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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,1.1908

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1908)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7704#0086
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Lebende Worte

fallen ja jetzt so umfänglich aus,
als wäre der Kunstwart keine Halb-
monats-, sondern eine Monats-
schrift. Daran ist natürlich die
Erweiterung unsres Stoffgebietes
schuld, wir bringen das „kompri-
mieren" leider noch nicht so gut
zustande, wie wir's wünschen. War-
um reden wir dann wieder davon?
Um wieder einmal zu betonen, daß
wir es wünschen. °Um wieder ein-
mal zu bekennen, daß wir selber
der Meinung sind: der Kunstwart
gebe zum Verarbeiten zu viel, er
müsse schlanker werden. Wir wer-
den ihn schlanker machen, sobald
wir's können. Hoffentlich zeigt schon
das nächste Heft eine etwas pap-
pelähnlichere Gestalt. Vei diesem

ersten des Iahrgangs mußten wir
ja auch daran denken, den Neuen
in unserm Kreis ein möglichst viel-
seitiges Bild zu zeigen.

Begeisterung

ie Künste der Musen sind kein
leeres Spiel. Die Todesverach-
tung des Kriegers, die hingebende
Treue des Bürgers, alles Große
und Edle im Leben hat dieselbe
Ouelle, wie die Schöpfungen des
Dichters, des Malers, des Musi-
kers: die Begeisterung, welche nichts
ist als das Selbstvergessen des Men-
schen gegenüber dem Ewigen, dem
Rechten, dem Wahren.

(Grillparzer an Erzherzog
Maximilian)

Unsre Bilder und Noten

us ragender Höhe gesehn das Meer, wie sich's „mit erwärmtcn
Buchten" der Sonne entgegcnweitet. „Sie rückt und weicht" und
^^^baut zum Betrachter hin das allabendliche Wunder der Brücke aus
bewegtem Gold. Spreche ich so, so wiederhole ich Worte voller Ver-
gleiche, Worte voller Andeutung von Geschehen, das nacheiuander ge-
schieht — Worte also, mit denen der Maler nichts anfangen kann. Der
Maler, der dem gewaltigen Naturschauspiele durchs Auge nahekommen
will, muß Raum und Farbe bildcn.

Der Betrachter wolle unsern Steindruck nach Ludwig von Hof-
manns hoheitsvoll feierlichem Werke nicht zu nah vor sich halten
und ziemlich tief; wenn er sitzt und das Blatt senkrecht hält, mindcstens
so tief, daß die Horizontlinie des Meeres in scine Augenhöhc, besser
noch so, daß sie noch tiefer kommt, — dann wird auch die Nachbildung
schon eine wundersame Raumillusion entwickeln: er wird sich auf der
Hähe fühlen und das Meer sich weit, weit in die Fernen dchncn sehn.
Die Fläche wird zum Wasscr werden, zum durchsichtigen, schillernden,
blinkenden. Die Sonne wird zu versinken scheinen aus dem luftigen
Golde hinab in jenen dichteren rötlichen Dunst, dessen Streifen jeder
kennt, der das Meer kennt. Und er wird sich im Großen klein und im
Reichen reich fühlen mit der fernen kleinen Menschengestalt dort unten,
die in Andacht bis in die knisternden Wellen der Sonne zugeschritten ist.*

* Das Werk ist uns so schön erschienen, daß wir danach noch einen
großen farbigen Steindruck (Bildgröße 30 : 37,5 oin) haben anfertigeu
lassen, der allerdings seine Werte noch anders zur Gcltung bringt,
als hier möglich war. Er ist als „Vorzugsdruck" dcs Kunstwarts, auf
weißen, büttenartigcn Karton im Formate von U:62,5 oin aufgeheftet,
für 2,50 Mark zu beziehen.

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Kunstwart XXII, ( ^
 
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