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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 7 (Aprilheft 1927)
DOI Artikel:
Rinn, Hermann: Über die kulturelle Bedeutung der Zeitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0030

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um AusbeuLung und Naub gehk. Qrdrumg, KulLur, Geisl sind hier lediglich
erne leere ALLrappe über dem anLlchrisilichen, unmenschlichen, geseHlosen maLe-
rialisiischen Gewinnsireben einer nnfaßbaren, unpersönlichen MachL. Als un-
miLLelbare ReakLion gegen diese MachL sind die sozialisiischen Presseresormen
zu beLrachLen, der Marxismus isi ja auf dem Grunde derselben, ökonomisch-
maLerialisiischen WelLanschauung nur das Widerspiel zum Hochkapikalismus.
Wenn auch in DeuLschland die amerikanischen Rekorde unerreichL blieben, so
isi der kapiLalisiische Grundbaß in dem vielgeliebLen Prinzip: „billig und
schlechL" doch deuLlich genug herauszuhören, so isi dieser Geisi im Aufkauf von
KonkurrenzbläLLern und Anzeigenagenkuren (!) am Werke zu sehen. Der Kamps
gegen die vom HochkapiLalismus verseuchie Lügen-Presse isi wahrhaskig ein
Kreuzzug gegen die Barbaren. Welche Wirkungen von ihr über den Weg ciner
geknebelken, „gekaufien und bezahlken" Publizisiik ausgehen müssen, kann man
sich klarmachen an dem grauenhasken Gesiändnis eines amerikanischen Jour-
nalisien: „Welche NarrheiL, auf eine unabhängige Presse zu Loasten! Wir
sind dic Werkzeuge und die Vüsallen reicher LeuLe, die hinker der Szene stehen...
Wir sind ProstiLuierLe des Geisies" (ziL. nach DovisiaL).

II.

Was die politische (heuke parteipolikische) Zeikung von vornherein über die Ge-
schäsLszeikung erhebk, isi das Geisiige und Gesinnungsmäßige als ihr ursprüng-
licher Zweck. ParLeien entsiehen solgerichkig aus der Auslösung von Gemein-
schaften, und cine Zeitung, die sich ohne Hintergedanken, aus Gesinnung sür eine
ParLei einsehi, haL nichL ohne weiteres als kulLurfeindlich zu gelLen. SLandpunkke
und Programme bedingen zwar eine EinseiLigkeik, die aber an sich nichL „böse"
sein muß und jedensalls der gefährlichen „ObjekLiviLäL" der GeschäfLspresse
übcrlegen isi. Die Verdienste der polikischen Pressc, wie die TaLsache, daß
große PersönlichkeiLen in ihrem Diensi standen und aus ihr emporwuchsen,
beweisen genug für die gewaltigen in ihr liegenden Möglichkeiten. Kultur-
schasfend isi sie aber immer nur in dem Maße, als sie, um miL GogarLen zu
reden, den Anspruch der GegenparLei zu vernehmen, anzuerkennen und zu er-
Lragcn weiß, als sie den Willen zu ehrlicher AuseinanderseHung und Aus-
sprache ausbringt, und das BewußLsein nicht verlierk, daß sie nur eine Seike
vertritL und die polikische Welt nur aus gemeinschaftlichen Kräfken zu erschasfen
isi. Sie wirkL zerstörcnd, sobald ihr das Gedeihen der eigenen ParLei höher stehk
als das Heil des Ganzen, als sie deren Anspruch nicht mehr dem höheren An-
spruch unLerzuordnen gewillt isi. Wenn die politische Zeikung heute vielsach
auf cin bedauerliches Nrveau gesunken und von dem Nredergang des politi-
schen Geistes, seinem Verlusi an AuLoriLät, hierarchischer Ordnung und Orien-
Lierung nach ewigen WerLen, ergrisfen isi, ja ihn noch fördert, so dars man
nicht meinen, daß die politische Publizistik an sich ekwas Halbes, ZweideuLi-
ges, SubalLernes sei, dars nicht vergessen, daß zu den Ahnen des LeiLarLikel-
sabrikanten auch ein Görres gehört und daß das polikische Work ein aus großem
Willen, VorsaH und Herzen geborenes, zündendes, MuL, EnLschlossenheiL,
VeranLworLung aktivierendes isi, nichk das agitakorische Schlagwork, die aus-
gequetschte Phrase, die kalte, geist- und „schamenLwöhnte" Rhekorik. Das aus
der Nol der realen SiLuation, Aug in Aug mik der WirklichkeiL aufspringende,

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