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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 9 (Juniheft 1927)
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Happ, Alfred: Die Landschaftsbetrachtung im klassischen Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0168

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genug, sie sind die schöne Wirkung eines einmaligen deutschcn Ereignisses,
nämlrch der gemernsamen Anwesenhert so vieler großer Menschen wie Geisler,
und machen die noch heutc uns bewegende, nichk zusällige Verkraukheik dieser
vielen Namen erst verständlich. Denn nrchk eine jede Zeik kennk und erzeugk
Namen, und gerade wir befinden uns in einer der Niamen enkbehrenden —
vielleichk weil unsere Heimat im Begrisse ist, sich von Deutschland aus Europa
auszudehnen (oder in das dereinst von dem Prinzen Rohan wiedereroberke
Reich Karls des Großen einzugehen), derweil wir Zndividnen sreilich nichks
sind und nichks gelten, um von dem russischen Osten ganz zu schweigen. Aber
vergleichen wir nur die namenlosen Massen, die namenlosen Heroen des letzken
Krieges, welchen als ergreisendes Symbol das Grabmal des unbekannten Sol-
daken ausgerichLeL worden, mik den MiLstreiLcrn und Mitsiegern der dcuLschcn
Besreiung, wo neben den Generälen Scharnhorst, Bülow, Aorck, Blücher,
Gneisenau beinahe jeder brave Patriot, der sein Leben in die Schanze schlug,
wenn nichk im allgemeinen, so im engeren Ehren-Gedächknisse der NaLion fork-
lebk: und uns sind, ohne daß noch an die ähnlich namensmächtige Französische
RevoluLion von 1789 erinnerk werden müßke, die individualen Kräste jener
WelLepoche hinreichend erwiesen. Daß in einer solchen, den einzelnen Men-
schen erhebenden Welkstimmung der Raum miL einmal bedeukend wurde, in
den es ihn wie den sich leidenschasklich seiner selbst besinnenden Faust hinaus-
LreibL, — daß ferner, als die Sinne miL dem Geiste im Menschen nach langer
Besehdung in eine erste ruhigere Harmonie gekommen und das Schöne ansing,
aus dem Menschen ein Ganzes zu bilden, mit einmal das sreier ausgeschlagene
Ange die Natur wahrzunehmen nnd das Schöne auch in ihr zu erkennen ver-
mochte, —-daß endlich, nach Ossian und Rousseau, die so erlebke Landschask in
das gesamke deuksche SchrisLLum derZeik, in Briese, Reiseberichke, DichLungen
und sachwissenschafkliche Werke ausgenommen und dort in die späkere klassischc
Form gebrachkwurde, folgL eines aus dem andern, sreilich vou günstigen Gesiirnen
gelenkL, nnd wir wollen uns der Bekrachtung dieser Borgänge widmen.

Niemand wird, nahL er den Ansängen der deukschen Landschastsschilderung,
Salomon Geßners reizende Nükurszenen übersehen können, und ebenso sicher,
durch ihren riesigen Widerhall ausmerksam gemachk, aus Hallers „2llpen"
stoßen; diese Prosa, welche die schlanken HirLengestalten der AnakreonLik in
duftende Tannen-Haine und Wiesengründe verseHL, und diese Berse, die zum
ersten Mal, wenn auch noch blaß und karg, die schweizerische Gebirgswelk vors
Auge bringen, sind in der TaL schon Denkmäler von Erlebnissen, und darum
beseelt und seelenbewegend. Dazu nennen wir als einen der srühesten deukschen
Forschungsreisenden Peker Simon Pallas (um den schlichken und umständli-
chen Sibirienwanderer I. G- Gmelin außer acht zu lassen), der in den Dien-
sten der Kaiserin Kakharina Sibirien, und späker die Südprovinzen Nnßlands
bis zur Krim durchmessen und in seinen physikalisch-Lopographischcn Ge-
mälden das Bild der Welkgegenden, die er gesehen, mit scinen Konturen
nachgezeichnet und aufgebanL hat. Dennoch unkerscheidcn sich die drei, Geßner-
Haller-Pallas, in der Form wie in ihrer historischen SiLuaLi'on bemerkenswerL,
nnd aus solgcndem Grunde. Die Zdyllen Geßners sind cine reise, üppige
Fruchk, strass und durchaus cin Ganzes; sie geben sich ciner heikeren Bewundc-
rung und Anschauung des MannigsalLigen, des Kleinen nnd Nächsten hin,
 
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