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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 10 (Juliheft 1927)
DOI Artikel:
Heilbrunn, Ernst: Das Gedichtwerk Ernst Bertrams
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0269

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stark freien Rhykhmen ergeben. Nun, 'da es Lhm nichk nur auf Wiedergabe
einer myLhifchen Schau ankommk, sondern auf yrrefierllch-eLndrlngliche Ber-
kündung des GefchauLen, haL er sich wieder einem feften Versmaß gebeugk und
miL der zyklifchen Anlage des „sliornenbuches" die formalen Bedmgungen jeder
göLLlichen Gesetzesverkündung anerkannk, wenn diese auch nordifchen GeLftes Lft.
Der Reim dagegen Lft völlig aufgegeben, ftaLL dessen die AlliLeraLion (aber ohne
die Wagnerfche ManLer) aufgeboLen. SLe wird sehr kunftvoll verwandL und
ausgebauL zu einer symmeLrifchen WLederholung ganzer WorLe. DLes hak
mchk die WLrkung von WohllauL, vielmehr von ELndringlLchkeiL eines Spruch-
arLlg-PrimLLiven. Der GLpfel an kunftvollem Können dieser ArL wird erreichk
Ln folgenden Versen:

Trauriges vtel

UnLer den Menfchen sah Lch.

TraurLger nichks,

Als wcnn heimlos im WLnd
FlaLkerL dem hohen
ELnsamen auf-

SLngenden Künder des Volks
Das eisfarbene Haar.

LLeblLches viel

UnLer den Mcnfchen sah Lch.

LLeblLcher nichks,

Als wenn Lm LichLhaar all
Zaghaft dem hohen
ELnsamen HaupL
Kränzen die KLnder des Volks
Das eisfarbene Haar.

Diese SymmekrLc der Work- und SatzwLederholung folgk anderen Gesetzcn und
haL eine andere WLrkung als die SymmekrLe der Assonanz und der feften Skro-
phenbmdung. Gerade in dieser letzken BezLehung liebk Bertram das Asymme-
Lrifche; er hak cme besondere Nrigung zur Steigerung der Berszahl der letztcn
Strophe, wodurch eine aufgipfelnde Wirkung enkfteht. Die HerbheiL erhälk
im übrigen Ausdruck vermöge eines häufig aufkrekendcn durchgehenden männli-
chen Versausganges, wodurch alles Schmelzende vermieden wird, wie auch
durch di'e enksprechende Abneigung gegen „weibliche" Versmaße, d. h. solche,
die mehrere Senkungen zwifchen den Hebungen haben. Jm „Nornenbuch"
verkürzt sich überhaupk die Verslänge und die WLrkung Lft fteigende Spröde.
Was di'e Sprache Lm allgemeinen angehk, so Lft sie bezeichnek dnrch eine ftarkc
WortkrafL, di'e aber gerade wegen Lhrer Stärke besonders Ln den miLLleren
Bänden Ln die Gefahr kommk, mosaikarLig verselbftändigt zu werdcn, so daß
sie der Verskraft Abbruch LuL. Ausdruck dieser wuchernden WorLkrafL sind
häufige gcwalksame WorLLürmungen und -verbindungen. Späker werden diese
Häufungen abgekragen und eine Äorliebe für das kurze (oft einsilbige), karge
Work kommt auf. Im übrigcn findek das Ahndungsvolle sciner Sprache Aus-
druck Ln einer ausgesprochencn BilderlosigkeLt (nicht SymbollosigkeiL!) und
einem äußerft freien Schalten mit der Syntap.
 
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