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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 8 (Maiheft 1927)
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Gerathewohl, Fritz: Über Wesen und Aufgabe des Rundfunks
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0122

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Diese Grenzen werden zum Schaden ihres Ansehens durchaus nichk von allen
Sendegesellschasken eingehalken; erkannk hak sie der Jnkendank des bayerischen
Rundsunks, Kurk von Böckmann, wenn er, wie er es kürzlich ausdrückke, im
Rundsunk zwar in erster Linie ein Jnstrumenk der Volksbildung siehk, jedoch
keines, dem die Ausgabe zustände, Wissen schlechkhin zu vermikkeln, sondern
eines, das Verstandesschulung nur insofern zu erstreben hak, als es „den Men-
schen von heuke als Einzelpersönlichkeik, Familienglied und Skaatsbürger mik
deu Dingen von heuke in Verbindung seHk."

Eine nokwendige Ergänzung, ja Voraussehung dieser Ausgabe ist denr Nund-
sunk, wie Böckmann wcikerhiu feststellke, darin gegeben, daß er, wohl inkensiver
und wirksamcr denn irgendein anderes Unkcrnehmen, beständig bemühk sein
kann, durch künstlerische Veranstalkungen Gemütskräfke zu erwecken, zu
lockern und zu befreien. Hierin scheinen uns in der Tak dem Rundfunk Möglich-
keiken geboken zu sein, die von jedem anzuerkennen sind, der eine nur verstandes-
mäßig bedingke Volksbildungsarbeik ablehnk und überzeugk ist, daß es an der
Zeik wäre, sich endgülkig von einer Überschätzung bloßer Wissensvermikklung
sreizumachen.

*

Innerhalb seiner Grenzen hak der Rundsunk nichk bloß als eine 2lrk ErsaH-
instikuk sür Theaker, Konzerk- und Hörsaal zu dienen und lediglich den Vor-
keil zu nuHen, daß er, ungebunden an Raumverhälknisse, dork gebokene oder in
erster Hinsichk zu biekende künstlerische und geistige Werke schlechk und rechk
vernükkelk, sondern er hak sich, wie der Film in seiner Weise, zu bemühen,
einen seiner Wescnheik enksprechenden eigenen Skil zu schassen.

Ein Redner, der nur durch die Skimme aus seine Hörer wirkk, hak seinm
Vorkrag anders aufzubauen und auszudrücken als einer, dem überdies Mimik,
Gestus und Blick als Wirkungsmitkel zur Verfügung stehcn. Ein Drama, das
von seinem Dichker sür die Schaubühne bestimmk ist, kann unmöglich ohne
weikeres aus nur-akustische Wirkung eingestellk werden, und wenn es sür
den Funk bearbeikek wurde, so bedars es einer durchaus anderen Regie, als
sie sür die Bühne gültig sein mag.

Dem Leser erschcinen diese Bemerknngen als GemeinpläHe; den Leikern deuk-
scher Seudestcllen sind sie sast durchwcgs noch immer nichk eingegangen! Von
dcn Vorkrägen, die man wörklich ablesen läßk, wird kaum mehr erwarket,
als daß sie, wie selbstverständlich, inhalklich befriedigend sind; ob sie der Form
nach den Ansorderungen des Nundfunks genügen, jst ebcnso belanglos wie
die Frage nach dem Sprechkalenk des Redners, desseu geringste kheorekische
Fehler jeweils um cin Bekrächkliches störendcr wirken denn im Vorkragssaal.
„Sendespicle" biekek man allerorks, und man weist stolz daraus hin, daß mau
Goekhe, Schiller uud Hebbel, aber auch Wedekind, Brechk und Barlach zu
Funkaukoreu erhoben hak! Rkur schwer vermag man zu erkennen, daß man
mik deren Werken, ähnlich wie der Film in seinen ersten Iahren, was die
bcsondere Ausdruckssorm des Rundsunks bekrissk, selbst dann nur einen billigen
ErsaH biekck, wenn man ekliche Szeneu streichk und dasür kurze Überleikungen
einfügk, sich aber nichk enkschließk, soweik es das Werk an sich zuläßk, eino
gründliche ümformung und Auslösung in das nur-akustisch Wahrnehmbare
vorzunchmcu. Ernsthaskc Bemühungen, einen Funkstil zu erreichen, zeigen sich

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