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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

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Heft 11 (Augustheft 1927)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0354

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Aus dem ersten Tag ward der zweike, noch mehr, erner hinker dem andern.
Der junge Bauer wurde ein Siebensinniger, der Haus und Hof schlechk be-
sorgke und schon frühmorgens über die Felder lief, das Roggenweib zu suchen.
Das warkeke Lagsüber unLer den gelben Ahren auf ihn, wußLe ihm Lausender-
lei von Lerche, Fink und Rebhuhn zu erzählen und konnLe aLemlos um cinen
Käfer weinen, den ihr Liebsier zerLraL. Dessen Herz aber begann sich miL dem
reifenden Sommer eins zu fühlen. Jhm wurde sedes Leben eine HeiligkeiL, die
ihn voll Glück füllLe, jede SLunde, die die Frau um ihn war, eine unbekannLe
Beseligung.

Die ZeiL ging, immer inniger ward er ihr zugcLan, fragLe nichL nach deni
Wohin und Woher. Er wußLe nichL, daß der Sommer sie aus einer Arm-
seele geboren haLLe und daß sich ihr jeder Tag wie ein Jahr rundeLe. Nein,
alles Leid und alle Lust im Feld schien ihr Eigen, nichLs blieb der Frau ver-
borgen. Sie Lränkte die verlorenen Vögel und gab dem jungen Hasen von
ihrer Brnsi. Sie kleideLe ihres Liebsien FußLapfen miL Kornraden aus und
hüllLe sein Herz ein, daß es den Tag vergaß und nichLs als Liebe und EinheiL
miL dem braungoldenen Sommer kannLe.

Eines Tages aber, als sie wieder übers Tal in die wogenden Felder schauLen,
sahen sie, wie unLen am Fluß ein Schnikker aufsiand, und wie die Ähren zu
fallen begannen. Langsam, ganz langsam sank das Fcld vom Rand her unLer
seiner unsichkbaren Sense.

Die Roggenmuhme war ekwas bleicher als sonsi, sie sagie nichks, blickke nur
siarr in das sinkende gelbe Feld. Der Bauer aber wurde ein anderer. Jhm
schien, er häLLe seine ZeiL verkräumL. Er dachke miL Schreck an kommen-
den Frosi und Hunger und dachie seiner Liebsien, für die er den Herbsi rüsien
mußLe. Denn ihm war's nichL anders, als daß sie zu ihm ziehen und bald einen
BrauLkranz Lragen müßie.

Während er sich's noch überlegke, kam auch schon der Eifer über seine Liebe.
Er rechneke und prüfLe im geheimen, wieviel BroL und Holz er nöLig haLLe,
besah die reifen Felder und war leidlich zufrieden, wenn er der kommenden
ZeiL gedachLe.

Die Roggenmuhme aber lag miL dem Kopf an seiner SchulLer und sah dem
SchniLLer zu.

„Warum LuL er das?" fragke sie.

„Um BroL zu haben für den WinLer."

„Was ifi das, WmLer?"

Da lachLe der Mann über die närrische Frage und erzählLe ihr Trauriges, warum
nämlich die Sonne jedenTag kürzer schien,und Lustiges,warum dieGlocken miLun-
Ler so bräuLlich herüberhallLen. Das Kornweib mußLe dazu weinen; sie wußLe
nichk rechL warum, aber sie haLLe den andern nur um so herzlicher lieb.

2lm nächsien Tag schliff der Mann seine Sense und begann sein Feld niedcr-
zulegen. Das war eine harke ArbeiL, um so mehr, als er allein blieb und die
Roggenfrau nur einmal flüchLig an ihm vorbeihuschke.

Todmüde war er am Abend. Aber er dachke daran, daß er Brot für den
Winter haben müßte, und freuke sich, für zwei sorgen zu können.

So ging er am nächsien Tage wieder früh aufs Feld, sah die Liebsie einmal und
mähke den Roggen bis in den Abend. Auch den dri'Lten Tag in der Frühe
 
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