Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,1.1908

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1908)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Nationale Arbeit
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7704#0017
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Iahrg.22 Erstes Oktoberheft 1908 Heft 1

Nationale Arbeit

^eitschrift hat oft in scharfem Widerspruche zu Männern
^^gestanden, die sich ganz vorzugsweise als Verfechter des Natio-
^ Epfanden, sie waren andrer Meinung über dies und
unirer Arbeit nationales Wesen bestritt noch keiner. Also
^ eine Art, national zu sein? Wir dürfen auf
- ^offen, wenn wir im folgenden sagcn, wie gerade wir
rrwV». ^s^oe von dieser Seite her sehen. Es ist an der Zsit.
^-2, ' ^er Kunstwart wird künftig so wenig parteipolitisch sein, wie
vzer, weniger noch, womöglich, denn er betrachtet zur Verwirk-
Ziele das Sammeln einer tatstarken Partei der Un-
^ ^us allen Fraktionen her als ein ganz unumgängliches
^ utel. Aber seine nationalen Aufgaben treten jeht mehr in den
Knoch früher. And national fühlt er sich bis in die

Wie sollten wir uns das auch vorstellen, Kraft ohne Nationalität?
A>are das nicht beinahe ein Widerspruch in sich selbst, so etwas wie:
Krast ohne Kraftquelle? Das Nationale ist das Vererbte, das seit
Nrvätern her immer wieder Vererbte, das, was schon im Zwanzig-
jahrigen Iahrtausende alt ist — wenn das nicht das Festeste in
uns ist, was, bei allen Naturwissenschaften, ist es denn? Ein Pracht-
gcdauke, nicht nur aus seiner Haut, gleich aus seincm Aderwerk
herauszukönnen, ohne entzweizugehn! Die höchstmöglichen Leistungen
onnen wir nur durch die Kräfte erreichen, wclche in uns die stärksten
es nicht, ob beim Einzelnen nach dem großen
^ Genialität wirklich auch solche sein können, die ihn
ab->V seines Volkes ablenken. Bei einem Volke als ganzem

stärksten Kräfte gewiß nur die tiefest gewurzelten,
w vererbten sein, also nächst denen aus der Tierheit her die
^ölkischcn. Aber beengt uns dann nationale Arbeit
follte sie's: das Nationale bcdeutet ja weder einen
aum noch einen ^toff, sondern aus der Wesenseigenart heraus
erne Werse. Eine Weise, zu verarbeiten, was überallher
ausgenommen sein kann und was, je mehr wir wachsen wollen, je mehr
aufgenommen werden muß. Deutscheste uuter den
'-eutschen, ein Walter, ein Luther, ein Goethe griffen, bewußt oder
.^k'^sch^rung o.uch in weite Fernen, die Dichtungs-
. " , ^"MÜvschichte reiht für solche Aneignungen Beispiel an Bei»
>ple, und unsre religiösen Ideen selber stammen ja aus dem Orient.

nn sie nur „verdeutscht" werden können, nicht bloß übertragen,
lonoern zunächst erarbeitet und dann verarbeitet durch unsre
r . Dann reizt sich unsre Kraft gerade an völlig Nngewohntem
Mltunter zur höchsten Anspannung. Erst wenn man die fremde
mnere Weise sich aneignen will, wenn man fühlen will, wie
nur ein Volk fühlen kann, das in Hirn und Herz anders geartete
Krastvorrate gespeichert trägt, erst dann beginnt an Stelle des Einar-

h Oktoberheft M3 l
 
Annotationen