyck ist die kleine
Vorlage braun in braun, die er dem Paul Pontius
für seinen Stich in der Ikonographie für das Porträt
des bekannten spanischen Edelmanns Don Emanuel
Frockas Perera gab. Von weiteren vlämischen Meistern
ist Teniers vertreten, besonders gut mit dem Interieur
eines Stalles, das koloristisch aus den vierziger
Jahren stammen dürfte und dessen Tiere man Saftleven
zuweist. Eine helle durchsichtige Landschaft und ein
kleines Bild der Spätzeit, Bauern am Kamin von
Teniers, erinnert an ein gleiches Thema der Galerie
Liechtenstein!
Besonders reich ist die Sammlung an holländischen
Landschaften. Eine signierte und 1643 datierte An-
sicht der Maas bei Dordrecht von Goijen vertritt die
mittlere Zeit gut. Sehr schön ist die Kanalansicht
desselben Künstlers in ihren lichten goldenen Tönen, die
den fünfziger Jahren angehört und deren Häusergruppe
in einem ähnlichen Bild der Augsburger Galerie wieder-
kehrt. Salomon Ruisdael vertritt mit einer Ansicht von
Scheveningen wohl eine frühere Zeit, während die
signierte und 1651 datierte Flußlandschaft mit ihren
silbrigen Tönen, den breiten weichen Lichtmassen die
reife Zeit des Künstlers vortrefflich charakterisiert. Mit
dem einfachen Motiv, wenige Bäume und ein Haus,
und den tiefen schweren Tönen der Gegenstände
charakterisiert Jacob van Ruisdael seine Frühzeit in
einem kleinen Bilde, welches signiert und 1647 datiert
ist. Von Cornelis Dekker, dem Schüler Salomon Ruis-
daels, enthält die Sammlung eine seiner schweren
Kompositionen, während Roelof Vries in einem sehr
interessanten Bilde, das eine Baum- und Hausgruppe
am Wasser schildert, sich die freiere und leichte Kom-
position Hobbemas zu eigen gemacht hat, in der Farbe
aber stumpfere Töne bevorzugt. Dem nicht häufigen
Anthonie van Borssom schreibt man mit Recht eine
Landschaft zu. Mit sehr guten Werken sind die
italienisierenden Landschafter vertreten; darunter eine
schöne Landschaft mit Hirten von Karel du Jardin, ein
interessanter Pynacker und besonders das Grabmal
der Plantier bei Tivoli von Jan Both, der in diesem
kleinen Format mit den breiten, von goldenem Licht
fast durchsichtigen Massen eine ungezwungene Monu-
mentalität der Campagnalandschaft erreicht. Besondere
Aufmerksamkeit verdient das Waldbild des seltenen Jan
Hackert, das sich den wenigen schlichten Naturschilde-
rungen anschließt und seinen Romantismus meidet.
Das holländische Porträt ist am wenigsten in der
Sammlung vertreten. Eine Familiengruppe, die man
Th. de Keyser nannte, kann sich mit diesem Namen
nicht halten und dürfte vielleicht Molenaer zuzuweisen
sein. Die drei Porträts von Ceulen tragen die Daten
1627 und 1662. Dagegen bildet die Genremalerei
neben der Landschaft den Hauptteil der Sammlung.
Von den drei Werken Pieter Coddes interessiert vor-
nehmlich die Gesellschaftszene, die früher Dirk Hals
hieß, aber ihrer kräftigen Farbe wegen der früheren
Zeit des Meisters (ca. 1630) zuzuweisen ist. Ein zweites
Bild, die Gefangennahme eines Offiziers, geht in der
tonigen Bindung der Lokalfarben anderen Wirkungen
DER KUNSTMARKT
Klasse von Käufern möglich ist, auf das Ergebnis der
Auktion in gewünschter Richtung einzuwirken.
Wir verstehen wirklich nicht, was durch die ge-
plante Regierungsmaßnahme verändert oder gebessert
werden soll. Die einzige Veränderung, die wir sehen,
ist die, daß an Stelle von Auktionatoren, deren Per-
sönlichkeiten sich durch Sachkenntnis und Handel
in langer Zeit bei den Kennern Sympathie und Au-
torität erworben haben und die damit eine gewisse
Garantie für die Auktion bieten, nun fremde Personen
treten, die entweder infolge ihrer mangelnden Sachkennt-
nis (indem sie an der Versteigerung absolut »unbeteiligt«
sind) den Interessen des Verkäufers und der Käufer zu-
wider handeln; oder daß sie im Sinne ihrer Vor-
gänger arbeiten und alles wieder so ist wie es war.
Also damit wird der von uns gerügte Mißstand
nie und nimmer beseitigt. Den Aufsichtsorganen
möchten wir ans Herz legen, sich mit der Frage zu
beschäftigen, wie es ohne Störung für den gesunden
und ehrenhaften Handel verhindert werden kann, daß
unsachgemäße Limiten aufgestellt werden, durch welche
Kenntnislose zu übertriebenen Geboten verführt werden;
und wie es erzielt werden kann, daß jeder Rückkauf,
sei es durch den Auktionator, sei es durch den Be-
sitzer oder einen von ihm Beauflraoten, sogleich beim
Zuschlag als Rückkauf bezeichnet und der Preis nicht
weiter veröffentlich wird.
Eine Bestimmung so zu formulieren, daß sie dem
yerkäufer die notwendige Freiheit sichert, seinen Be-
sitz nicht unter einem vorgesetzten reellen Preise und
bestmöglich loszuschlagen; den Käufer aber vor den
Machenschaften geheimer Strohmänner sichert: das
dürfte eine harte Nuß sein, an deren Knackung sich
vielleicht einmal diejenigen beteiligen, die sich neuer-
dings berufen fühlen, durch moralisierende Leitartikel
die — wie sie zu glauben scheinen — gänzlich kennt-
nislose Klasse der Kunstsammler auf die Torheit ihrer
Käufe aufmerksam zu machen. q. k.
DIE SAMMLUNG DES GEHEIMRATES STUMPF-BERLIN
VERSTEIGERUNG 7. MAI 1918 BEI RUD. LEPKE IN BERLIN
Nach den großen Sammlungen mit ihren großen
Schlagern, die im letzten Winter auf den Markt kamen,
interessiert die Sammlung des Geheimrats Stumpf
durch die kraftvolle Breite eines höchst respektablen
Mittelgutes. Über 100 Bilder der niederländischen
Schulen des 17. Jahrhunderts vermitteln einen schönen
. geschlossenen Eindruck. Entstanden ist die Sammlung
am Rhein in Mülheim, wo der Schwiegervater des
jetzigen Besitzesr, Geheimrat Dr. Hölscher, meist aus
älteren niederrheinischen Beständen sie in den letzten
30 Jahren vereinigte. Um einige wertvolle Stücke
konnte dann Geheimrat Stumpf das Erbe bereichern und
das bedeutendste Stück der Sammlung, das Porträt
eines Edelmanns mit Degen und Kette von A. v. Dyck,
hinzufügen. Das schöne Werk aus der Frühzeit des
Meisters stamnft aus der berühmten Sammlung Königs-
wärter-Wien. Ein zweiter van Dyck ist die kleine
Vorlage braun in braun, die er dem Paul Pontius
für seinen Stich in der Ikonographie für das Porträt
des bekannten spanischen Edelmanns Don Emanuel
Frockas Perera gab. Von weiteren vlämischen Meistern
ist Teniers vertreten, besonders gut mit dem Interieur
eines Stalles, das koloristisch aus den vierziger
Jahren stammen dürfte und dessen Tiere man Saftleven
zuweist. Eine helle durchsichtige Landschaft und ein
kleines Bild der Spätzeit, Bauern am Kamin von
Teniers, erinnert an ein gleiches Thema der Galerie
Liechtenstein!
Besonders reich ist die Sammlung an holländischen
Landschaften. Eine signierte und 1643 datierte An-
sicht der Maas bei Dordrecht von Goijen vertritt die
mittlere Zeit gut. Sehr schön ist die Kanalansicht
desselben Künstlers in ihren lichten goldenen Tönen, die
den fünfziger Jahren angehört und deren Häusergruppe
in einem ähnlichen Bild der Augsburger Galerie wieder-
kehrt. Salomon Ruisdael vertritt mit einer Ansicht von
Scheveningen wohl eine frühere Zeit, während die
signierte und 1651 datierte Flußlandschaft mit ihren
silbrigen Tönen, den breiten weichen Lichtmassen die
reife Zeit des Künstlers vortrefflich charakterisiert. Mit
dem einfachen Motiv, wenige Bäume und ein Haus,
und den tiefen schweren Tönen der Gegenstände
charakterisiert Jacob van Ruisdael seine Frühzeit in
einem kleinen Bilde, welches signiert und 1647 datiert
ist. Von Cornelis Dekker, dem Schüler Salomon Ruis-
daels, enthält die Sammlung eine seiner schweren
Kompositionen, während Roelof Vries in einem sehr
interessanten Bilde, das eine Baum- und Hausgruppe
am Wasser schildert, sich die freiere und leichte Kom-
position Hobbemas zu eigen gemacht hat, in der Farbe
aber stumpfere Töne bevorzugt. Dem nicht häufigen
Anthonie van Borssom schreibt man mit Recht eine
Landschaft zu. Mit sehr guten Werken sind die
italienisierenden Landschafter vertreten; darunter eine
schöne Landschaft mit Hirten von Karel du Jardin, ein
interessanter Pynacker und besonders das Grabmal
der Plantier bei Tivoli von Jan Both, der in diesem
kleinen Format mit den breiten, von goldenem Licht
fast durchsichtigen Massen eine ungezwungene Monu-
mentalität der Campagnalandschaft erreicht. Besondere
Aufmerksamkeit verdient das Waldbild des seltenen Jan
Hackert, das sich den wenigen schlichten Naturschilde-
rungen anschließt und seinen Romantismus meidet.
Das holländische Porträt ist am wenigsten in der
Sammlung vertreten. Eine Familiengruppe, die man
Th. de Keyser nannte, kann sich mit diesem Namen
nicht halten und dürfte vielleicht Molenaer zuzuweisen
sein. Die drei Porträts von Ceulen tragen die Daten
1627 und 1662. Dagegen bildet die Genremalerei
neben der Landschaft den Hauptteil der Sammlung.
Von den drei Werken Pieter Coddes interessiert vor-
nehmlich die Gesellschaftszene, die früher Dirk Hals
hieß, aber ihrer kräftigen Farbe wegen der früheren
Zeit des Meisters (ca. 1630) zuzuweisen ist. Ein zweites
Bild, die Gefangennahme eines Offiziers, geht in der
tonigen Bindung der Lokalfarben anderen Wirkungen