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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,1.1908

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Heft 4 (2. Novemberheft 1908)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7704#0303
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Geschmackszensur für den
Anzeigenteil?

eulich habcn mir ein paar Leser
einen Prospekt geschickt, der auch
unserm Blatte beilag und in dem
so nebenbei unter andern Sachen
bemalte Weinschläuche als Zim-
merschmuck empfohlen wurden. Da°
zn schrieben sie: ja, finden Sie
das denn schön? Ganz gewiß nicht
— aber habe denn ich es emp-
fohlen? Weder ich noch der Ver-
lag. Ich meinerseits habe es über-
haupt erst gesehen, als ich's nach
Lmpfang jener Briefe hervorholte,
denn die Anzeigen und Prospekte
zu prüfen, ist Sache des Verlags.
Der lehnt alles ab, was ihm irgend-
wie sittlich anfechtbar erscheint; ich
darf den Lesern verraten, daß er
seinen Gewinn am Kunstwart ganz
ohne Mühe verdoppeln und ver-
dreifachen würde, wenn er in
dieser Beziehung auch nur so
wenig skrupelhaft wäre, wie die
ungeheure Mehrzahl unsrer höchst-
geschätzten Tageszeitungen, „Welt-
blätter" nicht ausgenommen. Eine
Geschmacks zensur aber, darf er
die überhaupt einführen? Alle,
denen ich je was am Zeuge ge-
flickt habe iu diescn langen cin-
undzwanzig Iahren, sind von

meiner „Geschmacksthrannei" felsen-
fest überzeugt. Wenn nun auch
noch der Verlag den Anzeigen-
teil den Leuten verriegelte, deren
Geschmacke es im Texte übel er°
geht — ich glaube, dann würden
Klagen über unsre Intoleranz be°
rechtigt sein.

Mir scheint, es ist wirklich genug,
daß jeder Leser und jeder Inserent
weiß: es läßt sich durch keine An-
nonce im Kunstwart auf ein Urteil
im Texte einwirken. Es wäre ganz
gewiß sehr schön, wenn wir über-
haupt keine Anzeigen brauchten,
aber leider: alle Blätter, die Ahn-
liches bieten wie das unsre, brauchen
sie. Die Bestellgelder bezahlen viel-
leicht den Text, die Annoncen
bezahlen den Lesern die
Bilder und Noten. Wir
brauchen die Inserenten also und
wir wollen ihnen dankbar sein.
Aber was sie sagen, das sageu sie
bei uns im Kunstwart allein
im Anzeigenteil unter eigner Ver-
antwortung und gezeichnet mit
ihrer Firma. Der Verlag seiner-
seits empfiehlt es weder, noch tadelt
er's, er legt cs unverschleiert
als das, was es ist, zur Kenntnis
und Prüfung gebildeten Lesern vor,
die prüfen wollen und sichten
können. A

Unsre Bilder und Noten

^^wei Bilder von ein und demselben Künstler Fritz Mackensen,
^^die bcide Bilder von ernster menschlicher Arbeit und zugleich Bilder
^-^tiefen Naturfriedens sind. Sie sind sogar in der Komposition mit-
einander verwandt. Wir geben das eine in farbigem Steindruck (der
uns diesmal ungewöhnlich schön gelungen scheint), das andre in ein-
farbigem Londruck wieder.

Wenu wir nach den Kunstmitteln fragen wollen, die die ganz eigen-
tümlichen starken Reize dieser beiden Werke übermitteln, so wird uns
vor dem Bilde des Sämanns die Antwort am leichtesten werden. Die
äußerste Vereinfachung in der Monumentalisierung der Sämannsgestalt
wie in der Landschaft, die schier nichts als Weite ist, als tief in die

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