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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 7 (Aprilheft 1927)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0065

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Natur auS, in all ihrer Räumlichkeit,
all ihren Reizen stofflicher Unterschiede
und dem dazn nötigen Orchester oon
Tönen und Übergangstönen, und auf
die Darstellung der ganzen komplizierten
optischen Erschei'nung sind seine Mi'ttel
gcri'chtet. Di'e junge Kunst hingegen sucht
der Natur ein geistigeS Substrat abznge-
winnen, dessen sichtbare Form wesent-
lich einfacher scin soll. Deshalb liegt ihr
daS Studium von Trübners künstleri-
schen Mitteln trotz all i'hrer technischen
Schönheit momentan fern. Doch ist für
Trübners Kunst jetzt eine breitere Schicht
aufnahme- und genußfähig geworden,
unö es ist deshalb zn begrüßen, daß
dies Lebenswerk in seiner Gesamtheit
zur Wirkung gebracht wurde. Das mo-
derne Element in der Kunst Trübners,
ihr naturnaher Realismus, ihre herbe
Sachlichkeit, die den Künstler selbst lange
vom Erfolg trennte, bewirkt es, daß
uns jetzt Welt und Zeit, in der er lebte,
auS seinen Werken anblickt wie helle
Gegenwart.

Trübners frühe Entwicklung, sein Auf-
stieg zur Meisterschaft in wenig Jah-
rcn — die Ausstellung demonstrierte ihn
klar — ist einzigartig. igZi geborcn,
eignete er sich schon vor seincm achtzehn-
ten Jahre das damals noch gepflcgte
traditionelle maltechnische Können an.
Im Bewußtsein dieser Fähigkeit nahm
er mit seltener Jntensität und künstleri-
schem Jnstinkte alles auf, was seine Na-
tur ausbauen und festigen konnte. Jedcs
Werk der ersten 70 er Jahre (wir sahen
diese originellen Sachen fast alle bei-
sammen) ist eine Phase der rapiden
Entfaltung und schon meisterlich in der
Realisierung des Gewollten. Jm Jahre
1876, ja schon früher, und bloß durch
das Militärjahr gehemmt, ist aus der
sich überstürzenden Ouelle dieser Produk-
tion ein breiter, starker Fluß geworden
mit vielen parallelen Leistungen. Aus
dem einen Jahre 76 hatten wir zehn
starke Bilder beisammen, darunter das
herrliche Bildnis des Malers Karl
Schuch, von 7Z einige Dragoner-
bilder und daS glänzende Porträt des
Einjährigen, von die Christusbildcr,
von 7Z eine Mcnge: LiebeSpaar mit
Hund, Heidelbergcr Schloß (Wendeltrep-
pe), Mohrenbild, Mädchen hinterm
Vorhang, die großen Stilleben und das
schon so stark ins Monumentale gehende
Bildnis eines Landwehroffiziers.

Trübner fiel später zeitweise dem Zeit-
geschmack anheim in der Wahl von my-
thologischen Motiven. Seine stark rea-
listische Anschauungsweise bildete dazu
einen peinlichen Widerspruch. Die Aus-
stellung zeigt eim'ge dieser Bilder, die
immerhin ihr hohes Niveau als Malerei
besitzen. Jn den achtziger Jahren ruhte
Trübners Kunst lange Zeit völlig. Als
er sie wieder aufgriff, erlebte sie eine
Erneuerung, eine zweite Blüte. Noch
direkter, alles Gekonnte demütig able-
gend, wendet sich der Künstler der Na-
tur zu, jetzt der Landschaft. Mit unend-
licher Hingabe lauscht er ihr die zartesten
atmosphärischen Töne ab und lebt er sich
ein in eine neue Skala lichter Farben.
Zuerst noch zeichnerischer und wie ta-
stend, findet er wieder seine eigene breite,
zusammenfassende malerische Weise und
kommt gegen igoo zu Resultaten, welche
uns wohl oft fragmentarischer, aber doch
immer heftiger, neuartiger, eigenwilliger
berühren als alles Frühere. Aus den
Zyklen der Chiemseebilder, vom Kloster
Seeon, Cronberg und besonders Amor-
bach und den ein Jahrzehnt später ge-
malten Zyklen von Schloß Hemsbach,
dem Starnbergersee und Stift Neuburg
war ei'ne bedeutende Zahl stärkster Land-
schaftsbilder beisammen. Zu einer unge-
heuern Kraft der Realität sind viele
dieser Sachen gebracht, und wir er-
innern uns noch der befreienden Wir-
kung, die sie ausübten in den deutschcn
Kunstvereinen zur Zeit ihrer Entstehung.
Trübners malerische Kraft und Verve
kulminiert im Postillon in der Sonne
und den großen Reiterbildm'ssen. Die
dunkel gehaltenen Bilder — Trübner
läßt i'n denselben wieder alle Pracht
der tiefen Farben, in den braunen Ros-
sen alle satten Spiegelungen des Wal-
desdunkels spielen — lassen uns doch
hellsteS Tageslicht empfinden.

S. Burckhardt

Hedwig Courths-Zltahler

iese hervorragende deutsche Dichterin
feierke am 16. Februar ihren 60.
Geburtstag. Wenn man der Ankün-
digung ihres rührigen Verlegers trauen
darf — doch wozu dieses kränkendeMiß-
trauen! nein, glauben wir getrost, daß:

1. der größte Teil der deutschen Presse
dieses Tages gedacht hat;

2. viele Bilderzeitungen das Porträt der
Jubilarin gebracht haben;
 
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