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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 9 (Juniheft 1927)
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Halm, August: Trivialität und Meisterschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0178

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Spi'el isi, die uns ja bekannklich für SenkimenLalikäten dispoiii'erk. Das Wich-
kige daran scheink mir aber wiedernm, daß Schessler, verankworklich aus dem
Gebiek der bildenden Kunsi, sich diesen Genuß aus dem der Musik gönnk.

Jch sprach einmal mik einem Maler über Beekhoven und Bach und suchke ihm
Bachs Überlegenheik klarzumachen. Er sührke einiges von dem ins Feld, was
man überall damals zu hören bekam und was ich also hier nichk wiederzugeben
brauche; als charakkerisiisch sür den Maler-Skandpunkt erwähne ich nur, daß
die schöne Anwendung, oder überhaupk die Anwendung der Licseren Tonlage,
der dunklen Farben dabei erwähnk wurde. Fch sragke meinen Gegner, ob er all
das Vorgebrachke anch gelken ließe, oder ihm so viel Gewichk zumäße, wenn es,
sür die Malerei angewandk oder überseHL, zur Beurkeilung eines Malers die-
nen sollke? Da er die EhrlichkeiL besaß, das ohne weikeres zu verneinen, war
unser Gespräch hiemik beendek.

Ekwas sehr anderes als eine solche Empfänglichkeik für Triviales, oder als Tri-
vialikäk selbsi insolge eines Nachlassens der Ansprüche isi eine Erscheinung,
die ich eine Selbsienkblößung, oder auch ein Überrumpelkwerden dnrch die sonsi
verdrängken natürlichen Jnsiinkke nennen möchke. Da isi ein Aukor, von IÜakur,
wie sich versiehk, krivial gesinnk, überdies der Banalikäk zugeneigk, zugleich aber
von gebildekem und wachsamem Geschmack und hohem Skreben, also durchaus
gewillk, die Niederungen des Gewöhnlichen zu meiden, und sehr aus der Huk
vor den Versuchungen, die ihn sieks dorkhin locken. Ein solcher wird in man-
chen Fällen eine wirkliche Höhe von Kunsi erreichen können, in vielen Fällen
aber wird ihm nichk mehr gelingen, als seine ihm einwohnende üeeigung, sci
es guk, sei es weniger guk, zu kaschieren; nnd in einzelnen Fällen wird er sich
vergessen und sein Gesichk zeigen. Jch erwarke, anf vielen und zum Teil hefki-
gen Widerspruch zu sioßen, wenn ich Johannes Brahms als einen Verkreker
dieses Typus nenne; ich kue es auch mehr aus Liebe zur Ossenheik, da ich nun
einmal, und schon seik langem, so über diesen Meisier denke, und da ich auch
keine besser kypische Gesialk hiesür kenne. Aber auch wer mir hier nichk rechk
gibk, wird nichk besireiken, daß dieser Typus exisiierk. Jmmerhin will ich wenig-
siens, nm ein Beispiel für das Gesagke zu erwähnen, auf den Anfang des Lieds:
„Holder klingk der Bogelsang" hinweisen. Dagegen würde ich Karl Loewe,
den ob seiner vielen Trivialikäken ekwas mißachkeken, zum Teil beinahe ver-
rufenen Meisier der Balladen, diesem Typus gerade nicht zuzählen! Loewe,
gesunder und vollblükiger Musiker, verbirgk nichks von seiner Nakur, will nie
ekwas anderes scheinen als er isi, sagk nie mehr als gerade nötig isi (und lieber
noch ekwas weniger als er könnke); er hak sieks ein gukes Gewissen. Bei Brahms
isi mir, um auch das noch zu sagen, die von ihm so sehr geliebte rhykhmische
oder eher noch mekrische Dämmerung seiner Synkopen, harmonischen Berschie-
bungen, der Mischung von Duolen und Triolen, ekwas verdächkig; ich glaube
da kaksächlich ekwas von krankem Gewissen herauszuhören.

Wiedcrum anders scheink es mir mik Gusiav Mahler besiellk zn sein. Daß er
ungeheurer Trivialikäk, das heißk wirklicher Banalikäk fähig isi, gibk jeder zu,
und ani meisien er selbsi, denn cs kommk ihm gar nichk in den Sinn, hier ekwas
verbergen zu wollen. Dagegen vernchme ich aus solchen Skellen doch auch
wieder nichk die nakürlichc und ganz unabsichkliche Freude wie bei Locwe; es

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